Vegan, Katzenfutter, Gesundheit
"Kommt sie schon wieder mit dem veganen Zeug an?" – Wie die Fellnasen auf eine etwaige Speiseplanumstellung reagieren könnten, sollte man bei derartigen Plänen auch ins Kalkül ziehen.
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Das Thema wird auf vielen Ebenen kontrovers diskutiert, da hilft es auch nicht, dass dazu selbst in der Fachwelt die Meinungen auseinandergehen: Kann man seine carnivoren vierbeinigen Mitbewohner auch rein pflanzlich ernähren? Zumindest bei Hunden wächst die Zahl jener, die eine vegetarische oder vegane Ernährung zumindest für möglich halten. Viele Tierärzte raten von einem solchen einseitigen Ernährungsplan ab, selbst wenn alle notwendigen Nährstoffe vorhanden sind. Andere verweisen auf Wölfe, die in freier Wildbahn pflanzliche Kost nicht verschmähen, beispielsweise Früchte.

Aber selbst eine nährstoffmäßig gut austarierte Fleischersatzdiät schützt nicht vor Mangelerscheinungen bei schlechten Vitamin-B12-, Zink- oder Eisenwerten, meinen Veterinärmediziner. Bei Katzen sieht die Sache noch einmal anders aus: Hier herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass der Darm der Jägerin für Grünzeug nicht geeignet ist. Um Pflanzen nutzbringend aufzuspalten, braucht es viel Zeit und einen entsprechend langen Verdauungstrakt. Der Katzendarm ist dagegen auf tierische Eiweiße ausgelegt, die sich viel schneller verdauen lassen.

1.369 Dosenöffner

Ein verantwortungsvoller fleischloser Katzenmenüplan bedeutet also viel Aufwand bei hohem Risiko für Mangelerscheinungen. Eine im Fachjournal "Plos One" vorgestellte Studie behauptet nun, dass sich der Einsatz auch für das Wohlbefinden der Fellnasen lohnen könnte. Ein klarer Trend in den erhobenen Daten würde darauf hindeuten, dass vegan ernährte Katzen insgesamt gesünder seien, schrieb ein Team um Andrew Knight von der englischen University of Winchester.

Ihre Schlüsse hat die Gruppe aus einer Erhebung per Fragebogen unter 1.369 Menschen gezogen, die für ihre Katzen den Dosenöffner geben. Neun Prozent davon ernährten ihr Haustier vegan, der Rest servierte herkömmliche Fleischkost. Die Befragten, die über jeweils nur eine Katze Bericht erstatten sollten, waren überwiegend weiblich (91 Prozent) und stammten hauptsächlich aus Großbritannien, ein kleiner Anteil kam aus Festlandeuropa, Nordamerika oder Ozeanien.

Sieben Krankheitsindikatoren

65 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer folgten auch einem Lebensstil mit weniger oder gar keinem Fleisch auf den Tellern. Die meisten Fragen kreisten um die Gesundheit der Katzen, ob sie Medikamente benötigen, wie der Tierarzt ihren Zustand beurteilen würde oder ob sich bestimmte Erkrankungen häufiger oder seltener einstellen.

Den resultierenden Datensatz analysierten die Forschenden auf Grundlage von sieben Krankheitsindikatoren. Das kommunizierte Ergebnis: Vegan ernährte Katzen seien entsprechend dieser Indikatoren nicht kränker, eher im Gegenteil. Vegane Katzen müssten beispielsweise weniger oft zu Tierarzt oder bräuchten seltener Arzneimittel.

Allenfalls Trends

Signifikant sind diese möglichen Zusammenhänge allerdings nicht, das gibt das Team auch offen zu. Mit anderen Worten: Einen belastbaren Beweis dafür, dass es überhaupt Unterschiede zwischen den Gruppen gibt, konnte man nicht vorlegen. Allenfalls zeichneten sich Trends ab, und das auch nur in bestimmten Teilaspekten der Studie.

So schienen etwa 15 Krankheiten (darunter Zahnerkrankungen, Hautkrankheiten und hormonelle Symptome) bei Katzen mit Fleischernährung häufiger aufzutreten als bei veganen Katzen. Umgekehrt gab es sieben Leiden, die bei vegan ernährten Katzen häufiger vorkamen. Aber auch hier waren die Unterschiede zwischen den beiden Ernährungsgruppen statistisch nicht signifikant.

Der einzige signifikante Wert sprach ironischerweise gegen eine pflanzliche Ernährung der Stubentiger: Die Veganer unter ihnen litten etwas häufiger an einer Nierenerkrankung. Dennoch sind die Resultate aufgrund der dürftigen Datenlage mehr als fragwürdig. Bei nur 127 teilgenommen habenden veganen Katzen ließen sich keinerlei statistisch relevante Zusammenhänge erkennen, die für die Pflanzendiät sprechen würden. Hinzu kommt, dass die Verlässlichkeit der Antworten auf den Fragebogen zumindest fragwürdig ist – immerhin waren die Befragten keine Fachleute.

Heimliche Jägerinnen

Selbst wenn die Besitzerinnen und Besitzer das Gegenteil behaupteten: Es ist zu vermuten, dass sich einige Katzen, die eine vegane Diät erdulden müssen, ihr Menü durch nächtliche Jagden auf Mäuse und Vögel bereichert haben. Auch geht aus den Angaben nicht hervor, wie lange die Katzen zum Zeitpunkt der Befragung schon auf echtes Fleisch verzichtet hatten; die Entwicklung mancher Mangelerscheinungen benötigt ihre Zeit – und für die Erkennung einer solchen braucht es meist tiermedizinisch geschulte Menschen.

Nicht unerwähnt bleiben sollte, dass die Studie von ProVeg International mitfinanziert wurde. Die NGO setzt sich weltweit für eine Änderung der menschlichen Ernährungsgewohnheiten ein. An den Daten ändert das zwar nichts, möglicherweise aber an deren Interpretation durch das Wissenschafterteam. (Thomas Bergmayr, 18.9.2023)