Eigentlich ist Djurgarden der Vergnügungspark von Stockholm, gleichzeitig Museumsinsel mit fast zehn Ausstellungsorten und Teil des Königlichen Nationalstadtparks. Die Schweden radeln gern auf die bewaldete Insel, um von der relativen Hektik der schwedischen Hauptstadt abzuschalten. Die Touristen kommen gern mit der Fähre von der Altstadt rüber, um sich das Freiluftmuseum Skansen anzusehen, die Achterbahn zu testen – und der Band Abba nahe zu sein.

Der Vergnügungspark Gröna Lund auf der Insel Djurgarden in Stockholm
Der Vergnügungspark Gröna Lund auf der Insel Djurgarden in Stockholm
Getty Images / Remus Kotsell

Ich gestehe, ich war eigentlich kein Fan des Pop-Quartetts. Lange habe ich seine Lieder als zu kitschig, zu gestrig, zu klebrig abgetan. Vielleicht hat mich die Pandemie milde gestimmt, haben mir diese zuckersüßen Lieder plötzlich Halt in einer dunklen Zeit gegeben. Jedenfalls verstehe ich nun, warum Menschen sich diesen Melodien für Millionen hingeben. Sie geben Trost, schaffen Vertrautheit und spenden Sicherheit.

Gute Geschicklichkeit brauche ich, wenn ich mich auf dem Fahrradweg der Insel nähere, vorbei an der Promenade mit den prächtigen Jugendstilgebäuden – so viele selbstsichere Biker sind auf den Radspuren unterwegs. Es geht über die Brücke, am Nordischen Museum vorbei, das manche Youtuber wegen seiner imposanten Architektur und dem weithin sichtbaren Turm schon für das königliche Schloss gehalten haben, und zum ersten Rastplatz: einem Kastanienbaum, der neben einer Reiterstatue steht.

Das Nordische Museum in Stockholm

Wie vieles in Stockholm ist es nicht einfach ein Laubbaumt. Er ist ein Motiv. Fans erkennen die Kastanie sofort wieder als Bild vom Abba-Album "Greatest Hits", erschienen 1975. Auf der anderen Straßenseite befindet sich eine Parkbank, auf der sich die Musikerpaare von Abba (Agnetha/Benny und Björn/Anni-Fried) für dasselbe Album ablichten lichten.

Eine Fahrt durchs grüne Djurgarden, das etwa halb so groß wie der Wiener Prater ist, lohnt natürlich auch ohne Band-Anekdoten. Im ehemaligen Jagdrevier des Königs hat mittlerweile eine nachhaltig geführte Gärtnerei samt Restaurant eröffnet. Im Frühling kaufen sich die Stockholmer in der angeschlossenen Bäckerei frische Backwaren und verspeisen sie unter blühenden Kirschbäumen.

Ein Mann geht vor dem Abba-Schriftzug vorbei.
Das Abba-Museum in Stockholm gibt es auch schon seit zehn Jahren.
REUTERS

Nur ganz ohne Abba geht es nicht. Und deshalb wartet unten am Wasser die größte Pilgerstätte von allen: das Abba-Museum. Das Haus feiert sein zehnjähriges Bestehen, mehr als zweieinhalb Millionen Besucher haben bisher der Gruppe gehuldigt, zu "Dancing Queen" Karaoke gesungen und die goldenen Clogs von Sängerin Agnetha Fältskrog bestaunt. Ich staune und schweige. Wahrlich eine Oase des guten Geschmacks. (Ulf Lippitz, 18.9.2023)