Auch Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache musste sich bereits vor Gericht verantworten – allerdings noch nicht in der Spesenaffäre.
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In einer Stunde war die Sache auch schon wieder erledigt: Michael Niegl, ehemaliger Fahrer und Leibwächter von Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und zwischen 2015 und 2020 auch blauer Landtagsabgeordneter in Wien, musste sich am Montag vor dem Wiener Straflandesgericht wegen falscher Beweisaussage in der FPÖ-Spesenaffäre verantworten. Der Prozess endete mit einer Diversion, der Angeklagte muss 6.600 Euro in Raten und Verfahrenskosten in Höhe von 200 Euro zahlen.

Die Spesenaffäre hält die FPÖ bekanntlich seit Jahren in Atem: Kurz nach Erscheinen des Ibiza-Videos im Mai 2019 wurden Vorwürfe laut, dass Strache sowie zahlreiche teils hochrangige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Spesen falsch abgerechnet und sich dadurch persönlich bereichert hätten. Strache wird vorgeworfen, sein Privatleben in großem Umfang mit Parteigeldern finanziert zu haben, was dieser bestreitet. Die Causa war der Hauptgrund dafür, dass Strache Ende 2019 aus der Partei geschmissen wurde. Aus einem jüngsten Urteil des Oberlandesgerichts Wien geht hervor, dass sich der Gesamtschaden laut Ermittlern auf zumindest 1,032 Millionen Euro belaufen würde.

Ordner mit Rechnungen

Im Zuge der Ermittlungen in der Spesenaffäre fanden bereits zahlreiche Zeugeneinvernahmen statt. Auch Niegl war zunächst Zeuge und sagte im Dezember 2019 – kurz nachdem die Causa publik wurde – gegen seinen einstigen Chef, für den er zwischen 2011 und 2015 tätig war, aus. Zudem hat der Angeklagte den Ermittlerinnen und Ermittlern einen Ordner mit Kopien von Rechnungen und Abrechnungen vorgelegt, die er verrechnet und rückerstattet bekommen habe. Insgesamt 17 derart erfolgte Barausgaben samt "umgewandelten" Rechnungen, also Ersatzbelegen, werden in dem Bericht penibel aufgelistet, die vor allem von Bars und Restaurants stammen.

Die Staatsanwaltschaft wirft Niegl, der nach wie vor für die Wiener Landespartei tätig ist, vor, im Rahmen dieser Zeugeneinvernahme falsch ausgesagt zu haben. Laut Strafantrag sagte er vor den Kriminalisten sinngemäß aus, er sei zwar von Strache zu "Umwandlungen" von Rechnungen aufgefordert worden, habe sich jedoch geweigert, dies zu tun. "Die Auswertung der vorgelegten Rechnungen hat aber klar ergeben, dass der Angeklagte auch umgewandelte Rechnungen eingebracht hat", erklärte die Staatsanwältin am Montag beim Prozess.

"Gab kleinen Tobsuchtsanfall"

"Heinz-Christian Strache mag ein hervorragender Wahlkämpfer gewesen sein, aber wenn es um das Bezahlen von Rechnungen gegangen ist, mussten das andere machen", unternahm Niegls Anwalt Meinhard Novak den Versuch einer Erklärung des "Systems Strache". Eines Systems, das auch seinen Mandanten unter Druck gebracht habe. Wenn sich jemand geweigert habe, Rechnungen zu bezahlen, "gab es einen kleinen Tobsuchtsanfall", schilderte Niegl die seinerzeitige Reaktion Straches. Er hatte zudem Sorge, "gleich auf der Straße zu sitzen", wenn er nicht macht, was Strache von ihm verlangt.

Und warum hat Niegl dann überhaupt im Rahmen seiner Zeugeneinvernahme behauptet, dass er sich gegen Aufträge Straches gewehrt habe, private Rechnungen durch Scheinbelege als berufliche Spesen zu deklarieren? Er habe nicht "selbst ins Zwielicht geraten" wollen, räumte Niegl schließlich ein. Und er sagte: "Ja, das ist alles logischerweise passiert, aber nicht in der bösen Absicht, nicht um mich zu bereichern." Damit übernahm Niegl schließlich die Verantwortung für sein Handeln, was Voraussetzung für eine Diversion ist.

Dass er sich nicht selbst bereichert habe, betonte Niegl mehrfach vor Gericht. Im Zuge der Ermittlungen soll nämlich festgestellt worden sein, dass zumindest zwei Rechnungen nicht Strache, sondern Niegl selbst zuzurechnen seien. Es soll sich dabei um Restaurantrechnungen in Höhe von rund 500 Euro handeln. Ein Verfahren in diesem Zusammenhang – ermittelt wurde wegen Betrug und Untreue – wurde allerdings eingestellt.

Beschluss nicht rechtskräftig

Das Gericht ging schließlich auf den Vorschlag einer Diversion durch den Angeklagten ein. Bis zur Begleichung der Geldstrafe ist das Verfahren gegen Niegl vorläufig eingestellt. Angeklagter und Verteidiger verzichteten auf Rechtsmittel. Die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab, hat nun aber 14 Tage Zeit, Beschwerde einzulegen. Bis dahin ist der Beschluss nicht rechtskräftig. Für alle im Zusammenhang mit der Spesenaffäre Genannten gilt die Unschuldsvermutung. (Sandra Schieder, 18.9.2023)