People visit the booth of Chinese battery manufacturer Contemporary Amperex Technol
China ist der EU in Sachen Batterieproduktion weit voraus. Das zeigt sich nicht nur bei den Elektroautos.
IMAGO/Ren Pengfei

Da ist sie einmal mehr: Die Warnung vor einer erneuten, weiteichenden Abhängigkeit der Europäischen Union von einem Drittland. Wurde eine solche mit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine augenscheinlich, als plötzlich die Energieversorgung auf der Kippe stand, ist es nun zusehends jene von China. Im Fokus der spanischen EU-Ratspräsidentschaft waren zuletzt allen voran Lithium-Ionen-Batterien (LI-Batterien) und Brennstoffzellen. Insbesondere bei Ersteren wird die Abhängigkeit wie bei kaum einem anderen Produkt augenscheinlich. Und das, obwohl die Batterien aus derzeitiger Sicht praktisch das Rückgrat der Energie- und vor allem Verkehrswende bilden.

DER STANDARD hat einen Blick auf die einzelnen Phasen der Lieferkette der Batterieherstellung geworfen – es zeigt sich: China dominiert von der Rohstoffgewinnung bis zur Fertigung der Batterien praktisch jede Ebene der Lieferketten, die EU hinkt mit ihren Maßnahmen bislang noch nach – doch die Zeit drängt.

Der Weg der Batterie

Der Anfang einer jeden Batterie findet in der Natur statt. Rohstoffe müssen gewonnen werden, die derzeitige Technologie stützt sich dabei auf fünf Schlüsselmaterialien: Kobalt, Lithium, Mangan, Graphit und Nickel. Im zweiten Schritt werden die Rohstoffe nun in Chemiefabriken raffiniert und verarbeitet, bevor sie in der Batterieherstellung zu fertigen Akkus und Zellen verarbeitet werden. Die fertigen Produkte werden nun etwa in E-Autos oder Laptops verbaut oder aber in der Industrie für die Energiespeicherung verwendet.

Chinas Dominanz in Lieferketten

Die wirtschaftliche Vorherrschaft Chinas ist dabei in allen Phasen der Lieferkette deutlich. Allein bei den notwendigen Rohstoffen liegt der Anteil Chinas bei rund einem Drittel der weltweiten Produktion, jener der EU bei gerade einmal einem einzelnen Prozentpunkt.

Chinas Erfolg kommt nicht von ungefähr. Zum einen gibt es Minen im eigenen Land, zum anderen investiert die chinesische Regierung über Großkonzerne hohe Summen, etwa in Lithium-Minen in Simbabwe oder Nigeria. Länder wie diese sind reich an Vorkommen, verfügen aber nicht über das nötige Geld. Geld, das China bietet – und dabei auch gelegentlich ein Auge bei der Menschenrechtssituation vor Ort zudrückt.

Ähnlich, wenn nicht gar noch alarmierender ist das Bild in der Weiterverarbeitung der Rohstoffe. 52 Prozent der Ausgangsstoffe werden in chinesischen Chemiefabriken aufbereitet, die EU kommt auf rund ein Zehntel der weltweiten Mengen. Seine größte Dominanz spielt China aber erst beim letzten Schritt der Herstellung aus. 76 Prozent der Batterien wurden der Internationalen Energieagentur zufolge im Jahr 2021 in China gefertigt.

Energiewende facht Nachfrage an

Die Zahlen alarmieren – und dürften angesichts der angestrebten Klimaneutralität der EU bis 2050 weiter an strategischer und wirtschaftlicher Bedeutung gewinnen. Allein die E-Mobilität erhöht den Bedarf an Lithium um das Siebenfache bis 2030, auf das Zehn- bis Zwanzigfache im Jahr 2050. Und das wohlgemerkt noch in den konservativeren Berechnungsszenarien. Hinzu kommt der zunehmende Bedarf an LI-Batterien in der industriellen Energiespeicherung. Insgesamt soll so die EU-Nachfrage nach den Batterien bis 2030 auf das Zehnfache des derzeitigen Niveaus ansteigen, prognostiziert die EU-Kommission – ein Wert, mit dem die Produktionssteigerung in der EU wohl nicht schritthalten kann.

Die EU will mit Maßnahmen kontern

Bewusst ist das der EU schon lange, erste Maßnahmen in der Batterieindustrie reichen bis ins Jahr 2008 zurück. Wirklich ernst machte die Union aber erst mit der Gründung der Batterie-Allianz 2017 und dem Vorlegen eines Aktionsplans im Folgejahr. Seitdem wurden allein über die von der Europäischen Investitionsbank unterstützte Allianz 127 Milliarden Euro in die Branche investiert. Die Erfolge lassen aber noch auf sich warten, wie aus einem aktuellen Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofs hervorgeht.

Demnach sei zwar eine "wirksame Förderung" feststellbar, deutlich länger aber ist die Liste der Schwachstellen des Aktionsplans und dessen bisheriger Umsetzung. Es fehle an quantifizierten und zeitlich terminierten Zielen, die anvisierte Senkung der Treibhausgase bis 2035 sei nicht oder nur mit importierten Batterien und E-Fahrzeugen möglich.

Einen großen Schritt machte die EU zuletzt immerhin mit der Batterieverordnung, die Ende Juli verabschiedet wurde. Diese sieht etwa Recyclingquoten vor und soll den Bedarf an Batterieimporten senken. Dazu gesellt sich ein Kommissionsvorschlag vom März, im Zuge dessen die Abhängigkeit von Drittstaaten bei kritischen Rohstoffen wie Lithium und Kobalt reduziert werden soll. (Nicolas Dworak, 19.9.2023)