Der Fall von Schauspieler Florian Teichtmeister hat in Österreich die Debatte über höhere Strafen für Kindesmissbrauch und stärkere Prävention losgetreten. Anfang des Jahres präsentierte die Bundesregierung ein Maßnahmenpaket, wodurch Kinder besser geschützt werden sollen. Es umfasst drei Bereiche: härtere Strafen für Täter, Prävention und einen verstärkten Opferschutz.

"Sexting" beschreibt das Verschicken von Nacktbildern.
Getty Images/iStockphoto

Eine komplexe Situation ergibt sich allerdings beim sogenannten "Sexting". Das Phänomen existiert bereits seit einiger Zeit: Jugendliche, die einander gegenseitig Nacktbilder schicken. Grundsätzlich ist es nicht verboten, wenn Teenager sich untereinander solche Bilder schicken und diese auf dem Handy haben – solange sie die Fotos nicht weiterverbreiten oder anderen zeigen und sie selbst über 14 Jahre alt sind. Wenn sich also zwei mündige Minderjährige – zum Beispiel eine 15-Jährige und ein 16-Jähriger – in gegenseitigem Einvernehmen Nacktfotos schicken, ist das in Ordnung. Anders ist es, wenn eine der beiden Personen unter 14 Jahre alt ist.

14. Lebensjahr als Grenze

Vor dem 14. Lebensjahr sind Kinder und Jugendliche noch nicht strafmündig. Wenn sie Nacktbilder von sich verschicken, gilt das als Kinderpornografie. Erhalten Personen über 14 Jahre diese Bilder und speichern sie auf ihren Handys, machen auch sie sich strafbar. Auch dann, wenn etwa ein 13-Jähriger von sich aus Nacktbilder an eine 14-Jährige verschickt hat. Das soll sich nun ändern.

Denn die Problematik der "derzeit bestehenden Strafbarkeit Jugendlicher im Zusammenhang mit Missbrauchsmaterial unmündiger Personen ist bekannt", heißt es aus dem Justizministerium. Und: Wenn die Jugendlichen etwa im selben Alter seien, brauche es eine Lösung. Diese könne jedoch nicht durch eine Gesetzesänderung erfolgen, erklärt ein Sprecher von Justizministerin Alma Zadić (Grüne). Denn: Eine geltende EU-Richtlinie zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie lässt Straflosigkeit auch bei Einverständnis der abgebildeten Person erst ab Erreichen des Alters der sexuellen Mündigkeit zu.

Erlass an Staatsanwaltschaften

Um dennoch Gleichaltrige vor der Strafverfolgung zu bewahren, plant das Justizministerium einen Erlass an die Staatsanwaltschaften. Demnach soll im Regelfall bei einvernehmlichem "Sexting" unter gleichaltrigen Jugendlichen von einer Strafverfolgung abgesehen werden. "Jugendliche, die einvernehmlich miteinander 'Sexting' betreiben, sollen keine Angst vor dem Staatsanwalt haben müssen", erklärt Zadić dem STANDARD. Gleichzeitig müssten vor allem junge Mädchen davor geschützt werden, "sexuell ausgebeutet zu werden, indem Nacktfotos gegen ihren Willen im Internet verbreitet" werden.

Sollte das Verschicken der Nacktbilder doch zur Strafverfolgung angezeigt werden, müsse die Staatsanwaltschaft prüfen, ob eine Diversion möglich ist – also zum Beispiel eine Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldbuße oder die Leistung von sozialer Arbeit. Eine Diversion ist möglich, sofern sie nicht wegen der Schwere der Tat und der Folgen für das Opfer ausscheidet. Man habe mit der Lösung "sichergestellt, dass die Behörden in jedem Einzelfall prüfen, ob alle Handlungen tatsächlich einvernehmlich waren", betont Zadić. Wenn das zutreffe, "gibt es kein Verfahren". Speziell für diese Thematik sei daher auch das neue Diversionsprogramm „Grenzen setzen im Netz" von Neustart entwickelt worden.

In Österreich ist neben dem Herstellen, Anbieten, Verschaffen, Überlassen, Vorführen oder sonst Zugänglichmachen auch der Besitz von pornografischen Darstellungen Minderjähriger ebenso wie der wissentliche Zugriff auf solche Darstellungen im Internet strafbar. Die Anzeigen im Bereich der Darstellung von sexuellem Missbrauch von Minderjährigen haben sich seit dem Jahr 2013 fast vervierfacht. Waren es 2013 noch 551 angezeigte Straftaten, so wurden im Jahr 2022 bereits 2.061 Delikte erfasst. (ook, 20.9.2023)