Hafen in Lampedusa
Im Hafen in Molo Favaloro der Insel Lampedusa kamen vergangene Woche 11.000 Personen auf Booten an.
EPA/CIRO FUSCO

Lampedusa – In der sizilianischen Hafenstadt Porto Empedocle ist es am Montag zu chaotischen Zuständen gekommen. Hunderte Migranten verließen die Flüchtlingseinrichtung am Hafen, in dem etwa tausend aus Lampedusa kommende Menschen eingepfercht sind. Zu Spannungen kam es wegen der langen Wartezeiten für den Einstieg in Busse, die die Migranten in Flüchtlingseinrichtungen in Norditalien bringen sollen.

Sicherheitskräfte versuchten vergebens, die Menschen zu stoppen, berichteten italienische Medien. Porto Empedocle ist der Hafen auf Sizilien, in dem die Migranten aus Lampedusa eintreffen.

Tage nach Ausrufung des Notstands kommen weiterhin Geflüchtete auf Lampedusa an. 33 Menschen erreichten Montagfrüh die süditalienische Mittelmeerinsel an Bord eines Bootes, das von der italienischen Küstenwache in Sicherheit gebracht worden war.

Am Sonntag waren 271 Geflüchtete an Bord von sieben Booten auf Lampedusa eingetroffen. Die Behörden meldeten, dass weitere Boote mit hunderten Menschen an Bord in Richtung der Insel unterwegs seien. 11.000 Personen erreichten vergangene Woche die 20 Quadratkilometer große Insel, auf der 6.300 Personen leben.

Gesetzliche Änderungen

Vor dem Hintergrund der Fluchtbewegung Richtung Lampedusa ergreift der italienische Ministerrat weitere Maßnahmen zur Bekämpfung illegaler Einwanderung. Ministerpräsidentin Giorgia Meloni kündigte bei einem Besuch auf Lampedusa in Begleitung von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen am Sonntag an, dass man die Inhaftierung von irregulär eingewanderten Personen zu Rückführungszwecken auf die nach den europäischen Vorschriften höchstmögliche Dauer ausweiten werde: 18 Monate. Die Regierung will außerdem dem Verteidigungsministerium das Mandat erteilen, Zentren für die Abschiebung von Migranten einzurichten.

Ursula von der Leyen reiste gemeinsam mit Giorgia Meloni am Sonntag nach Lampedusa, wo die Spannungen in der Bevölkerung zugenommen haben.
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"Ich war schon immer der Meinung, dass bei der Behandlung der ankommenden Migranten zwischen alleinstehenden Männern im arbeitsfähigen Alter, Müttern und Kindern unter 14 Jahren unterschieden werden sollte. Dies ist auch Gegenstand der Maßnahmen, die wir morgen im Ministerrat ergreifen werden", erklärte Meloni bei einer Pressekonferenz mit von der Leyen. Frauen und Personen unter 14 Jahren seien von der Schubhaftverlängerung ausgenommen.

Von der Leyen stellte ihrerseits einen allgemeinen europäischen Notfallplan zur Bewältigung der Fluchtbewegung vor. Mithilfe eines Zehnpunkteprogramms sollen Asylsuchende besser auf die EU-Länder verteilt und weitere Massenankünfte verhindert werden.

Unmut der Bevölkerung

Am Samstag war es zu Protesten wegen angeblicher Pläne zur Errichtung eines Zeltlagers für Geflüchtete auf Lampedusa gekommen, da der Hotspot der Insel überfüllt ist. "Schluss, Lampedusa gehört uns und nicht der EU", skandierten einige Demonstranten. Sie zogen sich zurück, als der Polizeichef der sizilianischen Stadt Agrigent, Emanuele Ricifari, einem der Demonstranten versicherte, dass die Zelte lediglich der Unterbringung von Personal des Roten Kreuzes dienten und kein Zeltlager für Geflüchtete geplant sei.

Meloni und von der Leyen würdigten bei ihrer Pressekonferenz die Anstrengungen der Bürger Lampedusas zur Versorgung der Angekommenen. Meloni erklärte, die italienische Regierung habe 45 Millionen Euro für die Aufstockung von Infrastrukturen auf der Insel lockergemacht. Die Regierung wolle den Bewohnern der Insel unter die Arme greifen

Am Wochenende hatte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) aufgrund der Situation in Lampedusa außerordentliche Kontrollen an den Grenzen zum Schengen-Partner Italien erwogen. Der Tiroler Landespolizeidirektor Helmut Tomac erklärte zur gegenwärtigen Situation gegenüber der "Tiroler Tageszeitung": "Wir schauen uns die Situation stets sehr genau an. Gerade angesichts der Situation auf Lampedusa. Wir stellen aber fest, dass die aktuelle Route nicht über den Brenner führt." Die Aufgriffe von irregulär eingereisten Menschen in Tirol seien zwar "marginal" gestiegen, "aber nicht bemerkenswert". Viele Migranten würden entweder in Italien bleiben oder weiter nach Frankreich und Spanien ziehen. Der FPÖ-Europaparlamentarier Harald Vilimsky kritisierte unterdessen die Vorschläge von der Leyens als "völlig zahnlos".(APA, red, 18.9.2023)