Ein Roboter, der Zeitung liest
Dieses Bild wurde mit der KI Midjourney erstellt. Der Prompt lautete: "illustration of a friendly looking robot, presenting newspapers, looking at the camera. --ar 3:2"
Midjourney/Der Standard

Liebe Mitmenschen,

während der AI Act der Europäischen Union noch auf sich warten lässt, hat Österreich vergangene Woche einen großen Schritt gemacht: Am Donnerstag präsentierte Digitalisierungs-Staatssekretär Florian Tursky (ÖVP) mehrere Maßnahmen zum Umgang mit künstlicher Intelligenz, wie etwa die Einrichtung einer KI-Servicestelle, eine Kennzeichnungspflicht für KI-Systeme sowie einen KI-Monitor. Außerdem wird die im Sommer 2021 präsentierte KI-Strategie überarbeitet und die Kompetenzbildung in der Gesellschaft mittels niederschwellig zugänglicher Workshops gestärkt. So bereitet sich Österreich nicht nur auf den kommenden AI Act vor, sondern stellt bereits vor dessen Inkrafttreten die Weichen für den Umgang mit dieser Technologie.

Gut so – wie auch diverse Interessenverbände noch am gleichen Tag bekräftigten. So begrüßt die Internetoffensive Österreich den Startschuss für eine KI-Servicestelle und betont, dass durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz und digitaler Transformation die Wirtschaftsleistung für Österreich bis 2030 um 100 Milliarden Euro steigen könnte. Aufklärung in der Bevölkerung und der Wirtschaft sei dabei aber nachhaltiger als Regulierung und Strafen. Gefordert seien zudem ethische Leitlinien. Beim Verband der Internet Service Provider (ISPA) befürwortet man das Maßnahmenpaket ebenfalls, sieht aber die Kostenfrage bei der besagten KI-Servicestelle noch ungeklärt und mahnt, dass die Regierung überdies die Umsetzung des Data Governance Acts der EU und die Verhandlungen zum Data Act nicht außer Acht lassen darf.

Und auch bei der Arbeiterkammer Wien heißt man die Einrichtung der Servicestelle ebenso wie die Kennzeichnungspflicht von KI-Systemen gut, spricht aber auch die Sorgen der Menschen an: "Für die Arbeiterkammer ist es wichtig, dass die geplante Überarbeitung der KI-Strategie im Sinne der Beschäftigten für mehr Arbeitszufriedenheit, höhere Arbeitsplatzqualität und Arbeitsproduktivität entwickelt wird", wird Fridolin Herkommer, Leiter des Büros für Digitale Agenden der AK Wien, in einer Aussendung zitiert. Auch betriebliche Mitbestimmung sowie betriebliche Aus- und Weiterbildung sollten aus Sicht der AK Wien in der Strategie verankert sein.

Sorgen um Jobs und Umsatz

Mit diesen Bedenken sind die Arbeitnehmervertreter nicht allein – denn auch die Manager sorgen sich: Jede zweite Führungskraft glaubt aktuell, dass KI zumindest einen Teil ihrer Arbeit übernehmen könne. In einem Gastbeitrag im STANDARD erläuterte der Rechtsanwalt Andreas Tinhofer, wie KI bei Jobbewerbungen diskriminiert und wie der AI Act dem entgegenwirken soll.

Doch nicht nur Angestellte, auch Selbständige gehen zunehmend auf die Barrikaden. Und hier vor allem die Autorinnen und Autoren. So klagten diese nun den ChatGPT-Entwickler Open AI wegen Urheberrechtsverletzung, auf Amazon werden von KIs verfasste – und qualitativ schlechte – Reiseführer und Kochbücher zum Problem. Hier muss für Kulturschaffende ein fairer Umgang geschaffen werden, schreibt mein Kollege Michael Wurmitzer in einem Kommentar.

Tech-Konzerne schießen aus allen Rohren

Das alles hindert die Tech-Unternehmen freilich nicht daran, auch diese Woche im Wettlauf um die KI-Pioniergewinne aus allen Rohren zu schießen. Dazu gehört auch Amazon, das seinen Smart Assistant Alexa künftig mit Large Language Models (LLMs) im Stil von ChatGPT aufwertet. Google stellte neue KI-Tools für Youtuber vor, während am gleichen Abend Microsoft verkündete, seinen "KI-Copiloten" mit einem kommenden Update fest in Windows 11 zu verankern. In China zeichnete Huawei diese Woche neue Visionen von der KI-Zukunft, Tiktok hingegen will KI-Inhalte und -Filter kennzeichnen.

Außerdem veröffentlichte Google ein Upgrade zu seinem ChatGPT-Konkurrenten Bard und dürfte wohl bald seinen GPT-4-Konkurrenten Gemini vorstellen. Apropos, was macht eigentlich OpenAI? Die haben mit Dall-E 3 einen Bildgenerator vorgestellt, der direkt in ChatGPT verwendet werden kann. Liebes Midjourey, liebes Adobe: Nun seid ihr wieder am Zug, uns mit Innovationen in der Bildgenerierung zu überraschen.

Eine KI-Autorin für "Express.de"

Schwenk zurück zu dieser Seite des Atlantiks: Bewegung gibt es schließlich auch in der europäischen Medienbranche. Und das nicht nur, weil sich Ex-ORF-Chef Alexander Wrabetz, APA-Chef Clemens Pig und Digitalexperte Sascha Lobo auf den Medientagen zu diesem Thema geäußert haben. Für Aufregung sorgte auch die äußerst produktive Autorin Klara Indernach, die für das Kölner Boulevardmedium "Express.de" schreibt. Ihr Kürzel: KI. Weil sie kein Mensch, sondern eine Software ist, wie ein Klick auf ihr Autorinnenprofil offenbart.

Bleiben Sie menschlich, und bleiben Sie uns gewogen.

Herzlichst,

Stefan Mey, Ressortleiter Web