Ernst Nevrivy, Bezirksvorsteher Wien-Donaustadt
Ernst Nevrivy (SPÖ), Bezirksvorsteher in Wien-Donaustadt, hat nur ein Jahr nach einem Grundstückskauf von einer Umwidmung profitiert.
APA/GEORG HOCHMUTH

Ernst Nevrivy (SPÖ), Bezirksvorsteher in Wien-Donaustadt, gerät politisch unter Druck. Grund ist seine Rolle rund um einen Grundstückskauf in einer Kleingartensiedlung mit Schotterteich in Breitenlee im 22. Bezirk. Nevrivy kaufte eine Brachfläche im Sommer 2020 – zu einem Zeitpunkt, als im Kleingartenverein (KGV) mit Widmung für Grünland und Erholungslandschaft nur Badehütten mit 30 Quadratmetern erlaubt waren. Nur etwas mehr als ein Jahr später wurde im Wiener Gemeinderat eine Umwidmung beschlossen: Mit der neuen Flächenwidmung "Bauland – Gartensiedlungsgebiet" können nunmehr ganze Gebäude mit 100 Quadratmetern errichtet werden.

Von der Höherwidmung profitierte in der 127 Parzellen umfassenden Anlage nahe der U2-Station Aspern Nord auch Nevrivy. Er bezahlte im Juli 2020 für sein Grundstück rund 420 Euro pro Quadratmeter, wie die "Wiener Zeitung" zuerst berichtete. Mit der Umwidmung nur ein Jahr später war auch eine deutliche monetäre Aufwertung des Grundstücks verbunden: Der Wert dürfte etwa um das Doppelte gestiegen sein.

Offen ist, wie sehr sich Nevrivy selbst für eine Umwidmung des KGV-Areals nördlich der Seestadt Aspern eingesetzt hat – und wie schnell diese dann in die Wege geleitet wurde. Immerhin wurde erst im Jänner 2020 bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung des betroffenen Kleingartenvereins der Widmungsvorschlag in eine Gartensiedlung beschlossen. Ein halbes Jahr später kaufte Nevrivy dann das Grundstück. Mitte 2021 nahm die Donaustädter Bezirksvertretung einen "Antrag auf Festsetzung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans" der MA 21 (Stadtteilplanung und Flächenwidmung) einstimmig an. Nur wenige Monate später, am 25. November 2021, erfolgte der Beschluss im Wiener Gemeinderat.

Nevrivy bestätigte in einer Stellungnahme an den STANDARD, dass er ein Grundstück im betroffenen Kleingartenverein Sport- und Erholungszentrum Breitenlee erworben habe. Bezahlt habe er "den geforderten Kaufpreis. Die angesprochene Widmungsänderung war zu diesem Zeitpunkt bereits seit acht Jahren im Gange, das Ansuchen des Vereins um Widmungsänderung war bereits 2012. Damit wurde auch seitens der Kleingartensiedlung bei potenziellen Käuferinnen und Käufern geworben." Eine Einflussnahme auf das Widmungsverfahren, "in welcher Weise auch immer, kann ich dezidiert ausschließen", teilte Nevrivy mit. Er weise "derartige Behauptungen ausdrücklich zurück".

Mit der Umwidmung dürfte aber auch dafür gesorgt worden sein, dass zahlreiche widmungsfremd betriebene Gebäude wieder legal betrieben werden konnten. So soll zuletzt ein Großteil der Gebäude mehr als die zuvor erlaubten 30 Quadratmeter aufgewiesen haben. Die Wiener Baupolizei soll bereits mit ersten Anzeigen an betroffene Mitglieder des Kleingartenvereins wegen zu großer Häuser reagiert haben. Auch in der online abrufbaren Chronik des Kleingartenvereins wird darauf Bezug genommen, dass die Widmungen in der Vergangenheit nicht immer eingehalten wurden: "Es blieb aber auch leider bei uns nicht aus, dass die Baulichkeiten nicht immer genau der Widmung entsprachen", heißt es etwa für den Zeitraum 1985 bis 2000.

Grüne und FPÖ schießen sich auf Nevrivy ein

Die Wiener Grünen fordern, dass Nevrivy sein Amt ruhend stellen muss – und zwar, "bis alle Vorwürfe aufgeklärt sind", wie Klubchef David Ellensohn und Gemeinderätin Heidi Sequenz mitteilten. "Es stellt sich auch die Frage, ob es noch mehr solche Deals gibt." Dass Nevrivy in seiner politischen Funktion von Grundstücksverkäufen und Umwidmungen schon früh erfahre, "ist klar. Aber es geht darum, wie er damit umgeht." Die Grünen verwiesen auch auf die Causa rund um Gemeindebund-Chef Alfred Riedl: Dieser hatte nach Bekanntwerden von umstrittenen Grundstücksdeals beim Siedlungsprojekt "Sonnenweiher" seine Vorsitzfunktion beim Gemeindebund vorläufig ruhend gestellt und wollte zunächst die Ergebnisse der Prüfverfahren abwarten. FPÖ-Wien-Landesparteisekretär Michael Stumpf verlangte angesichts der "sehr schiefen Optik" Aufklärung.

Das Schotterteich-Areal ist nicht die einzige Grundstückscausa, in der Nevrivy zuletzt in den Fokus gerückt ist. Der Bezirkschef steht auch in einem Teilaspekt der Causa rund um die – in die Insolvenz geschlitterte – Immobilienentwicklungsgesellschaft Wienwert im Blickpunkt. Nevrivy wird vorgeworfen, dass er dem Chef der Wienwert ein Vorhaben der Wiener Linien verraten haben könnte. Dieser erwarb daraufhin Grundstücke rund um die Remise in Wien-Kagran, die nur einige Monate später an die Wiener Linien weiterverkauft wurden – laut Stadtrechnungshof deutlich über dem Marktwert. Nevrivy bestreitet die Vorwürfe: Die Pläne der Wiener Linien seien allgemein bekannt gewesen. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt, ein Vorhabensbericht in diesem komplexen Wienwert-Verfahrensstrang zu Nevrivy soll schon im vergangenen Herbst erstellt worden sein. (David Krutzler, 18.9.2023)