Die Spesenaffäre hält die FPÖ seit Jahren in Atem: Kurz nach Erscheinen des Ibiza-Videos im Mai 2019 wurden Vorwürfe laut, dass der langjährige Parteichef Heinz-Christian Strache sowie zahlreiche teils hochrangige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Spesen falsch abgerechnet und sich dadurch persönlich bereichert hätten. Die Causa war der Hauptgrund dafür, dass Strache Ende 2019 aus der Partei geschmissen wurde. Am Montag findet nun im Wiener Straflandesgericht der erste Prozess statt, der mit der Spesenaffäre in direktem Zusammenhang steht.

Heinz-Christian Strache soll auf Kosten der FPÖ fleißig eingekauft haben oder einkaufen lassen haben. Sein ehemaliger Chauffeur soll in der Causa falsch ausgesagt haben.
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Die Staatsanwaltschaft wirft Michael Niegl, einem ehemaligen Chauffeur Straches und späteren Wiener Landtagsabgeordneten (2015–2020) vor, im Rahmen dieser Ermittlungen falsch ausgesagt zu haben. Der Mann war zwischen 2011 und 2015 für Strache tätig und hat in dieser Zeit immer wieder Geld für seinen Chef ausgegeben. Laut Strafantrag sagte er vor den Kriminalisten sinngemäß aus, er sei zwar von Strache zu "Umwandlungen" von Rechnungen aufgefordert worden, habe sich jedoch geweigert, dies zu tun.

Im Rahmen solcher "Umwandlungen" sollen für Barauslagen für den Ex-Politiker, für die es keine Rechnungen gab, andere Rechnungen beschafft worden sein – und die sollen dann in die Buchhaltung der FPÖ-Landesgruppe Wien eingeflossen und die Auslagen sollen rückerstattet worden sein – in diesem Fall an den damaligen Chauffeur.

Verdächtige "Umwandlungen"

Laut einem Zwischenbericht des Bundeskriminalamts vom März hat der Angeklagte selbst den Ermittlern einen Ordner mit Kopien von Rechnungen und Abrechnungen vorgelegt, die er verrechnet und rückerstattet bekommen habe. In seinen eigenen Aufzeichnungen habe er den Vermerk "Rechnung eingebracht für Ausgaben ohne Rechnung" angebracht oder "Ausgaben ohne Rechnung abgerechnet mit …", habe also selbst "Umwandlungen" zugegeben.

Insgesamt 17 derart erfolgte Barausgaben samt "umgewandelten" Rechnungen, also Ersatzbelegen, werden in dem Bericht penibel aufgelistet, die vor allem von Bars und Restaurants stammen. Die habe der Angeklagte bei der zuständigen Mitarbeiterin abgegeben, "richtigerweise hätte er für seine Ausgaben, bei denen er keine Rechnung erhalten hat, einen Kassaausgangsbeleg schreiben müssen", heißt es im Bericht der Kriminalisten.

Aus Kalendern gehe zudem hervor, dass der Chauffeur am Tag der Ausstellung derartiger Ersatzrechnungen gar keinen Dienst gehabt habe, also gar nicht mit Strache unterwegs gewesen sei. Er hätte die Auslagen für Strache also gar nicht tätigen können, schreiben die Kriminalisten. Der Angeklagte gab an, von Strache, der kein Geld bei sich zu haben pflegte, zu den Barauslagen angewiesen worden zu sein. Der Prozess könnte schnell vorbei sein, er ist für eineinhalb Stunden angesetzt. Niegls Anwalt Meinhard Novak sagt zum STANDARD, sein Mandant habe sich "strafrechtlich nichts zuschulden kommen lassen".

FPÖ gegen Ex-FPÖ

In der Causa haben sich unter den Beschuldigten mittlerweile mehrere Fronten gebildet. Mehrfach einvernommen wurde beispielsweise der frühere Strache-Sicherheitsmann Oliver Ribarich, der selbst Beschuldigter ist und seinem Ex-Chef sowie der Partei in der Sache schwere Vorwürfe macht und seine Wahrnehmungen im STANDARD-Podcast "Inside Austria" geschildert hat. Strache selbst weist alle Vorwürfe von sich, er spricht von kriminellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich auf seine Kosten bereichert hätten. Außerdem gibt es die noch aktiven Spitzenpolitiker und Mitarbeiter der FPÖ Wien: Ermittelt wird unter anderem gegen Landesparteiobmann Dominik Nepp und den EU-Abgeordneten Harald Vilimsky. Sie bestreiten die Vorwürfe ebenso.

Niegl, der am Montag vor Gericht steht, dürfte letzterer Gruppe zuzuordnen sein: Er ist nach wie vor für die Landespartei tätig, und zwar als "Wohnbau-Ombudsmann". Für alle hier Genannten gilt die Unschuldsvermutung. (Renate Graber, Fabian Schmid, 18.9.2023)