Meereis in Antarktis
Das Meereis in der Antarktis ist 2023 besonders stark zurückgegangen.
AP/Ted Scambos//National Snow and Ice Data Center

Das heiße Jahr 2023 wartet mit einem weiteren Negativrekord auf: Die US-Weltraumorganisation Nasa verzeichnet in der Antarktis die geringste Ausdehnung des Meereises seit Beginn der Aufzeichnungen. Bereits während des Sommers auf der Südhalbkugel, im Februar und März, wurde über Tiefststände in Sachen Meereisbedeckung berichtet.

Passend zum überdurchschnittlich warmen El-Niño-Jahr, das auch die 1,5-Grad-Marke übertreffen könnte, sprach die Nasa von einer besonders geringen Ausdehnung 2023, auch jetzt im September, wenn normalerweise die maximale Eisbedeckung erreicht wird.

Die Grafiken zeigen, in welchem Ausmaß es in diesem Jahr an winterlichem Meereis im Vergleich zum üblichen Durchschnitt fehlt.

So wurde in diesem Jahr Satellitenaufnahmen zufolge die flächenmäßig größte Eisbedeckung mit 16,96 Millionen Quadratkilometern vermutlich am 10. September erreicht. Das ist der niedrigste Wert für diese sogenannte maximale Ausdehnung seit 45 Jahren. Zum Vergleich: Der Durchschnittswert für die Jahre 1981 bis 2010 liegt bei 18,71 Millionen Quadratkilometern.

Unklare Gründe

Die Ausdehnung liege in diesem Jahr also mehr als eine Million Quadratkilometer unter dem bisherigen Rekordtief von 1986, teilte das US-amerikanische National Snow and Ice Data Center (NSIDC) an der Universität von Colorado in Boulder mit. Es arbeitet mit der Nasa zusammen.

Die aktuellen Messungen seien vorläufig und könnten noch revidiert werden, teilten Nasa und das NSIDC weiter mit. Ausschlaggebend dafür seien anhaltende Winterbedingungen, die die Ausdehnung des Eises noch weiter vergrößern könnten, so das NSIDC. Anfang Oktober soll demnach die endgültige Analyse veröffentlicht werden.

Sowohl NSIDC als auch die Nasa nennen keinen Grund für die geringe Ausdehnung. Fachleuten zufolge ist unklar, ob dies hauptsächlich auf den menschengemachten Klimawandel zurückzuführen ist oder eher auf natürliche Variabilität.

Chance durch Klimaschutz

Das Alfred-Wegener-Institut schrieb kürzlich, es seien bereits früher zum Teil erhebliche Abweichungen vom langjährigen Durchschnitt beobachtet worden. Im Vergleich zur Arktis weise das antarktische Meer eine größere Schwankungsbreite an maximaler und minimaler Ausdehnung auf, was größtenteils auf geografische Unterschiede zwischen den beiden Regionen zurückzuführen sei. Dennoch sei die derzeit geringe Ausdehnung des antarktischen Meereises ungewöhnlich.

Eine kürzlich veröffentlichte Studie zeigte, dass ein Kipppunkt im Klimasystem der Antarktis anscheinend noch nicht überschritten wurde. Das noch nicht destabilisierte System biete die Chance, dieses "Risiko durch ehrgeizige Klimaschutzmaßnahmen zumindest teilweise zu mindern", sagte Eisforscherin Ricarda Winkelmann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Das Zeitfenster dafür wird jedoch immer enger. Bei einer Erderwärmung um mehr als 1,8 Grad könne das polare Eis teilweise irreversibel wegschmelzen und längerfristig für einen um 1,4 Meter erhöhten Meeresspiegel sorgen. (APA, red, 26.9.2023)