Die Vorstellung des iPhone 15 liegt hinter uns, in einer Woche sollen die neuen Apple-Handys im Handel erhältlich sein. Bei der Präsentation wurden allerlei neue Features beworben, und viele davon hat das Unternehmen als eigene Innovation dargestellt. Doch wer genauer hinsieht, wird feststellen, dass so manche Neuerung gar nicht so neu und in der Android-Welt schon bekannt ist.

Und dann gibt es wiederum Funktionen des iOS-Smartphones, die am Dienstagabend unerwähnt blieben, aber durchaus Aufmerksamkeit verdienen. Eine Übersicht.

Video: Das ist das neue iPhone 15 mit USB-C-Anschluss.
AFP

Der Elefant im Raum: USB-C

Das iPhone 15 ist das erste seiner Art, das auf USB Typ C setzt. Bei der Keynote begründete man den Schritt mit dessen weiter Verbreitung und pries gleichzeitig USB-3.0-Support bei den Pro-Modellen als fortschrittliches Feature an. Im Umkehrschluss heißt das freilich, dass das Basismodell, das immerhin auch 1.000 Euro kostet, mit USB-2.0-Übertragungsgeschwindigkeiten operiert. Die finale Revision des USB-2.0-Standards wurde übrigens 2001 veröffentlicht.

Das Oneplus-2-Smartphone.
Oneplus 2: Das erste international verkaufte Smartphone mit USB-C-Anschluss.
DER STANDARD/Proschofsky

Unter den Tisch fiel freilich, dass die weite Verbreitung kein neues Phänomen, sondern in der Android-Welt längst gang und gäbe ist. Die ersten Smartphones, die den reversiblen USB-Anschluss mitbrachten, waren 2015 das Le 1 und Le Max 1 von Le Eco (vormals Le TV), die aber offiziell nur in China verfügbar waren. Das erste Handy mit internationaler Verbreitung und USB-C war das Oneplus 2, das im gleichen Jahr erschien. Die Umstellung bei Apple hatte freilich mit Vorgaben der EU zu tun, gegen die sich der Konzern zuvor mit Händen und Füßen gewehrt hatte. Böse Zungen munkeln, man habe damit die Umsätze mit eigenem Lightning-Equipment und Zertifizierungen für Dritthersteller schützen wollen.

Immerhin: Das Gerücht, dass man für den Abruf der maximalen Ladeleistung ein eigens von Apple zertifiziertes USB-C-Kabel bräuchte, hat sich nicht bewahrheitet. Zwar wird auch der Konzern selbst Kabel anbieten, die eher am oberen Ende der Preisskala zu finden sind, zwingende Voraussetzung sind sie aber nicht. Die neuen iPhones sind ohnehin auf maximal 20 Watt Ladeleistung beschränkt.

Das Huawei P30 Pro-Smartphone.
Mit Periskopkamera und 5x-Zoom, aber schon 2019 am Markt: das Huawei P30 Pro.
DER STANDARD/Pichler

Periskopkamera

Mit fünffachem Zoom erreicht das iPhone 15 Pro Max eine optische Vergrößerung bei Kameraaufnahmen, die zuvor noch kein Apple-Handy mitbrachte. Möglich macht das ein Linsenaufbau in Periskopanordnung. Auch das kennt man bei Android-Phones allerdings schon. Das erste Modell, das dieses Feature implementierte, war Huaweis P30 Pro, das 2019 erschienen ist.

Auch in Sachen optischer Zoom wird das iPhone-Spitzenmodell bereits überboten. Samsungs Galaxy S23 Ultra beherrscht zehnfache Vergrößerung.

Titanrahmen

Für mehr Robustheit, leichteres Gewicht und als weiteres Unterscheidungsmerkmal zwischen den Basis- und Pro-Modellen greift Apple nun auf Titan zurück. iPhone Pro und Pro Max 15 bieten einen Rahmen aus Titan, einem Metall, das sonst als Bestandteil von Legierungen in der Luft- und Raumfahrt sehr beliebt ist.

Die Verwendung ist allerdings auch bei Smartphones kein Novum, allerdings dürften Apples Geräte derzeit die einzigen aktuellen Modelle sein, die damit ausgestattet sind. Der Pionier ist aber eigentlich das Essential Phone aus 2017, das – erraten – mit Android lief. Die vom einstigen Google-Manager Andy Rubin gegründete Firma Essential stellte 2020 allerdings den Betrieb ein, die Marke und ein Teil ihres geistigen Eigentums gehören heute Nothing Tech.

Das HTC Evo 3D-Smartphone.
Nahm schon 2011 Videos in 3D auf: das HTC Evo 3D.
HTC

3D-Videos

Das iPhone 15 Pro wird auch Videos mit 3D-Effekt aufnehmen können. Das von Apple "Spatial Video" genannte Feature ist allerdings zum Marktstart der Handys noch nicht verfügbar und wird gegen Jahresende nachgerüstet. Dass sich Apple wünscht, dass man derart aufgenommene Clips in Hinkunft mit der 2024 erscheinenden Mixed-Reality-Brille Vision Pro ansieht, dürfte kein Geheimnis sein.

Auch wenn Spatial Videos technisch wohl deutlich ausgereifter sein werden, gab es stereoskopisch aufgezeichnetes Bewegtbild bereits auf mindestens einem Android-Handy. 2011 stellte HTC das Modell Evo 3D vor, das mithilfe zweier Kameras ebensolche Aufnahmen ermöglichte. Diese konnte man dann am ebenfalls 3D-fähigen Display ganz ohne zusätzliche Brille auch ansehen. Durchsetzen vermochte sich das Feature ebenso wenig wie 3D-Displays auf Fernsehern. Aber vielleicht ist Apple in dieser Hinsicht ja mehr Erfolg beschieden.

Qi 2

Tatsächlich neu, aber bei der Vorstellung untergegangen, ist, dass die neuen iPhones als erste Smartphones den Ladestandard Qi 2 unterstützen. Dieser bringt auch eine Standardisierung für einen magnetischen Konnektor mit, also das, was Apple bislang mittels Magsafe umsetzte. Kein Wunder, denn Apple selbst arbeitete an der Entwicklung von Qi 2 fleißig mit.

Nicht geklärt ist allerdings, was das für die Ladeleistung bedeutet. Apple bewirbt Qi 2 in seiner Presseaussendung, und theoretisch sollte jedes Gerät, das den Standard unterstützt, mit 15 Watt drahtlos aufgeladen werden können. Gleichzeitig steht aber bei den offiziellen Spezifikationsangaben des iPhone 15, dass das Aufladen per Magsafe mit bis zu 15 und per Qi mit bis zu 7,5 Watt möglich ist.

Das iPhone 15 unterstützt als erstes Smartphone Qi 2 und Thread.
REUTERS/LOREN ELLIOTT

Da es am Markt noch keine Qi-2-Charger gibt, lässt sich auch nicht testen, welche Ladeleistung damit nun tatsächlich unterstützt wird. Hoffnung macht aber eine Angabe des Zubehörproduzenten Belkin, der an entsprechenden Geräten arbeitet. Dort erklärte man gegenüber "The Verge", dass man davon ausgeht, dass iPhones mit Magsafe via Qi 2 mit 15 Watt geladen werden können.

Thread

Ebenfalls Pioniere sind die neuen iPhones, wenn es um die Unterstützung eines neuen Smart-Home-Features geht. Konkret das Open-Source-Protokoll Thread, ein zentrales Element des Matter-Standards. Gedacht ist es für die Kommunikation unter Geräten und Sensoren mit niedrigem Stromverbrauch.

Noch nicht ganz klar ist, wofür Threads auf den iPhones konkret dienen soll. "The Verge" spekuliert, dass Apple das Protokoll einerseits zur Verständigung zwischen Apple-Home-Geräten einsetzen und das Smartphone selbst zum "Border Router" machen könnte, welches der smarten Heimausstattung die Verbindung ins WLAN und Anbindung ans Internet erlaubt.

Ein entsprechendes Feature für Android ist seitens von Google jedenfalls in Arbeit. Die im Oktober erscheinenden Pixel-8-Handys sollen dem Vernehmen nach ebenfalls ein Thread-Funkmodul mitbringen.

Der SIM-Slot bleibt – vorerst

Im Vorfeld der Präsentation wurde gemunkelt, dass Apple mit seinem neuesten Smartphone dem klassischen SIM-Einschub den Garaus machen könnte. Doch dem dürfte zumindest vorerst die noch fehlende Unterstützung virtueller SIMs seitens vieler Telekomanbieter im Weg stehen. In den USA wird es zwar die E-SIM-only-Variante geben, in allen anderen Märkten kann man aber auch weiterhin kleine Chipkarten ins iPhone 15 stecken. (gpi, 14.9.2023)