Gespannte Erwartung. Gleich kommt das britische Königspaar.
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Zwei Seelen wohnen ach in der französischen Brust. Man ist zutiefst republikanisch gesinnt und seit der Großen Revolution von 1789 stolz auf das Konzept der "égalité", der Gleichheit aller. Aber wenn ein Königspaar, zumal das britische, Frankreich die Aufwartung macht, dann dringt seine monarchische Vergangenheit wieder an die Oberfläche.

Präsident Emmanuel Macron machte die Kulisse von Schloss Versailles jedenfalls am Mittwochabend zum flamboyanten Höhepunkt des mehrtägigen Frankreich-Besuchs von Charles III. und Königin Camilla. Im Spiegelsaal des einstigen Königssitzes lud er 180 Gäste zu einem Staatsbankett, das den Sonnenkönig vor Neid hätte erblassen lassen. An der 73 Meter langen Tafel, an der jede Gabel millimetergenau platziert war und sich die Spitzenköche in den Gänge ablösten, wurde das Königs- und Präsidentenpaar von Politikern und Künstlern, Intellektuellen und Sportlern flankiert. Mit dabei waren Mick Jagger (80), der von seiner Freundin Melanie Hamrick begleitete Frontmann der Rolling Stones, der Schauspieler Hugh Grant, Bestsellerautor Ken Follett, Fußballer Didier Drogba oder die Schauspielerin Charlotte Gainsbourg, Tochter der kürzlich verstorbenen Franko-Engländerin Jane Birkin.

Mick Jagger and Melanie Hamrick am roten Teppich vor Versailles.
Mick Jagger and Melanie Hamrick auf dem roten Teppich vor Versailles.
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Attraktive Machtfülle

Sogar den britischen Tabloid-Journalisten, die sonst kein gutes Haar an Frankreich lassen, verschlug es ob des geballten Glanzes und Glitters die Sprache. Nicht den französischen Citoyens: Auf den Champs-Élysées in Paris hatten zwar tausende von Zaungästen frenetisch applaudiert, als der Königsgast in der offenen Staatskarosse über die Prachtavenue rollte. Nicht nur die Sozialen Medien erinnerten jedoch daran, dass Frankreich am 21. September 1792 die Monarchie abgeschafft habe. Dieser republikanische Tag verkomme jetzt zu einem "monarchischen Momentum", beklagte der Linksabgeordnete Antoine Léaument. "Ich bin damit nicht einverstanden."

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron redet.
Redner Macron.
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Vor allem Macron bekam sein Fett ab. "Die Briten stehen wenigstens zu ihrer Monarchie", befand die Grüne Cyrielle Chatelain. "Wir haben dagegen einen ambivalenten präsidentiellen Monarchen." Anonyme Stimmen meinten auf X (vormals Twitter): "Wenn wir noch einen Zweifel hatten, ist er jetzt bereinigt: Macron ist ein Monarch mit Machtfülle. Und die Macht verdreht ihm den Kopf." Einer warnte den französischen Staatschef, er solle daran denken, dass die Fahrt über die Champs-Élysées am Concorde-Platz ende. Unnötig zu sagen: Dort hatten die Sansculotten den letzten französischen König vor der Revolution, Ludwig XVI., um einen Kopf kürzer gemacht.

Innerfranzösischen Querelen

Charles III. verfolgte diese innerfranzösischen Querelen, wenn überhaupt, mit britischer Distanz. Im französischen Senat rief er Frankreich und Großbritannien am Donnerstag dazu auf, die Klimakrise und den Kampf für die Artenvielfalt gemeinsam anzugehen. "Ich werde in meiner Amtszeit als König alles dafür tun, die unersetzliche Beziehung zwischen dem Vereinigten Königreich und Frankreich zu stärken“, gelobte der König, teils Englisch, teils Französisch sprechend. Ohne politische Themen zu meiden, betonte er: "Wir stehen gemeinsam in entschlossener Solidarität an der Seite des ukrainischen Volkes." Militärische Aggressionen müssten ebenso bekämpft werden wie die „katastrophale Zerstörung der Natur". Dafür erntete er Standing Ovations. Als letzte Station seines Frankreich-Besuchs wollten Charles und Camilla in Bordeaux einen Biowinzer besuchen. (Stefan Brändle aus Paris, 21.9.2023)