Lkw im Stau auf einer deutschen Autobahn
Um die Inflation nicht weiter zu befeuern, erhöhe man die Lkw-Maut heuer nur um den neuen CO2-Aufschlag, sagt die Regierung.
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Die Angst vor stark steigenden Lkw-Maut-Tarifen war groß. Denn laut der EU-Wegekostenrichtlinie ist ab 2024 neben der bisherigen fahrleistungsabhängigen Straßenbenützungsabgabe ein CO2-Aufschlag für verkehrsbedingte CO2-Emissionen einzuheben. Dennoch wird die Lkw-Maut in Österreich für einen klassischen Vierzigtonner mit vier Achsen nur um durchschnittlich 7,4 Prozent teurer.

Um diese moderate Steigerung unter der Inflationsrate des Vorjahrs zu erreichen, griff Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) gewissermaßen zu einem Trick. Um nicht als Inflationstreiber dazustehen, hat der Bund die Valorisierung für 2024 ausgesetzt. Dennoch zahlt die Transportwirtschaft höhere fahrleistungsabhängige Straßenbenützungsabgaben, allerdings unter einem anderen Titel. Denn erhöht werden die Mauttarife um den neuen CO2-Aufschlag, der die bisherige Klassifizierung nach Euro-Abgasnormen ersetzt und eigentlich auf die bisherige Infrastrukturbenützungsabgabe pro gefahrenen Kilometer aufgeschlagen werden muss.

Entlastung für Frächter

Die Wirtschaft freut's. Der Entfall der Inflationsanpassung auch bei Strecken- und Sondermauten um 8,6 Prozent "stellt eine Kostenentlastung unserer Mitglieder dar", schreibt die Wirtschaftskammer in ihrer Stellungnahme zum Bundesstraßen-Mautgesetz, das nur sechs Werktage, also unzulässig kurz zur parlamentarischen Begutachtung aufgelegt war. Die befürchtete Kostenlawine bleibt somit vorerst aus. Allerdings droht sie 2025 zu kommen.

Entsprechend kritisch fielen die Reaktionen aus. Das vom Schwerlastverkehr besonders betroffene Land Tirol etwa kritisiert die im Gesetz enthaltene "überproportionale finanzielle Unterstützung für saubere Lkws", weil diese "dem Hauptziel der Stärkung der Verkehrsverlagerung auf die Schiene zuwiderläuft". Das spielt auf die im Gesetzesentwurf fixierte 75-prozentige Ermäßigung für emissionsfreie Kfz, also Elektro-Lkws, an, die allerdings erst ab 2028 zum Tragen kommen wird. Dann nämlich werden batterie- oder wasserstoffbetriebene Lkws in großem Stil auf Autobahnen und Schnellstraßen unterwegs sein.

Mautrabatt

Deutlich schärfer formuliert ihre Bedenken die Bundesarbeiterkammer, sie lehnt den Mautrabatt von 75 Prozent als "unsachlich" ab: Der Rabatt beim Infrastrukturentgelt sei zwar Anreiz für die Beschaffung emissionsfreier Lkws, laufe aber der angestrebten Verlagerung von Fracht auf die Schiene zuwider.

Klimafit werde der Schwerlastverkehr mit dem Aufschlag für verkehrsbedingte CO2-Emissionen auch nicht. Laut dem Stufenplan ab 2024 werde Österreich nicht einmal ab 2026 einen Wert von 70 Euro pro Tonne CO2 erreichen. Damit nützt Österreich die Möglichkeiten der EU-Wegekostenrichtlinie nur zu einem Bruchteil aus, denn diese ermöglicht bis zu 200 Euro CO2-Zuschlag pro Tonne.

Geld liegt auf der Straße

Zum Vergleich: Deutschland hebe seine bisher deutlich niedrigere Maut für Lkws mit vier Achsen der Abgasklasse Euro-6 ab Dezember 2023 um 15,8 Cent an, in Österreich werden 2024 nur 3,87 Cent CO2-Aufschlag pro Kilometer verrechnet, die bis 2026 auf 9,04 Cent steigen. Damit lasse Österreich in diesem Zeitraum geschätzt 2,3 Milliarden Euro auf der Straße liegen, argwöhnen die Umweltexperten der AK, die zum Ausbau des öffentlichen Verkehrs dringend gebraucht würden. Tatsächlich werde Österreich aus dem CO2-Aufschlag gerade einmal 940 Millionen Euro einnehmen. "Österreich verschenkt folglich 1,3 Milliarden Euro – und zwar mehrheitlich an ausländische Unternehmen", heißt es in der Stellungnahme der Arbeiterkammer.

Im Verkehrsministerium lässt man diese Argumentation nicht gelten. Mit dem vorliegenden Stufenplan werde der notwendige Einstieg in die CO2-Bepreisung der Lkw-Maut bewerkstelligt. "Wer unserem Klima schadet, wird in Zukunft einen höheren Beitrag leisten." Allerdings müsse auch der Bund seinen Beitrag zur Inflationsbekämpfung leisten, deshalb setze man die inflationsbedingte Maut- und Vignettenerhöhung einmalig aus.

Wer die Zeche zahlt

Die Zeche für diese Aussetzung ist natürlich zu zahlen, und zwar letztlich durch Autofahrer und Steuerzahler. Denn sie beschert der staatlichen Autobahnen- und Schnellstraßenfinanzierungsgesellschaft Mindereinahmen, die sich bis 2029 kumuliert auf 1,5 Milliarden Euro belaufen. Der Jahresüberschuss wird 2024 um rund 160 Millionen Euro dezimiert, über die Jahre kumuliert sich der Fehlbetrag auf 1,2 Milliarden Euro, rechnet die Asfinag in ihrer Stellungnahme zum Gesetzesentwurf vor. Das erhöht bei gleichbleibendem Bauprogramm und steigenden Baukosten (um acht bis neun Prozent) den Schuldenstand. Ob das Finanzministerium bei der Gewinnausschüttung Zurückhaltung üben wird, wird sich im Budgetvoranschlag weisen. (Luise Ungerboeck, 20.9.2023)