Wien – Die Kollektivvertragsverhandlungen für die rund 430.000 Handelsangestellten sind am Dienstagvormittag gestartet. Die Gewerkschaft fordert ein Gehaltsplus von elf Prozent. Von Oktober 2022 bis September 2023 lag die Inflation bei 9,2 Prozent. Die Arbeitgeber verwiesen auf die schwierige wirtschaftliche Lage im Handel und wollen "kreative" Lösungen für den KV-Abschluss. Sie stellen auch infrage, ob die 9,2 Prozent Inflation die Basis für Verhandlungen sein müssen.

Es gehe um "eine faire und dauerhafte Erhöhung der Gehälter", sagte die gewerkschaftliche Chefverhandlerin Helga Fichtinger von der GPA vor Beginn der Verhandlungen bei einem gemeinsamen Pressestatement mit WKO-Handelsobmann Rainer Trefelik.

Video: Handels-KV: Gewerkschaft fordert Gehaltsplus von 11 Prozent.
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Trefelik weist auf die Rezession 2023, hohe Inflation, Konsumzurückhaltung, rückläufige reale Umsätze im Handel sowie steigende Insolvenzzahlen hin. Daher gebe es wenig Spielraum für die Verhandlungen. Eine derartige Situation mit "multiplen Krisen" habe es seit 40 Jahren nicht gegeben, sagt Trefelik. "Heuer wird es ein ganz, ganz schwieriger Verhandlungsprozess", erwartet er. "More of the same, weil es 40 Jahren so gelaufen ist, das wird nicht gehen." Man werde für den KV-Abschluss "Kreativität brauchen".

Handels-KV-Verhandlungen
Für den Handels-KV sind vorerst vier Verhandlungsrunden fixiert, zusätzliche Runden sind laut der Gewerkschaft denkbar.
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Gewerkschaft will zusätzliche Freizeittage

Vergangenes Jahr hatten die Arbeitgeber bei den Handels-KV-Verhandlungen neben einem Gehaltsplus auch eine steuerfreie Einmalzahlung angeboten. Die Gewerkschaft kann sich eine Einmalzahlung nur als zusätzlichen Bonus vorstellen und fordert eine Gehaltserhöhung über der Inflationsrate.

Arbeitgeber und Gewerkschaft besprechen bei der ersten Verhandlungsrunde am Dienstag die wirtschaftliche Lage im Handel, und die Gewerkschaft präsentiert ihr Forderungspaket.

Die GPA fordert anstatt der jahrelang ventilierten "leichteren Erreichbarkeit" der sechsten Urlaubswoche nun zusätzliche dauerhafte "Freizeittage", nämlich ab fünf Dienstjahren drei Arbeitstage, ab sieben Dienstjahren zwei Arbeitstage und ab zehn Dienstjahren einen Arbeitstag. Weiters wünschen sich die Arbeitnehmervertreter einen gemeinsamen Sozialpartner-Prozess zur generellen Arbeitszeitverkürzung. Außerdem fordert die Gewerkschaft einen Zuschlag für Mehrarbeitszeiten ab der ersten Stunde der Überschreitung über das vereinbarte Arbeitszeitausmaß hinaus. Für Mitarbeiter mit 30 Dienstjahren solle es zwei Bruttomonatsgehälter und zwei zusätzliche freie Tage als Prämie geben, "als Wertschätzung und Ausgleich für die lange Tätigkeit", so Fichtinger.

Bereitschaft zu Kampfmaßnahmen

Vorerst sind vier Verhandlungsrunden fixiert. Fichtinger wollte Dienstagmittag zunächst das Angebot der Arbeitgeber abwarten. Grundsätzlich sei die Gewerkschaft für Kampfmaßnahmen bereit, Vorratsbeschlüsse gebe es aber nicht. Zusätzliche Verhandlungsrunden seien denkbar, das werde sich aber erst im Laufe der Gespräche herausstellen.

Im Vorjahr lag die als Verhandlungsbasis für den Handelskollektivvertrag herangezogene rollierende Inflation bei 6,9 Prozent. Nach fünf Verhandlungsrunden und einer Streikdrohung einigte man sich auf ein Gehaltsplus von sieben Prozent und mindestens 145 Euro ab 1. Jänner 2023. Damit belief sich die durchschnittliche Erhöhung der KV-Gehälter laut Gewerkschaft auf 7,3 Prozent. Bei den Mindestgehältern betrug die Erhöhung bis zu 8,7 Prozent. Das Vollzeit-Einstiegsgehalt für Handelsangestellte liegt seitdem bei monatlich 1.945 Euro brutto (1.535 Euro netto).

Knapp zwei Drittel der Angestellten im Handel in Österreich sind Frauen, im Einzelhandel liegt der Frauenanteil noch etwas höher. Knapp 60 Prozent der Frauen im Handel arbeiten Teilzeit, bei Männern liegt die Teilzeitquote nur bei rund 13 Prozent. (APA, red, 24.10.2023)