Claudia Roth
Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Die Grünen) sucht eine neue Berlinale-Spitze bis Ende des Jahres.
IMAGO/Bildgehege

Die Internationalen Filmfestspiele Berlin, besser bekannt als Berlinale, stehen vor einem Führungswechsel. Im März hatte bereits Mariette Rissenbeek, die Geschäftsführerin der seit 2020 amtierenden Doppelspitze, angekündigt, ihren bis 2024 laufenden Vertrag nicht zu verlängern. Kürzlich hat auch der künstlerische Leiter Carlo Chatrian bekanntgegeben, dass er die Berlinale nach der nächsten Edition verlassen werde. Grund war ein Machtwort seitens der deutschen Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Die Grünen). Ende August hatte der Aufsichtsrat der Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin (KBB), dem Roth vorsitzt, beschlossen, dass die Berlinale ab 2025 nur noch von einer Person geführt werden solle.

Protest an der Forderung und an dem Umgang mit Chatrian formulierte ein offener Brief, den über 200 Persönlichkeiten aus der Filmbranche unterzeichnet haben, darunter die diesjährige Jury-Vorsitzende Kristen Stewart und Regisseur Martin Scorsese.

Fehlende Regielegenden in Berlin

In einem Interview in der Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung sagte Roth, sie nehme das Schreiben ernst, aber sie hätte sich auch gewünscht, dass Martin Scorsese seinen neuen Film Killers of the Flower Moon in Berlin vorstelle und nicht in Cannes, "wenn ihm die Berlinale so am Herzen liegt."

Darin liegt die Krux der Personalentscheidung. Die Berlinale zählt neben den Filmfestivals in Cannes und Venedig zu den Fixsternen des Kinojahres, doch die internationale Konkurrenz in Kanada (Toronto) USA (Telluride, Sundance) oder Asien (Busan) schläft nicht.

Chatrian legte in seinem Programm, mit dem er auch durch die schwierigen Corona-Jahre navigierte, Wert auf die leisen Töne – zulasten großer Namen und Stars. Zudem erreichte der Teppichauftritt des Leitungsduos nicht den Schauwert des ehemaligen Leiters Dieter Kosslick.

Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek Berlinale
Bald Geschichte: die Doppelspitze aus Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek.
REUTERS

Neue Leitung noch dieses Jahr

Die künftige Intendanz des größten Kulturfestivals Deutschlands, dessen Budget bei etwa 30 Millionen Euro liegt, soll laut Roth bis Ende 2023 von einer Findungskommission ernannt werden, der sie vorsteht und in der etwa der Im Westen nichts Neues-Regisseur Edward Berger vertreten ist. Ab 2025 soll diese dann in Kraft treten.

Für die neue Spitze hat Roth schon Vorstellungen. Diese solle den Spagat zwischen Publikum, internationalen Regiepersönlichkeiten, Politik und Arthousefilm meistern und "eine teamfähige Persönlichkeit" sein, "die das Festival zum asiatischen Film öffnet, den Globalen Süden mitdenkt und den deutschen Film im Blick hat", sagte sie. (Valerie Dirk, 19.9.2023)