Die Runde, die sich am Sonntag bei Claudia Reiterer bei "Im Zentrum" in ORF 2 einfand, veranschaulichte den Unterschied zwischen Fachexpertise und Meinung. Gekommen war man, um anlässlich der Flüchtlingskrise auf der Insel Lampedusa die EU-Migrationspolitik zu erörtern. Migrationsforscherin Judith Kohlenberger, Nino Galetti (Konrad-Adenauer-Stiftung) sowie Europaexperte Stefan Lehne analysierten die Lage anhand realer Zahlen. FPÖ-Politiker Harald Vilimsky bezeichnete Menschen, die fliehen, als "Glücksritter" und machte eine Bemerkung, die gelinde gesagt dazu geeignet ist, antisemitische Ressentiments anzufeuern: Eine "Völkerwanderung" mit "Invasionscharakter" und "Einflussnahme des George Soros" sah er.

ORF-Diskussion
"Im Zentrum"-Diskussion über "Grenzenlose Krise im Mittelmeer – wer löst das Asylchaos?"
Foto: Screenshot, ORF-TVThek

Gründe, die derzeit zu vermehrten Überfahrten führen könnten, wie der in Aussicht gestellte Pakt mit Tunesien, der die Migration bald erschweren soll, oder schlicht die derzeit ruhige See und das gute Wetter, die die Fachleute einbrachten, ignorierte Vilimsky ebenso wie den in Österreich starken Rückgang der Asylanträge und dass die rechtsnationale Politik in Italien in einem Jahr nichts gegen vermehrte Migration ausrichten konnte.

Auch will Vilimsky, von Kohlenberger auf Frauen und Kleinkinder hingewiesen, nur "junge Männer" auf Lampedusa gesehen haben. Nebenbei desavouierte der blaue Berufspolitiker die Exper­tise von Kohlenberger, die ihre Parteiunabhängigkeit betonte, als "grün", jene Galettis als "konservative Bubble". Reiterer forderte Respekt gegenüber ihren Gästen ein. Auch ÖVP-Europaabgeordneter Lukas Mandl widersprach Vilimsky. Man könnte vergessen, dass FPÖ und ÖVP in drei Bundesländern in Koalitionen seien, bemerkte Reiterer dazu. (Colette M. Schmidt, 18.9.2023)