In eine Staubfläche wurden per Laser dreischenklige Formen gebrannt, die als Pflastersteine fungieren können.
Ein Pflasterstein für den Mond: Das Forschungsteam nutzte die Hitze und Präzision eines Lasers, um aus feinem Staub feste Elemente zu machen.
Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM)

Schon in wenigen Jahren werden wieder Menschen auf dem Mond landen. Und es soll Infrastruktur für längere Aufenthalte gebaut werden, was seine ganz eigenen Probleme mit sich bringt. Eines davon heißt Regolith. Das ist der feine Staub, der die Oberfläche des Mondes bedeckt. Durch die geringe Gravitation auf dem Erdtrabanten wird er schnell auf- und herumgewirbelt, was herausfordernd ist für Mondlander und andere Geräte, die auf Sand im Getriebe verzichten sollten. "Regolith ist fein, scharfkantig und leicht magnetisch", sagte Weltraumarchitektin Barbara Imhof kürzlich im STANDARD-Gespräch, doch der Staub sei "auch formbar und klebt zusammen, nachdem man ihn angeschmolzen hat".

Genau dies macht sich Imhof von der Wiener Weltraum-Architekturplattform Liquifer mit Kolleginnen und Kollegen zunutze. Sie veröffentlichten im Fachjournal "Scientific Reports" eine Forschungsarbeit über potenzielle Pflastersteine für den Mond, die aus Regolith hergestellt werden können. Dabei nutzte das internationale Forschungsteam auf der Erde Laserstrahlen, auf dem Mond könne aber auch Sonnenlicht konzentriert werden und die Steine produzieren.

Weil Mondstaub mühsam zu beschaffen ist, arbeitete die Gruppe bei den Experimenten zur Proof-of-Concept-Studie mit einer Alternative. Diese wird als "EAC-1A" bezeichnet und ist ein von der Europäischen Weltraumagentur Esa entwickeltes, feinkörniges Simulationsmaterial für Mondstaub. Es stehe aber noch einiges an Entwicklungsarbeit an, bevor man den Ansatz auf den Mond bringen könne, betonten Liquifer-Co-Gründerin Imhof und Geschäftsführer René Waclavicek gegenüber der APA.

Schreiben wie mit dickem Filzstift

Auch die geringere Schwerkraft auf dem Mond müsse man noch besser einkalkulieren können. Befestigte Straßen und Raketenlandeplätze würden Missionen auf dem Mond sicherer machen. Die Umsetzung derartiger Infrastrukturprojekte würde aber nur kosteneffizient sein, wenn Sonnenenergie als Energiequelle sowie das Material an Ort und Stelle genutzt würden.

Gerendertes Bild der Mondoberfläche mit einem Landeplatz, auf dem ein Mondlander steht, im Vordergrund arbeitet ein Astronaut in Esa-Raumanzug, im Hintergrund ist der Blick frei auf den weit entfernten Planeten Erde
Zukunftsvision: Auf dem Mond könnten mit den speziell geformten Pflastersteinen Straßen und Landeplätze angelegt werden.
Liquifer Systems Group

In der aktuellen Studie ersetzte ein CO2-Laser das Sonnenlicht, mit dessen Hilfe das Material geschmolzen wurde. Durch die Beweglichkeit des Lasers konnte formgebend gesintert werden. So ließen sich die ineinandergreifenden, dreieckig anmutenden Pflastersteine einlagig in einer Größe von jeweils 25 mal 25 Zentimetern – bei einer Höhe von 1,5 Zentimetern – produzieren. Liquifer entwickelte in diesem Projekt alle Geometrien für die Pflastersteine im Austausch mit den beteiligten Materialwissenschafterinnen und Ingenieuren.

"Wir haben versucht, eine Form zu finden, die gute Verschränkungseigenschaften hat, sodass sich die Steine bei einer großen Belastung durch die Fahrzeuge oder die Raketenlandung nicht verschieben", erklärte Waclavicek. Zudem sei ein "dicker Laserstrahl" mit einem kreisrunden Laserpunkt von bis zu zehn Zentimetern Durchmesser verwendet worden, "mit dem man in etwa so zeichnen kann wie mit einem dicken Filzstift – daher haben wir auch nur abgerundete Ecken". Eine Herausforderung beim Lasern seien etwa die thermischen Spannungen gewesen, "die sich zwischen den sehr heißen und kalten Bereichen während des Druckens beziehungsweise Abkühlens ergeben", diese könnten zur Sprödheit und zum Springen des Materials führen. "Zum Schluss hat man aber ein sehr robustes Material", sagt der Experte. Zum Drucken der Komponenten wurde der Laser auf einer fahrbaren Konstruktion mittels Spiegeln umgelenkt.

Leichter Drucker für den Mond

"Die Idee ist, auch einmal mehrere Lagen dieser Komponenten übereinander zu drucken", sagt Imhof. Dabei werde wie bei einem 3D-Druck versucht, eine Lage herzustellen und nach Aufbringen einer weiteren Lage Sand die obere mit der unteren zu verbacken – "so geht man in die Höhe". Auf diese Weise könnten auch einmal mehrschichtige Ziegel, etwa als Bausteine für bewohnbare Habitate auf dem Mond, gedruckt werden.

Regolight Sintering Regolith with Solar Light
LIQUIFER

Doch einen mehr als eine Tonne wiegenden Laser auf den Mond zu bringen wäre mühsam und kaum rentabel. Daher tüfteln die Fachleute weiter an einem Laser- und Druckergerät, das das Sonnenlicht auf dem Mond bündelt und so einen vergleichbaren Effekt hat. Seine hochbrechende Linse wäre mehrere Quadratmeter groß. So eine mobile "Fresnel-Linse" auf Folienbasis wäre mit weniger als zehn Kilogramm wesentlich leichter.

"Der auf den Mond zu transportierende Laserdrucker muss dann so gebaut sein, dass er den dortigen extremen Umweltbedingungen standhält, also dem Vakuum wie auch den extremen Temperaturschwankungen von minus 250 bis plus 150 Grad Celsius – je nach Sonnen- oder Schattenplatz", sagt Imhof. Auch brauche es wartungsarme automatisierte Systeme, die in der Lage sind, die Produktion selbstständig zu steuern. "Man muss zudem wissen, wo der richtige Sand als Material zu finden ist, und die Pflastersteine sowie auch die Ziegel müssten dann auch über eine große Schar an Robotern verlegt werden", erläuterte die Architektin.

Wie die Fachleute darlegen, könne man auf diese Weise "mit zwei Dingen, die auf dem Mond im Überfluss bestehen, die Bausteine drucken: dem durch die fehlende Atmosphäre noch viel intensiveren Sonnenlicht und dem Mondsand." Weitere Versuche sind geplant, in Zusammenarbeit mit der Esa und dem Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR). (red, APA, 13.10.2023)