Das Internationale Olympische Komitee tagt im indischen Mumbai.
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Mumbai/Köln - Als die Arbeit getan und die olympische Zukunft in seinem Sinne geregelt war, nahm Thomas Bach sichtlich entspannt vor der Weltpresse Platz. Selbst die leidigen Fragen zur Causa Russland brachten den IOC-Präsidenten nicht aus der Fassung, er hatte sein Lieblingsthema gefunden: Das Cricket-Comeback 2028 in Los Angeles und der damit verbundene Traum von unbegrenztem Wachstum.

"Für das IOC ist es eine großartige Gelegenheit, mit neuen Athleten und Fangemeinden in Kontakt zu treten", schwärmte Bach. Und dazu eine einzigartige Möglichkeit, die Milliarden-Einnahmen weiter zu steigern. Die TV-Rechte für LA28 werden in Indien neu ausgeschrieben - mit Cricket im Programm sind sie ein Vielfaches wert, nach einem Bericht des Branchenportals insidethegames 150 Millionen Dollar statt bisher 20. Tendenz: Steigend.

Die Entscheidung der IOC-Regierung, die auch die Aufnahme der Sportarten Squash, Flag Football (Premiere), Lacrosse (Rückkehr nach 1904 und 1908) und Baseball/Softball (zuletzt 2021) beinhaltet, muss zwar noch von der 141. IOC-Session am Montag in Mumbai abgenickt werden, doch daran zweifelt niemand. Bach hat das IOC unter seiner Kontrolle, er gestaltet im kleinen Kreis Gegenwart und Zukunft.

Die sieht er in Asien, das stellte Bach zuletzt in China klar, und das wiederholt er unmissverständlich bei seinen Auftritten in Indien. Er umgarnt die beiden bevölkerungsreichsten Länder der Welt geradezu, die Cricket-Rückkehr ins olympische Programm nach 1900 kommt daher wie ein persönliches Geschenk.

Nur mehr Russlandfrage offen

Die Idee sei bei einem gemeinsamen Essen mit LA-Organisationschef Casey Wasserman am Rande der Leichtathletik-WM 2022 in Eugene entstanden, erzählte Bach. Überzeugungsarbeit sei nicht nötig gewesen, auch wenn Cricket in den USA kaum eine Rolle spielt. Das Ganze sei eine "Win-Win-Situation", sagte Bach dennoch, eine mit Potenzial für Jahrzehnte.

Denn Cricket ist gekommen, um zu bleiben. 2032 in Brisbane werden sich die Australier als Teil des Commonwealth über Partien zwischen den großen Nationen Indien und Pakistan oder Sri Lanka, Neuseeland und England freuen. Für 2036 gilt Indien als heißer Kandidat, und Bach ermutigt seine derzeitigen Gastgeber, die Bewerbung mit aller Stärke zu verfolgen. Da kommen die auf Nachhaltigkeit getrimmten deutschen Olympiapläne bescheiden daher.

Größer wären die Chancen ohnehin auf Winterspiele, am besten schon für die 2030, die kaum jemand wirklich will. Doch dafür ist die Zeit abgelaufen, ebenso für 2034. Bach kündigte am Freitag die Doppelvergabe auf der 142. IOC-Vollversammlung im kommenden Jahr vor den Sommerspielen in Paris an. Wieder sind die Weichen gestellt, jetzt schwelt nur noch die Russlandfrage.

In der spielt Bach weiter auf Zeit. Mit der Suspendierung des Nationalen Olympischen Komitees ROC hat er eine symbolkräftige Sanktion erlassen, und doch deutet alles darauf hin, dass in Paris Russen und Belarussen trotz des Überfalls auf die Ukraine am Start sein werden. "Wir folgen unseren Prinzipien. Wir werden keine Sportler für die Handlungen ihrer Offiziellen oder Regierungen bestrafen oder sanktionieren", sagte Bach. (sid, red, 13.10.2023)