Gelbe Trauben an einem Rebstock
Fünf Tonnen Weintrauben wurden von Grinzinger Weinbergen gestohlen.
Heribert Corn

Und dann fehlten fünf Tonnen Weintrauben. Was wirklich geschehen ist, vor rund drei Wochen auf dem Wiener Nussberg und auf dem Reisenberg in Wien-Döbling, das kann heute niemand sagen. Faktum ist, dass vor Beginn der Weinlese – der genaue Zeitpunkt lässt sich mangels Zeuginnen und Zeugen nicht bestimmen – in zwei eher abgelegenen Weingärten über Nacht tausende Kilo Trauben geerntet und abtransportiert wurden – von wem, ist nicht bekannt. Jedenfalls nicht von den Weingartenbesitzern und ihren Helfern.

Betroffen von den Diebstählen sind das Weingut Cobenzl, das der Stadt Wien gehört, und Winzer Fritz Wieninger.

Süße Trauben

Ihm seien rund 400 bis 500 Kilo Trauben gestohlen worden, erzählt Wieninger auf Anfrage. Und ganz so leicht könne der Diebstahl nicht gewesen sein, sei der Weingarten doch mit einem Netz überzogen gewesen. Das sei aufgeschnitten worden, in der Folge seien vier Zeilen komplett abgeerntet worden, so Wieninger. Draufgekommen sei man erst, als er und seine Leute selbst mit der Lese begonnen hätten.

Was genau fehlt? Weintrauben von frühreifen Sorten, aus denen man Blütenmuskateller machen kann, "Trauben, die gut schmecken", also auch, wenn man sie isst. Dass Weintrauben von Unberechtigten geerntet werden, komme immer wieder einmal vor, Spaziergänger etwa würden sich die eine oder andere Traube abknapsen – aber ein derartiger Diebstahl sei in der Gegend noch nie vorgekommen, erzählt der Winzer.

Er geht davon aus, dass da eine größere Bande am Lesewerk gewesen ist, denn: "Das ist nicht Naschen, das ist kommerzielles Vorgehen." Um 5000 Kilo Trauben zu ernten, brauche ein Trupp von acht Leuten um die vier, fünf Stunden, rechnet er vor. Der Obmann der Wiener Weinbauern, Norbert Walter, bestätigt das, das müsse "eine organisierte Geschichte" gewesen sein. Man habe ein Rundschreiben an die Winzer ausgeschickt, in dem von dem Vorfall berichtet und gewarnt wurde. Zudem wurden die Diebstähle bei der Polizei angezeigt.

Wiener Dolmades

Auch Elmar Feigl von der Landwirtschaftskammer Wien, zuständig für den Fachbereich Obst und Wein, geht von einem in Wien nie dagewesenen Vorfall aus. Wobei im Frühjahr immer wieder einmal Weinblätter abhandenkämen, wie er beklagt. Sie werden gestohlen, um irgendwann als gefüllte Weinblätter verwertet zu werden, wenn auch nicht als griechische.

Viel schlimmer als das Weingut Wieninger hat es freilich das Weingut Cobenzl erwischt. Dort wurde rund ein halber Hektar Weingarten abgeerntet, um die 4500 Kilo sollen verschwunden sein, auch von diesen Trauben fehlt jede Spur. Das Weingut Cobenzl gehört seit 110 Jahren der Stadt Wien, zu ihm gehören rund 60 Hektar Weingärten in Grinzing, auf dem Nussberg und dem Bisamberg. Die Stadt sagt zum Traubendiebstahl allerdings nichts, ihre Sprecher haben auf Anfrage des STANDARD nicht reagiert.

Offen bleibt daher auch die Frage, ob künftig wieder Weinhüter eingesetzt werden: Sie haben in früheren Zeiten die Weingärten bewacht, sobald die Trauben reif waren. (Renate Graber, 23.9.2023)