Wohin sich Frauen, die ihre Schwangerschaften beenden wollen, in Vorarlberg ab 2024 wenden können, ist ungewiss. Der einzige Arzt, der die Abbrüche derzeit in Bregenz durchführt, will seit längerem in Pension gehen. Ende des Jahres soll tatsächlich Schluss sein. Und die Landesregierung, die sich des Themas deswegen angenommen hat, hat nach einigem Hin und Her nun doch noch keine fixe Nachfolgelösung gefunden.

Suche nach Übergangslösung

Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) kündigte nach einer Ausschusssitzung im Landtag zum Thema zwar an, dass ab Ende 2024 auf dem Areal des Landeskrankenhauses Bregenz ein Gebäude bereitstehe. Das ehemalige Personalwohnheim muss bis dahin umgebaut werden. Für die Zeit dazwischen suche man derzeit aber noch eine Übergangslösung. "Ich bin zuversichtlich, dass wir diese bald präsentieren können", sagt Rüscher. Sie muss aber auch einräumen, dass sie zum jetzigen Zeitpunkt nicht garantieren kann, dass es eine lückenlose Versorgung in Vorarlberg geben wird.

Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) hatte eigentlich einen Plan, wo und wie Schwangerschaftsabbrüche künftig durchgeführt werden sollen. Sie scheiterte aber an konservativen Kritikern, die auch aus der eigenen Partei kommen.
APA/Stiplovsek

Dabei hätte es eigentlich schon eine Lösung gegeben: Vor wenigen Wochen sagte Rüscher, dass man eine Privatordination innerhalb des Bregenzer Spitals für den Übergang einrichten werde. Das hat offenbar derart viele Emotionen ausgelöst – auch parteiintern –, dass die Landesrätin nun wieder zurückrudern muss. Rüscher betonte immer wieder, dass auch sie dagegen sei, dass Abbrüche eine Spitals- oder gar Kassenleistung werden. Innerhalb der ÖVP dürfte es aber große Sorgen gegeben haben, dass dies vielleicht doch irgendwann passiert, wenn es keine räumliche Trennung mehr gibt. "Die Emotion kommt von allen Seiten", sagt Rüscher zur Frage nach ihren Kritikern.

Große Bühne für Kritiker

Auffallend war in den letzten Tagen allerdings, dass jenen, die das Spital als falschen Ort für Abbrüche sehen, eine große mediale Bühne geboten wurde. Das war einerseits der Diözesanbischof Benno Elbs, der zwar einräumte, sich als Bischof nicht in Aufgaben der Politik einzumischen, andererseits aber das Krankenhaus als Ort für Abbrüche infrage stellte. Anfang der Woche wurde auch den Demonstrantinnen, die mit kleinen weißen Särgen vor dem Krankenhaus still betend gegen die Lösung auftraten, viel Platz in den "Vorarlberger Nachrichten" gegeben. Die Information, dass es sich bei den organisierenden Vereinen teilsweise um christliche Organisationen handelt, die fundamentalistische Züge aufweisen und über beste Verbindungen zu rechtsextremen Gruppen verfügen, fehlte.

Hinter den Kulissen sahen einige in der Berichterstattung gegen eine Spitalslösung keinen Zufall. Schon am Dienstag waren einige Landespolitikerinnen der Meinung, dass Rüscher ihre Position in der ÖVP wohl nicht halten könne – und so kam es dann auch. Neos-Klubobmann Johannes Gasser übt deswegen Kritik: "Wir hätten in Vorarlberg schon längst eine abgesicherte Möglichkeit für Schwangerschaftsabbrüche haben können – nämlich in den Landeskrankenhäusern. Konservative Kräfte im Land wehren sich aber mit Händen und Füßen dagegen. So wird die Umsetzung des sicheren Zugangs für Rüscher zum Spießrutenlauf."

Personal, aber kein Raum

Das Thema Abbrüche ist laut Rüscher zu wichtig, "um wegen einer Übergangslösung die Emotionen so weit aufzuheizen, dass irgendwann eine Lösung per se in Gefahr ist". Deshalb kämen die Spitäler als Ort nun eben nicht mehr infrage, obwohl es laut der Landesrätin die günstigere Variante wäre und die Frauen dort gut aufgehoben wären. Für die Übergangslösung habe sie bereits das Personal, einzig ein Raum müsste noch gefunden werden. Wahrscheinlich ist, dass das Land private Praxisräume anmietet.

Dass die Spitäler ein geeigneter Ort wären, sieht auch Gerald Fleisch, Geschäftsführer der Vorarlberger Krankenhaus-Betriebsgesellschaft, so. Den jetzigen Weg nimmt er zur Kenntnis. Aus seiner Sicht hätte nichts dagegen gesprochen, eine Privatordination in Spitalsräumen anzubieten. "Im Gegenteil, es gibt sogar einige Vorteile", sagt er. In den Spitälern selbst habe es jedenfalls keinen Gegenwind gegeben.

Kirchenaustritt als Folge

Für wie viele Emotionen das Thema Abbrüche in Vorarlberg derzeit sorgt, zeigt auch eine lange Erklärung von Sandra Schoch, der grünen Vizebürgermeisterin von Bregenz und stellvertretenden Landtagspräsidentin. Das Interview mit Bischof Elbs habe sie dazu veranlasst, aus der Kirche auszutreten. "Ich habe dieses Wochenende aufgegeben zu hoffen, dass diese Kirche sich um die Frauen kümmert, ihr Leben sieht, versteht, worum es geht: um Selbstbestimmung, um Menschenrechte", schreibt sie auf Facebook. Für sie sei das ein großer Schritt, Schoch war früher selbst Ministrantin und katholische Jungscharführerin. Dem Posting angehängt ist ein Link, der zum Kirchenaustrittsformular führt. (Lara Hagen, 20.9.2023)