Barbie auf einer pinken Blumenwiese
Barbie-Botox nennt sich der neueste Trend in der Beauty-Medizin. Botulinumtoxin-Injektionen in den Trapezmuskel sollen Hals und Schultern schlanker und graziler machen. Vor allem junge Frauen auf Tiktok sind davon begeistert.
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Der Körper ist für manche – ästhetisch betrachtet – ein echtes Experimentierfeld. Eine kleinere Nase, etwas üppigere Lippen, zahlreiche Falten weniger, und schon wirkt man – vermeintlich – jünger und attraktiver. Der jüngste Trend in diesem Zusammenhang ist das sogenannte Barbie-Botox. Dafür werden links und rechts entlang des Halses jeweils bis zu 50 Botox-Einheiten in den großen Rückenmuskel, den Trapezius, injiziert, was den Muskel lähmt. Anders als im Gesicht – lähmt man dort einen Muskel mit Botulinumtoxin, bewegt er sich einfach nicht mehr, eine Falte verschwindet idealerweise –, atrophiert eine stillgelegte Skelettmuskulatur, das bedeutet, der Muskel baut sich ab. Der Hals wird dadurch länger, die Schultern werden schmäler – und das soll ein jugendlicheres und weiblicheres Aussehen bewirken.

Der Trend ist dabei nicht neu, als sogenanntes Traptox wird die Behandlung schon lange angeboten, vor allem im ostasiatischen Raum ist sie beliebt. Die grazile Optik ist dort auch historisch etabliert. Die Frauen des Padaung-Volks im Südosten von Myanmar etwa sind als "Giraffenfrauen" bekannt, weil sie mit schweren Ringen aus Gold oder Messing von Kindheit an ihren Hals verlängern.

Spätestens seit dem höchst erfolgreichen "Barbie"-Film hat der Trend auch Tiktok erreicht. Gut 13 Millionen Aufrufe hat der Hashtag #BarbieBotox dort bereits, meist junge Frauen teilen ihre Vorher-nachher-Bilder des Treatments. Dabei dürfte der neue Name des Traptox gar nicht von dem Film herrühren. Geprägt hat ihn wohl die 32-jährige Influencerin Isabelle Lux aus dem US-amerikanischen Bundesstaat Florida, ihr Video auf Tiktok wurde an die 100.000-mal gesehen. Im Gespräch mit CNN erzählte sie, dass sie für ihre Hochzeit schmalere Schultern wollte und dann feststellte, dass man dadurch wie eine Barbie aussehe.

Instagram-Video von Influencerin Isabelle Lux, bei dem sie ihr Barbie-Botox herzeigt
US-Influencerin Isabelle Lux (32) dürfte den Begriff Barbie-Botox berühmt gemacht haben. Ihr Tiktok-Video davon (das es auch auf Instagram gibt) ist viral gegangen.

Eingriff in Beweglichkeit

Bei den Beauty-Docs wird der Trend sehr unterschiedlich aufgenommen. Während manche regelrecht Werbung dafür machen und die so kreierte zierliche, feminine Silhouette beschwören, sehen andere den Trend äußerst kritisch. "Mit so einem Eingriff wird die Muskelfunktion beeinträchtigt. Spritze ich Botox in die Stirn, verändere ich nichts an der Funktionalität. Aber der Trapezmuskel ist enorm wichtig für die Funktion der Schulter. Wollen wir wirklich für die Ästhetik die Funktionalität des Körpers schwächen? Als plastischer Chirurg muss ich mir sehr gut überlegen, ob so ein Eingriff die ästhetische Veränderung wert ist", kritisiert der plastische und ästhetische Chirurg Rolf Bartsch. Er bietet das Treatment deshalb in seiner Ordination nicht an.

Eine bekannte Komplikation, die sehr häufig auftritt, gibt es bei dem Treatment per se nicht. Die Stabilität des Nackens wird von mehreren unterschiedlichen Muskeln gewährleistet. Aber Bartsch betont: "Der Muskel baut sich durch die Lähmung ab, womöglich auch asymmetrisch. Wir wissen, dass bereits kleine Veränderungen an der Stützmuskulatur massive Beschwerden bewirken können. Man kann das Muskel- und Skelettsystem nicht isoliert betrachten, eine Veränderung an der Schulter kann beispielsweise Probleme in der Hüfte oder im Knie auslösen. Will man das wirklich in Kauf nehmen?"

Für ihn ist es Aufgabe einer modernen ästhetischen Medizin, dass jede Funktion erhalten bleibt oder sogar verbessert wird, etwa durch ein frischeres Aussehen. "Alles andere ist in Wirklichkeit Geschäftemacherei."

Medizinische Indikation

Anders sieht es bei einer medizinischen Indikation aus. Tatsächlich hat sich das Traptox als Behandlung für Migräne-Betroffene etabliert, so sollen Verspannungen und Spasmen im Nacken gelöst werden. Unter dieser Voraussetzung führt die ästhetische Dermatologin Kerstin Ortlechner die Behandlung durch. Sie hat außerdem einige Transgenderpatienten, die das Treatment für einen grazileren Hals anwenden. Sie stellt dazu aber klar: "Bei solchen Trends oder Hypes muss man immer besonders vorsichtig sein und unbedingt Rücksprache mit dem eigenen Arzt oder der Ärztin halten."

Ohnehin ist das Treatment nicht ganz billig. Da so viel Botulinumtoxin nötig ist, belaufen sich die Kosten im Normalfall auf 1.000 bis 1.500 Euro. Das Ergebnis hält auch nur sechs bis neun Monate an. Man sollte sich so eine Behandlung also aus mehreren Gründen doppelt überlegen. (Pia Kruckenhauser, 23.9.2023)