Unterföhring/Wien – "Das Boot" sticht am Samstag ein viertes Mal in See. Wohl auch ein letztes Mal, da Sky Deutschland die fiktionalen Originals mit 2024 einstellt. Neben Nazis, Kunstraub und Verschwörungen sehen wir ab Samstag (23. September) auch eine Gesellschaft in Umbruch. "Die Serie zeichnet ein sehr diffiziles Bild, und das kommt meiner Meinung nach der Realität sehr, sehr nahe", so Regisseur Dennis Gansel im Gespräch mit der APA.

Klaus Hoffmann (gespielt von Rick Okon) kehrt aus Portugal ins Deutsche Reich zurück.
Foto: Sky

"Das Boot" musste schon immer in moralisch trübe Gewässer abtauchen. Die vom Bezahlsender Sky produzierte Serie nahm im Jahr 2018 die Welt und den Titel von Wolfgang Petersens 1981er U-Boot-Kammerspiel und machte daraus eine Geschichte, die ihre eigenen Wege ging: Aus dem Boot raus aufs Land, hinein in eine Gesellschaft, die zwischen Schuld und Widerstand schwankt. Sie erzählte von Deutschen, von Franzosen, von Portugiesen und jetzt italienischen Mafiosi; von Résistance und Compliance, von Kameradschaft und Verrätern. Und sie erzählte im Gegensatz zum Original auch von interessanten Frauen, diesen "unseligen Unglücksbringern" an Bord eines U-Bootes.

Gesellschaft im Wandel

Auch mit der vierten Staffel, die am Samstag bei Sky sozusagen aus dem Hafen läuft, zeichnen die Drehbuchautoren Tony Saint, Colin Teevan und Judith Angerbauer das komplizierte und sehr nuancierte Porträt einer Gesellschaft im Wandel. "Wenn es schwarz-weiß gezeichnet ist, dann nimmt das die neue Generation doch gar nicht ernst, weil es dem menschlichem Leben und dem menschlichen Verhalten gar nicht entspricht", sagt der deutsche Regisseur Gansel. "Mein Großvater hat mir noch von seinem netten Nachbarn im Dorf erzählt, der zur SS gegangen ist. Das war der Bäckermeister, der unfassbare Sachen gemacht hat. Das ist diese Banalität des Bösen. Die aufzuzeigen, ist meiner Meinung nach genau das Richtige."

Die erste Staffel unter der Regie des Österreichers Andreas Prochaska machte Wellen, wurde in mehr als 100 Länder weltweit verkauft. Dass die Serienschöpfer mit ihrem komplexen Kriegstableau von der deutschen Schuld abgelenkt hätten, etwas wofür Petersens Film im deutschen Feuilleton damals kritisiert wurde, denkt Gansel keineswegs. Er hat Filme wie "Die Welle" (2008) und "Napola" (2004) gedreht und ist entschiedener Gegner von Geschichtsklitterung.

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Stoff mit Gegenwind

"Natürlich stößt so ein Stoff auch auf Gegenwind", meint Rosalie Thomass. "Das gehört dazu, aber wenn wir gar nicht von dieser Zeit erzählen, vermeiden wir, dass wir uns mit dieser nur schwer erträglichen Komplexität, auseinandersetzen – und alles ist besser, als das zu vermeiden." Die deutsche Schauspielerin verkörpert Hannie Lessing, eine Frau, die lange Zeit die pflichtbewusste Ehefrau, Tochter und Schwester gespielt hat, aber langsam aus ihrer Ohnmacht erwacht. "Sie will Gutes tun und Waisenkindern helfen, und trotzdem kommt man nicht um den Fakt herum, dass diese Figur in einer Zeit in einem diktatorischen System lebt, das sie nicht offen kritisiert."

In der neuen sechsteiligen Staffel wird der Krieg zum ersten Mal in die Reichshauptstadt Berlin getragen. Wir befinden uns ein halbes Jahr nach Stalingrad im entscheidenden Herbst 1943. Die Alliierten sind schon in Sizilien. Es bröckelt an den Fronten. In dieser Zeit wird vielen klar, dass Deutschland den Krieg verloren hat, und die Menschen reagieren unterschiedlich darauf. Einige hoffen weiter auf den Endsieg. Andere versuchen ihre systemtreuen Schäfchen in Sicherheit nach Brasilien zu bringen. Und dann wächst da in den eigenen Reihen der Kriegsmarine der Widerstand gegen die Nazis und Hitler.

"Es gibt nur Verlierer im Krieg"

Klaus Hoffmann wird als Held gefeiert, versucht aber in Wahrheit auf dem Wasser eine "würdevolle Kapitulation" Deutschlands durchzubringen. "Er ist auf jeden Fall jemand, der sich natürlich schuldig gemacht hat", sagt Hauptdarsteller Rick Okon über seinen Kaleun, "aber er hat einen guten, moralischen Kompass". Seine Figur hat in vier Staffeln viel erlebt. Er wurde vom deutschen U-Boot-Kommandanten, der auf offenem Meer ausgesetzt wurde, zu jemandem, der in eine Verschwörung verwickelt ist, um den Krieg zu beenden. "Es geht darum, das nicht zu vergessen und uns immer wieder vor Augen führen, dass Menschen dazu in der Lage sind", sagt er über die Serie. Denn in Kriegszeiten, so betont auch seine Schauspielkollegin Rosalie Thomass, gibt es keine Gewinner: "Es gibt nur Verlierer im Krieg." (APA, 22.9.2023)