Fast übersieht man die Statue im Hafen von Helsingör. Sie steht in der Nähe von Schloss Kronborg, das als Hamlet-Residenz vermarktet wird. Ein nackter, antiker Hero kämpft da mit seinem Schwert gegen eine Schlange mit vielen Köpfen. "Herkules und Hydra" nennt sich die Skulptur des dänischen Bildhauers Rudolph Tegner (1873–1950). Der martialische Held sollte den unverstandenen Künstler symbolisieren, der gegen seine zahlreichen Kritiker kämpft. Das Werk von Nietzsche soll Tegners Skulpturen beeinflusst haben, die, wenn schon keine Übermenschen, so doch Muskelprotze sind: Männer in Heldenposen, durchaus pathetisch.

Die Skulptur
Die Skulptur "Herkules und Hydra" von Rudolph Tegner.
Karin Cerny

In seiner Epoche war Tegner umstritten, er passte nicht zur skandinavischen Bescheidenheit, seine symbolistischen, gigantischen Statuen kamen dafür in Frankreich gut an. Auch wegen seiner erotischen Posen wurde er kritisiert.

Wer in Tegners eigenwillige Welt eintauchen möchte, der besucht am besten das von ihm errichtete Museum in Dronningmølle, einem Ort, der direkt am Meer liegt und mit dem Zug in rund 50 Minuten bequem von Kopenhagen erreichbar ist. Man spaziert vorbei an Ferienhäusern, blühenden Wiesen, an grasenden Schafen und Kühen. Die Landschaft ist idyllisch, kein Wunder, dass Tegner und seine Frau sich in diese einst entlegene Ecke verliebten, die den Namen "Russland" trug.

Das Tegner-Museum ist ein Betonklotz in der dänischen Heide.
Das Tegner-Museum ist ein Betonklotz in der dänischen Heide.
Karin Cerny

Das von Tegner erbaute Museum ist ein kühler Betonbau. Wie ein Komet, der eingeschlagen hat, steht es in der Landschaft. Fürs Museum zahlt man Eintritt, der Spaziergang ist gratis. Heidekraut blüht zwischen Kiefern im hügeligen Skulpturenpark, der Tegners Machos fast ein wenig verloren wirken lässt. Das Museum ist vollgestopft mit Muskelprotzen, nackte Frauen in aufreizenden Posen, süßen Katzen und Eulen. Heroisches Pathos und niedliche Tiere: eine wilde Mischung.

Einige der monumentalen Tegner-Skulpturen verlieren sich in der dänischen Landschaft.
Einige der monumentalen Tegner-Skulpturen verlieren sich in der dänischen Landschaft.
Karin Cerny

Das Museum lädt Kunstschaffende ein, das Werk zu ergänzen, aber auch zu diskutieren. Am überzeugendsten hat der dänische Maler Peter Ravn interveniert. Er wuchs in der Nähe auf, das toxische Männerbild von Tegner beschäftigt ihn seit seiner Kindheit. Ravn malt Männer im Anzug, die verloren wirken, bei denen Verletzlichkeit unter der glatten Oberfläche aufblitzt. Ein schöner Kontrast zu den größenwahnsinnigen Tegner-Typen. (Karin Cerny, 25.9.2023)