
Der Vizepräsident des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG), Michael Sachs, dürfte laut STANDARD-Information aus der Vereinigung der Richterinnen und Richter austreten. Brisant ist das deshalb, weil Sachs als Schlüsselfigur im Koalitionsstreit um offene Spitzenposten gilt. Die "Presse" berichtete am Dienstag ebenfalls über den Austritt.
Bisher hat Sachs nicht auf eine Anfrage des STANDARD reagiert. Auch die Richtervereinigung, eine Interessenvertretung, gab keine Auskunft.
Die BVwG-BWB-Blockade
Wie berichtet ist die Spitze des BVwG seit knapp einem Jahr unbesetzt. ÖVP und Grüne können sich seit Monaten nicht auf einen neuen Präsidenten oder eine neue Präsidentin einigen, obwohl es längst den Besetzungsvorschlag einer renommierten Personalkommission gibt. Das Gericht wird deshalb interimistisch von Vizepräsident Sachs geleitet.
Sachs hat sich seinerseits für die Position als Generaldirektor bei der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) beworben und ging aus einem umstrittenen Auswahlverfahren als Erstgereihter hervor. Die Grünen lehnen Sachs jedoch aufgrund seiner ÖVP-nähe ab und zweifeln an dessen fachlicher Qualifikation. Als Konsequenz dürfte die ÖVP wiederum die Nachbesetzung am BVwG blockieren.
Die BVwG-BWB-Blockade gilt als zentrale Baustelle in der Personalpolitik der Regierung. Löst sich die Blockade auf, könnte es auch bei anderen Postenbesetzungen schnell gehen. Offen sind derzeit etwa Nachbesetzungen bei der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) und bei der Datenschutzbehörde.
Kritik wegen fehlerhafter Entscheidungen
Sachs wurde in den letzten Monaten und Jahren immer wieder für mangelhafte Entscheidungen in Asylverfahren kritisiert. Der Jurist zählt zu jenen Richterinnen und Richtern am BVwG, deren Entscheidungen am häufigsten von Verfassungsgerichtshof (VfGH) und Verwaltungsgerichtshof (VwGH) aufgehoben wurden.
In einer parlamentarischen Anfrage wollen die Neos nun wissen, ob die Republik Österreich aufgrund der fehlerhaften Entscheidungen sogar Schadenersatzansprüche gegen Sachs geltend machen könnte. Gerüchte in diese Richtung gibt es schon länger.
Ein derartiger "Regress" an Richterinnen und Richtern ist etwa in sogenannten Amtshaftungsfällen möglich. Treffen Richterinnen oder Richter schuldhaft Entscheidungen, die rechtlich nicht vertretbar sind, können betroffene Bürgerinnen und Bürger vom Staat Schadenersatz verlangen. Der Staat kann sich unter Umständen wiederum bei den Richtern "regressieren".
Auf Anfrage des STANDARD hat sich Sachs bisher nicht dazu geäußert. Auch aus dem Justizministerium gibt es keine Auskunft zu einzelnen Fällen. (japf, fsc, 19.9.2023)