Die Vorzeichen sind freilich klar, "die Regierung hat versagt im Kampf gegen die Teuerung". Die konkrete Forderung der Gewerkschaft Pro-Ge will ihr Vorsitzender Reinhold Binder vor Beginn der Metaller-KV-Verhandlung trotz mehrfachen Nachfragens von Marie-Claire Zimmermann in der "ZiB 2" nicht nennen, im Vorfeld wünschte er sich einen zweistelligen Abschluss. "Wollen Sie eher zehn oder wollen Sie eher 13 Prozent", schlägt Zimmermann einen Rahmen vor. Eine Zahl lässt er sich nicht entlocken, er erwähnt an dieser Stelle die 9,6 Prozent rollierende Inflation der letzten Monate. Und er macht auf "eklatante Gewinne" aufmerksam, bei den Gewinnausschüttungen sei keine Zurückhaltung spürbar gewesen, auch die Managerboni hätten sich erhöht.

Seine Worte unterstreicht er immer wieder mit seiner Körpersprache, mal reichte eine geballte Faust, um den Kampfeswillen der Gewerkschaft zu unterstreichen. Es kommen aber auch beide Fäuste zum Einsatz. Halleluja. "Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer brauchen starke Lohn- und Gehaltserhöhungen wie einen Bissen Brot", macht er auf die Dringlichkeit höherer Löhne aufmerksam.

ZIB 2: PRO-GE-Vorsitzender zu Metaller-Verhandlungen
PRO-GE-Vorsitzender Reinhold Binder spricht zu den anstehenden KV-Verhandlungen der Metaller.
ORF

Ob denn tatsächlich alles über Löhne und Gehälter auszugleichen sei, was die Teuerung betrifft, will Zimmermann wissen, die Regierung habe ja auch Maßnahmen wie Energiepreisbremsen, Klimabonus, Teuerungsbonus ergriffen. Gibt es also nicht auch andere Wege? Hier dreht Binder den Spieß um: "Die Regierung hat versagt." Diese Einmaleffekte hätten "keine Wirkung gehabt, sonst hätten wir nicht so eine hohe rollierende Inflation".

Die hohen Energiekosten seien nicht nur eine große Herausforderung für Unternehmen, sondern "in erster Linie auch für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer", sagt Binder und fordert von der Regierung, "endlich Maßnahmen zu setzen". Den Mietpreisdeckel vergleich er mit einem Nudelsieb, der werde den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nicht helfen.

Zimmermann versucht es mit der Argumentation aus Sicht der Unternehmen: "hohe Energiekosten, hohe Rohstoffkosten, hohe Personalkosten". Und wenn jetzt noch ein hoher Lohnabschluss komme, "steigen die Kosten noch mehr". Binder hält dagegen und argumentiert mit der Exportrate, "das hat natürlich jemand gemacht, nämlich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, und dieser Fleiß gehört jetzt abgegolten".

Gewerkschafter Reinhold Binder in der
Kampfbereiter Gewerkschafter Reinhold Binder in der "ZiB 2" bei Marie-Claire Zimmermann.
Screenshot, TVthek.orf.at

Dass sich hohe Lohnabschlüsse auch auf die Inflation niederschlagen, dessen sei er sich "absolut" bewusst. Aber: Die Lebensmittelkosten seien um 25 Prozent gestiegen, die Mieten um 20 Prozent, rechnet er vor. "Ein durchschnittlicher Haushalt muss bis zu 500 Euro mehr im Monat bezahlen, und hier ist es notwendig und wichtig, die Arbeitnehmerin und den Arbeitnehmer nicht hinten anzustellen." Weil: Es gehe auch um die Kaufkraft, die man sichern muss in Österreich. Das sei ein wesentlicher Punkt bei den Kollektivverhandlungen.

Dann spricht er noch – ganz im kampfbereiten Gewerkschaftermodus – über Profite, über "die Profitgier", von Gewinnen und den Ausschüttungen an die Eigentümer und davon, "dass nun die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch ihren Anteil bekommen". Und wann der Punkt für ihn gekommen sei, dass das Druckmittel Streik zum Einsatz kommt? "Wir werden natürlich, wenn es notwendig ist, die Beschäftigten miteinbeziehen, denn die 20.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind jene, die betroffen sind", anwortet er, ohne darauf näher einzugehen, wann genau das für ihn sein würde.

Ob er den Satz unterschreiben würde, das es ohne Streik nicht gehen wird, fragt Zimmermann nach. "Es wird auch um den Respekt gegenüber den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gehen, wenn die Arbeitgeber uns den Respekt auf dem Verhandlungstisch zollen, dann wird es ohne Kampfmaßnahmen gehen. Wen wir merken, dass der Respekt nicht gegeben ist, dann werden Kampfmaßnahmen eingeleitet." (Astrid Ebenführer, 25.9.2023)