"Witze" über Holocaust und Adolf Hitler, über Massenmörder wie Anders Breivik, über ertrunkene Flüchtlingskinder und Menschen mit Behinderung, Fantasien über die Beantwortung von Asylanträgen mit Artillerie, über Vergewaltigung und Leichenschändung: TV-Satiriker Jan Böhmermann zitierte Freitagabend im "ZDF Magazin Royale" ausführlich aus einer 2018 aufgeflogenen Chatgruppe von Polizisten in Frankfurt. Josef Fritzl findet sich ebenfalls in einem der in der Gruppe verbreiten Memes.

"So widerwärtig, da dreht sich einem der Magen um"

Zusammen mit der Informationsfreiheitsinitiative Frag den Staat publiziert die ZDF-Show die Nachrichten und Memes auf der nach der Chatgruppe benannten Seite "Itiotentreff.Chat". Die Seite verlangt eine Altersangabe und warnt eindringlich vor den Inhalten, die Rekonstruktion der Chats und Memes ist teilweise abgedeckt. Im TV-Magazin wurden einige der Memes ebenfalls teilweise abgedeckt und nur beschrieben. Schon das reichte, um den Befund eines Ermittlers zu den Chats zu bestätigen: "Das ist so widerwärtig, da dreht sich einem der Magen um."

211 strafrechtlich relevante Nachrichten

Unter den mehr als 1600 Nachrichten aus nur einem Jahr fand das hessische Landeskriminalamt 211 Nachrichten mit strafrechtlicher Relevanz, zitiert das "ZDF Magazin Royale". Etwa: 94 mal Volksverhetzung, 39 mal die Verbreitung von terroristischen und verfassungswidriger Kennzeichen wie dem Hakenkreuz, 16 mal Verunglimpfung eines Verstorbenen und 13 mal verherrlichende Darstellung von unmenschlicher Gewalt. Wegen rund 100 Straftaten erhob die Staatsanwaltschaft Frankfurt im Januar 2022 schließlich Anklage gegen sechs Chatmitglieder, die sich besonders aktiv beteiligt hatten.

Jan Böhmermann publiziert rechtsextreme Polizeichats - auch als Adolf Hitler verkleidet.
Jan Böhmermann publiziert rechtsextreme Polizeichats - als Polizist und als Adolf Hitler verkleidet.
ZDF Magazin Royale Screenshot

Satire und Kunstfreiheit

Böhmermann zitiert aus der Entscheidung des Landgerichtes Frankfurt, das eine Anklage abgelehnt habe. Begründung: Die Chatinhalte seien nicht veröffentlicht worden. Zudem sei ein Teil davon durch Meinungsfreiheit, als Satire und damit durch Kunstfreiheit gedeckt. Die chattenden Polizisten seien suspendiert, aber weiterhin auf der Payroll der Polizei, berichtete Böhmermann - und vermisste mit gewohnt drastischen Worten Konsequenzen, auch in anderen Fällen.

Die Recherche wird das "ZDF Magazin Royale" auch kommende Woche beschäftigen. (fid, 30.9.2023)