Im Gastblog schreibt Harald Havas über neue Entwicklungen rund um das Ufo-Phänomen.

Am Donnerstag, dem 14. September präsentierte das UAP-Panel der Nasa endlich seinen langerwarteten Zwischenbericht über "unidentified anomalous phenomenons" (UAPs). Darin geht es um Vorschläge, wie die Nasa in Zukunft der US-Regierung bei der Erforschung der UAPs behilflich sein kann. Die Präsentation dieses Zwischenberichts brachte dabei nicht viel Neues: Man sei aufgeschlossen, man sei in enger Kooperation mit anderen US-Behörden, vor allem AARO, man plane Daten – teilweise auch mit KI – zu durchforsten, um Ungewöhnliches zu finden usw.

Ein wenig aufhorchen ließen dabei jedoch folgende Details: Es wird ein neuer Posten, nämlich der eines permanenten Nasa-Direktors für UAP-Forschung geschaffen, und man plane in Zukunft auch mit Piloten und der Öffentlichkeit zusammenzuarbeiten, möglichweise in Form einer App, mit der jeder jederzeit Beobachtungen melden und hochladen könne. Trotz der Beteuerung der Aufgeschlossenheit unter anderem von Nasa-Chef Bill Nelson konnte man bei der Beantwortung vieler der von Journalisten live gestellten Fragen dennoch ein nach wie vor herrschendes leichtes Unbehagen in Bezug auf das Thema und offenbar auch keine tiefere Sachkenntnis über aktuelle Ereignisse beobachten.

Bill Nelson an Rednerpult
Bill Nelson bei der Pressekonferenz der Nasa zum Thema UAP am 14. September.
AFP/ANDREW CABALLERO-REYNOLDS

Unfreiwillig komisch war das mehrfache Beteuern der kompletten Offenheit und Transparenz der Nasa – während man den Namen des neuen Direktors, der neuen Direktorin aber vorerst geheim hielt, nur um ihn nach öffentlichem Druck bereits kurz nach der Pressekonferenz doch noch herauszurücken. Wie schon zuvor wurde weiters betont, dass man bisher keinen Beweis für einen außerirdischen Ursprung von UAPs gefunden habe, und stellte erst auf Nachfrage klar, dass man das aber nicht ausschließe. Auch im Bericht steht, dass diese Option durchaus denkbar sei, man habe eben nur keinen Beweis. Insgesamt also alles eher schaumgebremst, aber in der Gesamtwirkung noch vor kurzem völlig undenkbar. Bis vor wenigen Jahren hatte sich die Nasa immer wieder öffentlich strikt und vehement geweigert, sich mit dem Thema überhaupt zu befassen.

Ufo-Hearing im mexikanischen Parlament

Am Dienstag, den 12. September, fand im mexikanischen Parlament ein Hearing zu verschiedenen Fragen rund um UAPs mit einem starken Fokus auf Luftsicherheit statt. In nicht weniger als dreieinhalb Stunden präsentierten verschiedene internationale Experten in kurzen Vorträgen ihre durchgehend ernsthaften Informationen und Anliegen. Bevor völlig überraschend gegen Ende zwei Kisten mit angeblichen Alien-Leichen abgedeckt wurden. Aber der Reihe nach.

Im Gegensatz zum Hearing, das kürzlich vor dem US-Kongress stattfand, war dieses keine offizielle parlamentarische Untersuchung, aber immer noch offiziell genug: Auf Einladung des mexikanischen Kongresses sprachen geladene Experten in kurzen Präsentationen zu verschiedenen Aspekten des Phänomens vor Parlamentariern und Wissenschaftern. Davor leisteten sie einen freiwilligen Eid. Es gab auch eine legislative Absicht, nämlich die Frage, ob es für Mexiko notwendig wäre, neue Gesetze über die Datensammlung und Datenfreigabe in diesem Bereich zu erlassen.

Organisiert wurde das Hearing von Jaime Maussan, einem der prominentesten, aber nicht unumstrittenen Ufologen Lateinamerikas. Die Veranstaltung wurde allerdings vom Spektakel am Schluss überschattet. Darum hier eine kurze Übersicht. Wer mag, kann sich das ganze Hearing selbst ansehen. Es gibt auch eine Version mit englischen Untertiteln.

Mann steht neben einer angeblichen Alien-Leiche
Das Hearing im mexikanischen Parlament rund um UAPs wurde von einer Präsentation angeblicher Alien-Leichen überschattet.
IMAGO/Luis Barron / Eyepix Group

Die Vortragenden

Zuerst begrüßte der Abgeordnete Sergio Carlos Luna vonseiten des mexikanischen Parlaments das Publikum. Jaime Maussan hielt sodann ein leidenschaftliches Plädoyer, dass es endlich an der Zeit wäre, offen mit dem Thema UAPs umzugehen, und zeigte ein Ufo-Video des mexikanischen Militärs.

Als Nächstes wurde der Harvard-Professor Avi Loeb zugeschaltet, der über seine Funde eines interstellaren Objekts im Südpazifik, siehe letzter Blog, und über seine Bemühungen, mit dem Galileo-Projekt aktiv weltweit nach unbekannten Phänomenen in unserem Luftraum zu suchen, berichtete. Ihm folgte Mariano Tello, der Leiter des mexikanischen "Nationalinstituts für Transparenz, Zugang zu Informationen und Schutz personenbezogener Daten" (INAI), der davon erzählte, dass sein Institut Fragen zu Vorfällen rund um UAPs geflissentlich nachgehe und schon über 90 Ergebnisse präsentiert habe. Er betonte, dass er Transparenz und Offenlegung auch in diesem Bereich für ein Bürgerrecht halte.

Der schon vom US-Hearing bekannte ehemalige Navy-Pilot Ryan Graves wiederholte seine bekannten Beobachtungen und Forderungen. Der ehemalige US-Air-Force-Offizier Robert Salas berichtete von den von ihm erlebten Abschaltungen der Startfunktionen amerikanischer Atomwaffenanlagen durch Ufos vor über 50 Jahren. Der Zivilpilot Kapitän Julio Darwish, Gründer der Asociación de Observadores de Fenómenos Anómalos no Identificados de Pilotos Aviadores y Controladores Aéreos de México, erzählte von vielen Sichtungen von ihm selbst und seinen Kollegen und der Schwierigkeit, sie irgendwo zu melden. Insbesondere betonte er, dass ausgebildete Piloten genauestens darauf trainiert seien, Dinge im Himmel zu erkennen. Wenn solche Personen also etwas sähen, dass anomal sei, dann sei es anomal.

All das bekräftigte auch der mexikanische Fluglotse Enrique Jaime Kolbeck Vergara, der betonte, dass gerade Fluglotsen ständig mit Sichtungen auf ihren Bildschirmen und Meldungen von Piloten konfrontiert seien. Er zeigte ebenfalls ein Video.
Andrea Perez Simondini, die Leiterin der größten argentinischen Ufo-Organisation, bestätigte, dass genau all das auch für ihr Land zutreffe, und forderte internationale Zusammenarbeit. Ihr folgte der japanische Parlamentsabgeordnete Yoshiharu Asakawa, der von seinen Schwierigkeiten berichtete, das Thema im japanischen Parlament behandeln zu lassen. Rony Vernet, Ufo-Forscher aus Brasilien und Mitorganisator der Ufo-Anhörung vor dem brasilianischen Parlament vor einem Jahr, gab einen kurzen Überblick über die dort gehaltenen Vorträge und rief ebenfalls zu internationaler Zusammenarbeit auf. Der Franzose Michael Vaillant, 15 Jahre lang Mitglied von Geipan, der französischen Regierungsorganisation, die als Teil der französischen Weltraumbehörde seit Jahrzehnten Ufo-Vorfälle dokumentiert, hob das Team auf das nächste Level: In Frankreich sei es zwar schon lange geübte Praxis, Ufo-Vorfälle zu dokumentieren und auch offen darüber zu berichten, aber es gebe einen Mangel an Forschung. Er rief zu einem interdisziplinären Zugang auf und forderte die Gründung eines neuen Wissenschaftszweigs, der sich explizit mit bisher ungeklärten Phänomenen aus verschiedenen Blickwinkeln auseinandersetzen solle.

Die angeblichen Leichen

Auf ein Zeichen von Jaime Maussan wurden sodann die Deckel zweier auf der Bühne befindlicher Kisten angehoben und unter Glas, in einer temperierten Umgebung, befindliche, an seltsame Steinfiguren erinnernde Körper gezeigt. Der nicht ganz unumstrittene peruanische Journalist Jois Mantilla sowie zwei untadelige Wissenschafter, José de Jesús Zalce Benítec, mexikanischer Militärarzt, Forensiker, Direktor des Marine-Instituts für Gesundheit, sowie Ricardo Rangel Martinez, ein bekannter mexikanischer Biologe, erklärten, nachdem sich der Tumult im Saal gelegt hatte, was nun eigentlich zu sehen sei.

Die wesentlichen Punkte des Berichts von Jois Mantilla waren folgende:

Der Journalist erwähnte noch einige andere Details, aber im Wesentlichen übergab er dann die genauere Berichterstattung an die beiden Forscher.

José Zalce zeigte als Nächster in einer Powerpoint-Präsentation all diese Ergebnisse und berichtete zahllose Details, die ich hier gar nicht alle wiedergeben kann und will. Wer mag, hier der direkte Link zu seiner Präsentation und der seines Kollegen, übersetzt auf Deutsch.
Ein Überblick: Die Körper sind intakt, eine Einheit und stellen laut Zalce zweifellos einen kompletten und nicht zusammengesetzten Körper dar, inklusive zu erwartender Abnutzungserscheinungen; die angeblichen Leichen sind rund 60 Zentimeter groß, besitzen rudimentäre Ohren und Nasen, ausgesprochen große Augenhöhlen, aber keine Zähne oder Kiefer, woraus er schließt, ihre Ernährung müsse flüssig gewesen sein; ihre übergroßen Köpfe sitzen im Gegensatz zu Menschen mittig auf der Wirbelsäule; sie haben Knochen, aber andere als wir, eher vogelartig; weiters haben sie Rippenbögen, aber geschlossene, das heißt im Brustkorb rundum verlaufende; sie haben Finger und Zehen, aber jeweils nur drei, die Anzahl der Gelenke (fünf) legen nahe, dass sie beim Greifen Gegenstände umschlossen haben; die angeblichen Leichen weisen auch Fingerabdrücke auf, aber im Gegensatz zu den uns bekannten in parallelen horizontalen Linien. Dazu noch viele weitere anatomische Details.

Eine besondere Sensation stellen natürlich die Eier dar. In mindestens einer der angeblichen Leichen seien nämlich Eier im Bauchraum gefunden worden, die nach genauen MRI-Scans Embryos enthalten würden, die nicht so aussehen würden wie menschliche Embryos. Dazu noch weitere, nicht entwickelte Eier in Eileitern. Die Scans davon wurden per Video präsentiert. Hier ein Link nur zum Powerpoint-Video. Eine andere Seltsamkeit sind metallische Implantate im Brustbereich der angeblichen Leichen, die aus einer seltenen Legierung von Kupfer mit Osmium und Kadmium bestehen, die es in dieser Form vor 1000 Jahren eigentlich noch nicht gegeben haben sollte.

Nun zu der Sache mit der DNA, die leider ein wenig unübersichtlich präsentiert wurde. Zuerst berichtete Zalce, dass von einer der lesbaren Proben 30 Prozent des genetischen Materials unbekannt sei. Das ist der Punkt, auf den sich viele Berichterstatter gestürzt haben. Der Doktor führte nämlich weiter aus, dass wir uns von Primaten nur in fünf Prozent der DNA unterscheiden würden und von Bakterien in 15 Prozent. 30 Prozent würden daher laut Zalce eindeutig auf eine nichtmenschliche, ja vermutlich sogar nichtirdische Spezies hinweisen.
Sein Kollege Ricardo Rangel ging dann noch einen Schritt weiter. Er berichtete von zwei weiteren Proben, die unterschiedliche Grade an nicht bekannter DNA aufwiesen, eine sogar 63 Prozent. Die identifizierbare, bekannte Rest-DNA aus der von Dr. Zalce beschriebenen Probe stamme dabei von Menschen, Bakterien und Viren, während es in den anderen zwei Proben überhaupt keine menschliche oder auch nur Säugetier-DNA gegeben habe. Rangel schloss daher daraus, dass es sich bei der jeweils identifizierbaren und bekannten DNA durchgehend um Verunreinigungen der Proben handeln würde. So gesehen handelte es sich also eher um 100 Prozent fremde DNA.

Alle drei Vortragenden betonten, dass die gesamten Forschungsergebnisse jederzeit für jede interessierten Person online abrufbar seien, sie luden Mediziner und andere Forscher auf der ganzen Welt ein, sich diese Daten genau anzusehen und ihre eigenen Schlüsse zu ziehen oder auch nach Peru zu reisen, um die angeblichen Leichen selbst zu untersuchen. Die Links zu den Forschungsergebnissen waren eingeblendet. Hier die Links:

Die Bewertung?

Große Teile der ganzen Sache sind eindeutig extrem suspekt und unseriös. Maussan hat schon einmal eine Mumie als außerirdisch präsentiert, was später durch genauere Untersuchungen widerlegt wurden. Seine Tendenz zu Sensationalismus ist bekannt, betrügerische Absicht wurde ihm bislang aber nicht nachgewiesen. Die Teilnehmer der Konferenz wurden nicht über dieses Spektakel informiert und haben sich inzwischen teilweise davon distanziert. Die Uni, welche die C14-Datierung lieferte, verfasste danach eine Stellungnahme, dass sie nie etwas über die potenzielle Herkunft gesagt habe, bestätigte aber ihre Datierung. Die anderen beteiligten Institutionen haben sich bis dato nicht geäußert.

Die Präsentation war auch eindeutig auf einen maximalen Showeffekt ausgelegt. Jaime Maussan und Jois Mantilla hatten das ganze offenbar von langer Hand vorbereitet und möglicherweise sogar das mexikanische Parlament im Unklaren über ihr Vorhaben gelassen. Keine Frage, Seriosität sieht anders aus. Viele Beobachter und Vertreter seriöser UAP-Forschung sahen die ganze Aktion als einen bedauerlichen Rückschritt an.

Wieso dann, wenn auch mit Bauchweh, hier dennoch so ausführlich darüber berichten? Nun, der Nachweis von Fälschung oder nicht ist in diesem Fall, im Gegensatz zu verwaschenen Videoaufnahmen, dunklen Fotografien und Zeugenaussagen, relativ einfach zu erbringen. Forschende auf der ganzen Welt sollen sich einfach die Open-Source-Daten ansehen, den Behauptungen nachgehen und dann über die Ergebnisse berichten. Wenn es sich um Fakes handelt, sollte das in kürzester Zeit erledigt sein.

Wie gesagt, die Umstände sprechen durchaus für Betrug, aber es bleibt die Frage, wieso zwei angesehene Wissenschafter, einer der Leiter der Gesundheitsabteilung des mexikanischen Militärs, vor einem Ausschuss des mexikanischen Parlaments ihre Erkenntnisse unter (freiwilligem) Eid präsentieren und ihre Daten auch für jeden anderen offenlegen sollten.

Was noch fehlt, sind die Aussagen der anderen Unis sowie eine unabhängige Überprüfung. Ja, alles sehr unwahrscheinlich, aber die potenziellen Implikationen einer Verifizierung (wovon auch immer) scheinen diesen Schritt für mich zu rechtfertigen. Körper so detailreich zu fälschen ist schwer, aber es besteht ja auch die Möglichkeit, dass die Befunde gefälscht sind. Sprich, dass die Röntgenaufnahmen und die MR-Scans Photoshop und CGI sind. Aber dies ließe sich freilich sehr schnell nachweisen.

Und nun?

Nun, ich bin recht zuversichtlich, dass wir es bald wissen werden. Wenn alles eine Fälschung ist, so sei es. Wenn es allerdings keine ist, stellen sich sofort viele Fragen, über die man trefflich spekulieren kann. Und sollte die Nachprüfung der wissenschaftlichen Community ergeben, dass an der ganzen Sache doch irgendetwas dran ist, widme ich dem Thema gerne einen ganzen Blog. Inzwischen möchte ich aber davor warnen, jubelnd die Hände in die Luft zu werfen, weil es endlich einen Beweis für außerirdisches Leben gibt, aber auch davor, nach einem kurzen Blick auf ein paar Fotos und die Biografie eines Beteiligten alles achselzuckend ungeprüft vom Tisch zu wischen.

Vielleicht noch eine letzte Randbemerkung. Mir geht das eigentlich alles zu schnell. Ich war sehr zufrieden mit und interessiert an der langsam steigenden Aufmerksamkeit von Politik, Wissenschaft und Öffentlichkeit an unbekannten Flugphänomenen seit 2017. Das Thema wurde meiner Meinung nach davor viel zu lange nicht ausreichend beachtet. Die ernsthafte, schrittweise Auseinandersetzung damit, siehe Nasa, habe ich sehr begrüßt.

Dann kam David Grusch, und auf einmal sprechen wir (vor dem US-Kongress) von geborgenen Ufos, geborgenen Aliens und Verschwörungen von Teilen des amerikanischen Geheimdienstes und des amerikanischen Militärs. Und jetzt angebliche Alien-Leichen aus Peru. Mit Eiern. Das ist alles auch für mich schwer zu akzeptieren, und ich gebe zu, dass ich bei all dem durchaus skeptisch bin. Allerdings lasse ich mich durch meine Skepsis nicht davon abhalten, objektiv über faktisch nachprüfbare Dinge zu berichten. Etwa was Grusch sagt oder was die Mediziner in Mexiko sagen – also, genauer, was sie gesagt haben und dass sie es unter Eid vor einer öffentlichen Behörde gesagt haben, nicht, ob es wahr ist. Das ist die Mission dieser Blogserie und bleibt es weiterhin. (Harald Havas, 20.9.2023)

PS: Kurz vor Veröffentlichung dieses Blog-Artikels scheint ein neues Video des "Telegraph", das einen aktuellen weiteren Scan zeigt, die angebliche Integrität der Mumien zu untermauern. Was nichts an den Aussagen in diesem Text fundamental ändert. Wenn die Sache ein längeres Update rechtfertigt, wird demnächst eins folgen.