Im Juni 2021 entschuldigte sich Justizministerin Alma Zadić (Grüne) öffentlich für die strafrechtliche Verfolgung homosexueller Menschen in der Zweiten Republik. Nach den Worten des Bedauerns folgen zwei Jahre später auch konkrete juristisch und finanzielle Schritte. Die damaligen Opfer diskriminierender Gesetze sollen nicht nur voll rehabilitiert, sondern auch je nach Fall entschädigt werden. Im Rahmen des gerade präsentierten Budgets sind rund 33 Millionen Euro für diese Entschädigungen vorgesehen. Betroffen sollen laut Justizministerium rund 11.000 Menschen sein.

Düsseldorf 10.06.2023 CSD Christopher Street Ein Paar mit Regenbogenflagge
Allein aufgrund ihrer Liebe erlitten Tausende Unrecht in der Zweiten Republik.
IMAGO/Michael Gstettenbauer

"Die strafrechtliche Verfolgung homosexueller Menschen war ein dunkles Kapitel der Zweiten Republik und ein großes Unrecht", sagte Zadić am Donnerstag. "Es war mir sehr wichtig, mich als Justizministerin stellvertretend bei allen Menschen und ihren Angehörigen zu entschuldigen, die in der Zweiten Republik aufgrund ihrer sexuellen Orientierung strafrechtlich verfolgt wurden."

Erst seit 2002 gleich vor dem Gesetz

Nachdem Homosexuelle und lesbische Personen während der NS-Zeit verfolgt, in Konzentrationslager gesperrt und viele auch ermordet wurden, wurde in Österreich erst 26 Jahre danach, 1971, Homosexualität als solche entkriminalisiert. Doch Diskriminierungen bestanden weiter durch Sonderparagrafen, die erst 2002 durch den Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurden. Alle Menschen, die strafrechtlich verfolgt und verurteilt wurden, werden nun vollständig rehabilitiert.

Recht auf Entschädigung haben alle, die aufgrund der damals geltenden Gesetze im Gefängnis saßen oder schwerwiegende soziale Nachteile wie etwa den Verlust ihres Arbeitsplatzes erlebten.

Die grüne Nationalratsabgeordnete Agnes Sirkka begrüßte die Entschädigungen und die Rehabilitierung, gibt sich damit aber nicht zufrieden: "Diese Menschen galten als Kriminelle, sie wurden stigmatisiert, und ihr gesamtes Leben wurde durch diese Unrechtsurteile beschwert. Mit Geld kann man nichts von dem Unrecht, das diesen Menschen zugefügt wurde, wiedergutmachen. Aber es ist ein deutliches Zeichen, dass wir als Republik die Verantwortung für staatlich zugefügtes Unrecht übernehmen."

Zadić sieht nun nach der Regierung auch das Parlament an der Reihe zu handeln: "Ich hoffe, dass auch andere Institutionen wie etwa das Parlament, das diese zutiefst abzulehnenden Gesetze beschlossen hat, dem Beispiel der Justiz folgen und sich ihrer historischen Verantwortung stellen werden." (Colette M. Schmidt, 19.10.2023)