Von der Leyen und Meloni in Lampedusa
EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen (links) folgte prompt einer Bitte von Italiens Ministerpräsidentin Meloni und reiste am Sonntag nach Lampedusa.
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Lampedusa – EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen ist am Sonntag mit der italienischen Premierministerin Giorgia Meloni und EU-Binnenkommissarin Ylva Johansson auf Lampedusa eingetroffen. Die drei Politikerinnen landeten auf dem Flughafen der italienischen Mittelmeerinsel und besuchten die für Migranten-Ankünfte vorgesehene Mole am Hafen der Insel. Begleitet wurden sie vom italienischen Innenminister Matteo Piantedosi.

"Irreguläre Migration ist eine europäische Herausforderung und wir müssen sie europäisch lösen", sagte von der Leyen bei einem gemeinsamen Auftritt mit Meloni auf Lampedusa. Dabei stellte von der Leyen einen Aktionsplan der EU in zehn Punkten zum Umgang mit Migranten vor. Demnach soll die EU-Grenzschutzbehörde Frontex Italien aktiver bei der Registrierung der Migranten unterstützen. Die EU will außerdem verstärkt Verhandlungen mit Herkunftsländern führen, um Migration zu verringern. Die Rückkehr von Migranten in ihre Herkunftsländer, wenn sie kein Recht auf Verbleib haben, soll erleichtert werden. Dazu soll auch die Gesetzgebung der EU-Länder harmonisiert werden.

Die EU will auch den Kampf gegen die Schlepperei mithilfe von Tunesien verschärfen und die Luftüberwachung im Mittelmeer stärken. Zudem soll Tunesiens Küstenwache zusätzliche Ausrüstung bekommen. Italien soll außerdem bei der Zerstörung der Migrantenboote unterstützt werden. Die EU will laut der Kommissionspräsidentin legale Einwanderungswege mit der Einrichtung humanitärer Korridore erleichtern. Die EU-Staaten und nicht die Menschenhändler müssten entscheiden, wer in die Union komme, sagte von der Leyen.

Meloni fordert europäische Mission

Derzeit nehmen besonders viele Menschen die Risiken der Überfahrt von Tunesien aus in Kauf, was nicht nur am guten Wetter liegt: Der im Juli zwischen der EU und Tunesien vereinbarte Migrationsdeal wird derzeit von Tunis nicht umgesetzt. Zudem gehen tunesische Behörden weiterhin rigoros gegen Geflüchtete vor. Meloni und von der Leyen forderten am Sonntag dennoch, das Migrationsabkommen schnell auf andere nordafrikanische Staaten zu übertragen. Alle EU-Staaten müssten dabei zusammenarbeiten, sagte Meloni. Die bloße Verteilung unter den EU-Ländern löse ihrer Ansicht nach das Problem nicht. Meloni forderte auch eine europäische Mission, um Migrantenboote auf dem Weg nach Europa zu stoppen.

Meloni, von der Leyen und Johansson besichtigten am Sonntag den sogenannten "Bootsfriedhof", wo Dutzende von Migrantenbooten versammelt sind.
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Meloni, von der Leyen und Johansson besichtigten auch den Ort, an dem Dutzende von Migrantenbooten versammelt sind. Der Ort wird als "Bootsfriedhof" genannt, da dort Dutzende von Booten aus Holz, oder Metall verstaut werden, bevor sie entsorgt werden können.

Proteste und Blockaden

Der hochrangige Besuch löste Proteste auf der Insel aus. Dutzende Anrainer blockierten dem Konvoi mit den Politikerinnen den Weg vom Flughafen zur Flüchtlingseinrichtung der Insel. Dabei kam es zu spannungsgeladenen Momenten. Die Demonstranten verlangten, mit Meloni zu sprechen. Die Premierministerin stieg aus ihrem Auto aus und versprach, dass sie alles Erdenkliche unternehmen werde, um die von der Migrationswelle schwer belastete Insel zu unterstützen. Daraufhin entschlossen sich die Demonstranten, die Straße zu räumen.

Protest in Lampedusa gegen Zeltlager für Migrantinnen und Migranten
Bei einer Protestkundgebung am Samstag riefen zahlreiche Bewohner von Lampedusa: "Schluss, Lampedusa gehört uns und nicht der EU."
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Auf Lampedusa war es bereits am Samstag zu einer Protestkundgebung von Anrainern gekommen. Sie demonstrierten gegen angebliche Pläne zur Errichtung eines Zeltlagers für die Unterbringung der Migranten, da der Hotspot der Insel überfüllt ist. "Schluss, Lampedusa gehört uns und nicht der EU", skandierten die Demonstranten, die einige Straßen blockierten. Das Rote Kreuz, das die Flüchtlingseinrichtung der Insel verwaltet, dementierte indes Pläne für die Errichtung eines Zeltlagers.

Sonntagfrüh erreichten 144 Menschen die süditalienische Mittelmeerinsel.
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144 Menschen erreichten Sonntagfrüh die süditalienische Mittelmeerinsel. Am Samstag waren 1.000 Migranten an Bord von 23 Booten eingetroffen. Die Behörden meldeten, dass weitere Boote mit hunderten Menschen an Bord in Richtung Lampedusa unterwegs seien. Im Hotspot der Insel befinden sich derzeit circa 2.000 Personen. 640 Menschen sollen im Laufe des Sonntags Lampedusa in Richtung Sizilien verlassen. Damit wollen die Behörden die Insel entlasten, die diese Woche mit präzedenzlosen Migrationsbewegungen konfrontiert war. 11.000 Personen erreichten diese Woche Lampedusa, auf der 6.300 Personen leben. (APA, red, 17.9.2023)