Am Montag hat sich in der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) die unabhängige Betriebsratsliste OeNB 2030 in einer eher ungewöhnlichen Form zu Wort gemeldet – und per Flugblatt ihre Ansicht zur Besetzung der Generalratsspitze und zu Zinsfragen kundgetan. Wie berichtet sind die Posten des Präsidenten und Vizepräsidenten des Kontroll- und Beratungsgremiums der OeNB vakant, die Koalitionsregierung konnte sich noch nicht einigen. Die Belegschaftsvertreter sind gegen eine Wiederbestellung von Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer (ÖVP) zum Generalratspräsidenten, orten einen Interessenkonflikt, sei Mahrer als Kammerchef doch "oberster Bankenvertreter". Die Betriebsratsliste fordert zudem "eine Frau (oder divers/nonbinär ...)" für den Posten.

Blick auf das Gebäude der Österreichischen Nationalbank.
Flugblätter flattern selten durch Notenbanken, in Wien taten sie es. Das Direktorium stellt sich hinter die Arbeit von Expräsident Mahrer.
APA/TOBIAS STEINMAURER

Das OeNB-Direktorium unter Gouverneur Robert Holzmann (FPÖ) sagte am Montag auf Anfrage nichts zum Inhalt des Flugblatts, man kenne Selbiges nicht. Im Leitungsgremium haben noch Vizegouverneur Gottfried Haber, Thomas Steiner (beide ÖVP) und Eduard Schock (FPÖ) Sitz und Stimme. Am Dienstag gab das Direktorium dann doch eine Stellungnahme ab und verteidigte auch Mahrer: Es sei Sache der Bundesregierung, die Mitglieder des Präsidiums des Generalrats zu bestellen. Und: "Präsident Mahrer hat die Geschäfte des Generalrats in den vergangenen fünf Jahren aus Sicht des Direktoriums äußerst korrekt und umsichtig geführt."

Abseits der Personalie, die die Regierung bis 2. Oktober (da findet die nächste Generalratssitzung statt) erledigt haben will, schlagen die Belegschaftsvertreter auch vor, die OeNB solle sich im Eurosystem für eine neue Verzinsung der Bankeinlagen bei Zentralbanken einsetzen.

Nullzins für Mindestreserve

Zur Erinnerung: Derzeit wird das Geld, das die Institute bei den Zentralbanken veranlagen mit vier Prozent verzinst; unverzinst bleibt ab 20. September nur die Mindestreserve, ein Prozent ihrer Kundeneinlagen, die Geldhäuser bei den Notenbanken halten müssen. Die Liste OeNB 2030 regt an, die OeNB solle im Eurosystem dafür eintreten, dass der Anteil der unverzinsten Reserven "deutlich angehoben" werde.

Österreichs Banken würden auch bei geringerer Verzinsung noch gut verdienen, argumentieren die Belegschaftsvertreter, die OeNB könnte so ihre sehr hohen Verluste verringern. Die entstehen daraus, dass die 20 Notenbanken im Eurosystem gering verzinste Anleihen in ihren Büchern haben und die Einlagen der Banken weit höher verzinsen – all das eine Folge der Geldpolitik.

Und was sagt das Direktorium zu diesen Ideen aus dem Flugblatt? Für die Geldpolitik sei der EZB-Rat zuständig, in dem Gouverneur Holzmann ad personam stimmberechtigtes Mitglied sei. Und: "Weder Direktorium noch Generalrat und auch nicht eine Betriebsratsfraktion der OeNB haben eine geldpolitische Funktion im Eurosystem."

Die hat eben der EZB-Rat – und bei den Währungshütern sind diese Fragen auch bereits Thema. Sie wollen laut Reuters demnächst beraten, wie sie die Billionen an Überschussliquidität im Bankensystem verringern können, die letztlich auch zu den hohen Zinszahlungen der Notenbanken und deren Verlusten führen. Gedacht sei auch an die Erhöhung der Mindestreserve auf drei oder vier Prozent. Bereits am 26. Oktober könnte die Debatte beginnen, da tagt der EZB-Rat in Athen. (Renate Graber, 20.9.2023)