Unter großem Tamtam hat am Donnerstag in Budapest ein sogenannter "Demografiegipfel" begonnen. In den repräsentativen Räumlichkeiten des Museums für Schöne Künste am Heldenplatz empfingen Staatspräsidentin Katalin Novák und Ministerpräsident Viktor Orbán unter anderen die italienische Regierungschefin Giorgia Meloni, den bulgarischen Präsidenten Rumen Radew sowie Vertreter diverser illiberaler und homophober Regime aus Ländern wie Tansania, Türkei, Katar oder Bahrain. Der serbische Präsident Aleksandar Vučić, ein Bussi-Freund des Rechtspopulisten Orbán, will am Freitag dazustoßen – am Donnerstag musste er sich noch in Brüssel in einem EU-vermittelten "Normalisierungsdialog" mit dem kosovarischen Ministerpräsidenten Albin Kurti auseinandersetzen.

Novak, Meloni, Orban auf der Bühne.
Brüder und Schwestern im Geiste: Ungarns Präsidentin Katalin Novák, Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni und Viktor Orbán.
AFP/ATTILA KISBENEDEK

Die zweitägige Veranstaltung ist bereits die fünfte dieser Art. Die demografische Entwicklung in den Wohlstandsländern des Globalen Nordens ist ein Lieblingsthema der Rechtspopulisten und Klerikalen. Es ist einer ihrer bevorzugten Trigger für die Erzeugung von "moral panic" (politisch geschürter Angst): Wir haben zu wenig Kinder, die Nation stirbt aus.

Geburtenrate gesteigert

Orbáns Ungarn stellt sich selbst als Super-Modell für einen familienfreundlichen Staat dar. "Wir kämpfen heute den Freiheitskampf der Familien", tönte Novák in ihrer Eröffnungsrede. Tatsächlich hat sich die Geburtenziffer in Orbáns Regierungszeit von 1,26 im Jahr 2011 – gemessen an der Zahl der Kinder, die eine Frau im Laufe ihres Lebens bekommt – auf 1,52 im Vorjahr erhöht. Dabei hat die Orbán-Regierung Euro-Milliarden für Familienförderungen ausgegeben. Allerdings waren diese fast ausschließlich für Familien der Mittel- und Oberklassen erreichbar. Seriöse Forscher erlauben sich noch kein Urteil darüber, ob ein Zusammenhang zwischen dem selektiven Geldregen und dem Kindersegen besteht.

Der "Demografiegipfel" will sich zugleich einen wissenschaftlichen Anstrich geben. So werden Akademiker wie der kanadische Psychologe und Influencer Jordan Peterson aufgeboten. Letztlich sollen Veranstaltungen wie diese der Welt – und dem eigenen Publikum – demonstrieren, welch hohes internationales Ansehen der Autokrat Orbán genießen würde. Im demokratischen Westen und in der EU ist der Ungar wegen seiner korrupten Regierungsführung und prorussischen Wühlarbeit isoliert. Ein "Demografiegipfel" kann ihm aber auch dazu dienen, die weltweiten Vernetzungen mit gleichgesinnten Kräften und Personen aus dem rechts-konservativen und ultrarechten Spektrum zu stärken. (Gregor Mayer aus Budapest, 14.9.2023)