Im Moment ist Papst Franziskus reiselustig wie schon lange nicht mehr: Eben erst kehrte er von einem Kurzbesuch in der französischen Hafenstadt Marseille zurück, Anfang September war er sogar für vier Tage in die ferne Mongolei gereist. Aber sein Alter und seine Gesundheit machen dem Heiligen Vater immer mehr zu schaffen: Im Juni musste er sich in der Römer Gemelli-Klinik einer Darmoperation unterziehen, nachdem er bereits kurz vor Ostern wegen einer Lungenentzündung und einer Bronchitis das Krankenhausbett hüten musste. Am 17. Dezember wird er sein 87. Altersjahr vollenden: Seit 1896, also seit 127 Jahren, hat kein Papst mehr ein solches Alter im Amt erreicht. Johannes Paul II. war 2005 im 85. Lebensjahr gestorben, Benedikt XVI. war 2013 mit nicht ganz 86 Jahren als Papst zurückgetreten.

Ein halber Papst und sein Schatten.
Papst Franziskus stellt die Weichen für seine Nachfolge.
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Im Alter von Franziskus gewinnen Kardinalsernennungen daher unweigerlich an Bedeutung: Diejenigen Purpurträger, die dann weniger als 80 Jahre alt sind, werden beim nächsten Konklave in der Sixtinischen Kapelle seinen Nachfolger wählen. Heute Samstag wird der Papst bei einer feierlichen Zeremonie weiteren 21 Prälaten den Ring und die rote Kopfbedeckung, das Birett, übergeben. 18 von ihnen wären derzeit wahlberechtigt. Es handelt sich bereits um das neunte Konsistorium (wie die Kardinalsernennungen im Vatikan genannt werden) in der inzwischen über zehnjährigen Amtszeit von Franziskus. Von den insgesamt 137 Kardinälen, die im Konklave derzeit wahlberechtigt wären, sind 99 vom aktuellen Papst ernannt worden – also von Prälaten, die, nicht alle, aber die meisten – tendenziell ähnliche Vorstellungen von der katholischen Kirche haben wie Franziskus.

Weniger Europäer

Der "Papst vom anderen Ende der Welt", wie sich der Argentinier Jorge Maria Bergoglio nach seiner Wahl 2013 genannt hatte, machte das Kardinalskollegium deutlich internationaler: Beim letzten Konklave stellten die Europäer noch 52 Prozent der wahlberechtigten Kardinäle, heute wären es noch 39 Prozent. Der Anteil der Lateinamerikaner stieg von 16 auf 18 Prozent, jener der Afrikaner von neun auf 13 Prozent. Die Purpurträger aus Asien verdoppelten ihr Gewicht sogar von neun auf 18 Prozent. Auch beim heutigen Konsistorium bleibt Papst Franziskus seiner Devise, den Einfluss der "Peripherie" in der katholischen Weltkirche zu vergrößern, treu: Erneut ernennt er mehr Nicht-Europäer als Europäer. Die Deutschen gehen ein weiteres Mal leer aus, ebenso die Österreicher; der einzige neu ernannte deutschsprachige Kardinal ist der Schweizer Erzbischof Emil Paul Tscherrig, ein Vatikan-Diplomat.

Trotz der erdrückenden Übermacht der "Bergoglio-Kardinäle" im nächsten Konklave ist es aber nicht ausgemacht, dass der Nachfolger von Franziskus dessen Kurs einfach weiterführen wird. Franziskus steht für eine offene, dialogbereite und sozial- und umweltpolitische engagierte Kirche – aber er hat in den zehn Jahren seiner Amtszeit auch etliche Kardinäle, die er selbst ernannte, enttäuscht: Den Progressiven unter ihnen gingen seine Reformen zu wenig weit, die Konservativen dagegen irritierte er mit seinen, vermeintlichen, Öffnungen bezüglich wiederverheirateten Geschiedenen, der Lockerungen des Zölibats und der Besserstellung von Frauen und Laien in der Kirche. Den Traditionalisten wird es zwar kaum gelingen, im nächsten Konklave einen der Ihren durchzuboxen, aber es ist durchaus nicht auszuschließen, dass der nächste Papst wieder etwas konservativer sein wird als der aktuelle.

Knackpunkt Kinderschutz

Am Mittwoch wird auf dem Petersplatz die erste gemeinsame Messe mit den neuen und alten Kardinälen unter dem Vorsitz des Papstes stattfinden. Es ist zugleich der Eröffnungsgottesdienst für eine vierwöchige Weltsynode im Vatikan. Auch an dem bevorstehenden Treffen der Bischöfe aus aller Welt kann Papst Franziskus versuchen, die Weichen für die Zeit nach seinem Pontifikat zu stellen: Das Instrumentum Laboris, das Arbeitsdokument, das den Diskussionen zugrunde liegen wird, enthält fast alle heißen Themen, die die Amtszeit von Franziskus geprägt haben: die künftige Rolle der Frauen in der Kirche, der Zölibat und der Umgang mit Menschen, die sich als LGBTIQ definieren.

Auch der sexuelle Missbrauch soll thematisiert werden, fordert der Leiter der vatikanischen Kinderschutzkommission, der US-Kardinal Sean O'Malley. Auch zehn Jahre nach der Einrichtung der Kommission und zahlreicher Initiativen im Bereich Kinderschutz ortet O'Malley in der Kirche nach wie vor einen "inakzeptablen Widerstand" und einen "skandalösen Mangel an Entschlossenheit" im Bereich Kinderschutz. (Dominik Straub aus Rom, 29.9.2023)