
Der Ort
"Bonbons" in der Neubaugasse ist für mich etwas Besonderes. Ich liebe die zuckersüße Atmosphäre und die barock anmutende Überfülle. Ich habe eine große Leidenschaft für Süßigkeiten aller Art. Am liebsten kaufe ich hier Marzipan, mit weißer Schokolade ummantelt und mit einer halben Walnuss dekoriert. Ich komme aber nur zu besonderen Anlässen hierher, um nicht vollends den süßen Versuchungen zu verfallen. Denn auf meiner Schulter sitzt ein kleiner Teufel.
Die Erinnerung
Zuckerln und Schokolade üben seit jeher eine große Anziehungskraft auf mich aus, weil sie in meiner Kindheit etwas Verbotenes oder Unerreichbares waren. Sofern es das Taschengeld zuließ, habe ich dann nach der Schule Traubenzucker-Herzerln gekauft. Mit zwölf Jahren hatte ich einen Skiunfall mit anschließendem "Schockzucker". Seither bin ich Typ-1-Diabetikerin, komme aber gut damit zurecht.
Das Menü
Einen besonderen Stellenwert haben für mich Buchteln mit Vanillesauce. Sie regen mein Geschmacksgedächtnis derart an, dass ich mich auf der Stelle in die Zeit im Kindergarten zurückversetzt fühle. In meiner Erinnerung wurde die Vanillesauce mit Schöpflöffeln aus riesigen Tonnen über die Buchteln gegossen. Es lag ein Duft in der Luft, der mich nie wieder losgelassen hat. Wenn meine Mutter Besuch möchte oder ich Geburtstag habe, dann lockt sie mich mit Buchteln. Selbst koche ich überhaupt nicht. Zur Not kann ich Spaghetti zubereiten, aber ich überlasse die Küche gerne meinem Mann. Die ist sein Revier. Ich komme nur zum Naschen vorbei. Oft gibt’s improvisierte Speisen, für die Reste im Kühlschrank verwertet werden. Zwischendurch gibt es auch mal einen Salat, wenn das schlechte Gewissen unerträglich wird. Generell nehmen wir das Ganze aber nicht allzu ernst.
Die Ernährung
Die extreme Beschäftigung mit der eigenen Ernährung finde ich dekadent. Es gäbe wichtigere Themen auf der Welt. Aber selbstverständlich soll sich jeder ernähren, wie er will, jedoch bitte kein Dogma daraus machen. Manches Mal fühlt es sich wie ein Verbrechen an, wenn man ein Wurstbrot isst. Und wenn man ein Tier schon wegen seines Fleisches schlachtet, kann man doch auch seine Haut verwerten, oder? Ich versuche die Dinge differenziert zu betrachten. Doch es scheint, als driften die Welten auseinander. (RONDO, Protokoll: Michael Steingruber, 21.11.2023)