FPÖ-Chef Herbert Kickl und AfD-Vorsitzende Alice Weidel am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Wien.
APA/EVA MANHART

Ob der Kampf gegen "das System", gegen die Politik der jeweiligen Bundesregierungen oder für eine No-way-Asylpolitik: FPÖ und Alternative für Deutschland (AfD) surfen nicht nur thematisch im Gleichklang, sondern befinden sich auch umfragetechnisch auf einer Erfolgswelle. Die FPÖ liegt derzeit bei mehr als 30 Prozent, die AfD bei mehr als 20 Prozent. Die Spitzen der beiden Rechtsparteien, die seit Jahren miteinander in Kontakt stehen, wollen nun verstärkt gemeinsame Sache machen: FPÖ-Chef Herbert Kickl und AfD-Vorsitzende Alice Weidel.

Es sollte jedenfalls fast vier Jahre dauern, bis die Gegeneinladung folgte: Nachdem Kickl im Jänner 2020 die AfD-Fraktion in Berlin besucht hat, ist Weidel am Dienstag zu Besuch in Wien. Am Vormittag hielten die beiden eine gemeinsame Pressekonferenz. Thema: "Gemeinsamer Kampf für Freiheit, Heimat und Demokratie – Gegen die gesellschaftszersetzende Elitenpolitik". Der Kampfbegriff wird in der einstündigen Pressekonferenz mehrfach bemüht.

Kämpfen und bekämpft werden

Gemeinsame Sprache, gemeinsamer Kulturraum, gemeinsame Werte: Für den FPÖ-Chef ist es nur logisch, sich mit der AfD, die er als "die einzige Alternative für Deutschland" bezeichnet, zusammenzutun. Konkret wolle man gemeinsam gegen die "verantwortungslosen Bundesregierungen vorgehen – im Interesse des Schutzes der Mitte der Gesellschaft, der schweigenden Mehrheit", führte Kickl aus. Das sei "unser gemeinsamer politischer Kampf".

Das Einzige, was Österreich noch von Deutschland unterscheiden würde, sei, "dass bei uns keine Ampel die Regierung stellt", sagte Kickl. Viel besser macht es das für Kickl aber auch nicht, die türkis-grüne Koalition bezeichnete er einmal mehr als die "schlechteste Regierung aller Zeiten". Ein Jahr vor dem nächsten bundesweiten Wahlgang in Österreich – wird die Nationalratswahl nicht vorgezogen, wird regulär im Herbst 2024 gewählt – sieht der FPÖ-Chef jedenfalls die Zeit gekommen, "alle Hebel in Bewegung zu setzen", um eine Ampel hierzulande zu verhindern.

Einmal mehr zog Kickl aber nicht nur gegen ÖVP und Grüne, sondern auch gegen die SPÖ vom Leder. Die in der Vergangenheit immer wieder von Kickl als "Systemparteien" bezeichneten Parteien seien "zu einer Art Einheitspartei verschmolzen" und würden "eine Spur der Verwüstung durchs Land ziehen". Deren "einzige Überlegung" würde trotz zahlreicher anderer Krisenherde lauten: "Wie können wir Herbert Kickl und die FPÖ verhindern?" Kickl ortet hier "die nächste Agenda des Systems, und da werden wir uns entsprechend zu Wehr setzen".

Die aktuellen Umfragewerte seien für Kickl jedenfalls "kein Anlass zur Überheblichkeit", vielmehr seien diese "ein Auftrag zur Fortführung unserer Politik". Mit der Erzählung, dass die FPÖ nur deshalb so stark sei, weil die anderen so schwach sind, ist Kickl nicht vollends zufrieden. "Wir sind deshalb so stark, weil wir die besseren Antworten auf die großen Fragen haben", zeigte er sich überzeugt.

Einigkeit beim Kiffen

AfD-Vorsitzende Weidel zeigte sich zuvor voll des Lobes für die FPÖ, mit der die AfD "in großer Freundschaft verbunden" sei. Sie bezeichnete es als "eine ganz große Ehre, heute in Wien zu sein". Im Anschluss holte sie zu einem Rundumschlag gegen die Politik der Ampel aus SPD, Grünen und der FDP aus, die sie als "Irrsinn" bezeichnet.

Harsche Worte fand Weidel etwa zur Asyl- und Klimapolitik sowie zu Beschlüssen zur Geschlechteridentität und Legalisierung von Cannabis. Die Grenzen würden "überrannt", der deutsche Pass "verramscht". Menschen müssten "die Heizungen aus ihren Kellern schmeißen" und dürften "nicht mehr entscheiden, wie sie heizen, sollen aber einmal im Jahr entscheiden, ob sie Männlein, Weiblein oder divers sein wollen". Bei allen wichtigen Themen würde die Ampel nur streiten, aber beim "Kiffen für alle, da waren sie sich extrem schnell einig".

Schließlich resümierte Weidel: "Es wäre angebracht, den Weg in Deutschland für Neuwahlen freizumachen." Denn Politik würde "gegen die Mehrheit der Menschen gemacht, was wir beide zutiefst undemokratisch finden". Die Regierungen beider Länder versuchten, "den Menschen ein schlechtes Gewissen zu machen dafür, wie sie denken, empfinden, wie sie heizen, was sie essen", ergänzte der FPÖ-Chef. Dagegen wollen FPÖ und AfD nun "als Partnerparteien zu Felde ziehen", sind sich die beiden einig. Auf "Eliten" und "Machtzirkel" werde man hier keine Rücksicht nehmen. "Das ist, wofür wir beide kämpfen und wofür wir auch bekämpft werden", meinte Kickl.

Kritik von ÖVP und Grünen

Harte Attacken ritten Kickl und Weidel in diesem Zusammenhang auch gegen den Verfassungsschutz ihrer Länder. Diesen gehe es nur darum, Oppositionsparteien auszuschalten und dem Machtverlust der Regierungsparteien entgegenzuwirken. Dass die AfD vom Verfassungsschutz beobachtet werde, bezeichnen die beiden, die sich als die wahren Schützer der Verfassung sehen, als demokratiefeindlich. Das wiederum rief umgehend Kritik von ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker hervor. Kickls Plan sei es offenbar, dass Rechtsextreme geschützt und nicht länger von der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) beobachtet werden. "Damit erweist sich Kickl einmal mehr als Sicherheitsrisiko für unser Land", sagte Stocker in einer Aussendung.

Scharfe Kritik kam auch von den Grünen, die die Einladung Weidels durch die FPÖ als "ein klares Zeichen in Richtung Rechtsextremismus" werten. Die AfD stehe nicht nur wegen verfassungsfeindlicher Bestrebungen unter Beobachtung, sondern zeige in zahlreichen Aussagen "ihre Verankerung im Rechtsextremismus", sagte Rechtsextremismus-Sprecherin Eva Blimlinger in einer Aussendung.

Warnung vor Ampel

Es war wohl nur ein kleiner Vorgeschmack, den Weidel da im Rahmen der Pressekonferenz bot: Am Abend wird sie auf Initiative des FPÖ-Parlamentsklubs und des Freiheitlichen Bildungsinstituts (FBI) einen Vortrag zum Thema "Die Deutsche 'Ampel' als abschreckendes Beispiel für Österreich" halten. Ursprünglich sollte der Vortrag in den blauen Klubräumlichkeiten im Palais Epstein stattfinden, tatsächlich findet dieser nun im Hotel Intercontinental statt. Aufgrund des großen Interesses und aus Platzgründen habe man kurzerhand umdisponiert, heißt es seitens der Partei zum STANDARD.

Medienvertreterinnen und -vertreter sind bei der Veranstaltung jedenfalls nicht erwünscht. Allerdings wird der Vortrag per Livestream übertragen. Zuvor werden Kickl und Weidel aber noch ein Wiener Schnitzel essen: "Ja, dieses Schnitzerl wird es geben. Ich bin froh, dass wir das noch essen dürfen, ohne in die Illegalität abzurutschen", sagte Kickl. Weidel hatte unlängst in einer Rede erklärt, sich das Schnitzel nicht nehmen lassen zu wollen.

Schon tags zuvor gaben Kickl und Weidel dem rechten TV-Sender Auf 1, laut Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW) "eines der reichweitenstärksten rechtsextremen Medien aus Österreich", ein Doppelinterview. Dort gaben die beiden grosso modo zum Besten, was sie auch schon bei der Pressekonferenz an Botschaften deponierten. Moderiert wurde das fast eineinhalbstündige Gespräch von Auf 1-Gründer und -Chefredakteur Stefan Magnet, der immer wieder auch mit Verschwörungstheorien von sich reden macht. (Sandra Schieder, 19.9.2023)