Wien – Armin Thurnhers "Elegie auf Christian Pilnacek" wird zum Fall für den Presserat. Laut dem Selbstkontrollorgan der österreichischen Presse liegt bis jetzt eine Beschwerde gegen die "Seuchenkolumne" des "Falter"-Gründers und -Herausgebers vor. Der Presserat wird sich bei einer Sitzung Anfang November mit der Causa befassen und entscheiden, ob ein Verfahren wegen eines möglichen Verstoßes gegen den Ehrenkodex der Presse eingeleitet wird oder nicht. Es geht um das Recht auf Persönlichkeitsschutz und Suizidberichterstattung.

Christian Pilnacek
Christian Pilnacek starb in der Nacht vom 19. auf den 20. Oktober 2023.
APA/HELMUT FOHRINGER

Christian Pilnacek, suspendierter Sektionschefs des Justizministeriums und Spitzenjurist, starb am vergangenen Freitag. Thurnher schrieb in seiner "Elegie" (Klagegedicht), dass Pilnacek "arrogant bis zum Abwinken" war. Und: "Pilnacek, eines lass zuvorderst mich sagen: Dein Ende war furchtbar, Fallhöhe tragisch. Ich kann es erfühlen, was du da fühltest, polizeilich ertappt, führerscheinlos, im Kopf, was die Öffentlichkeit mit dir aufführen würde. Das hieltest du nicht mehr aus, schriebst du, und ich versteh' es. Dass du den Schlussstrich da zogest, Hetze vor Augen, die noch nicht stattfand, aber käme wie im Gebet das Amen."

Thurnhers "Elegie auf Christian Pilnacek" sorgte auf X, vormals Twitter, für heftige Kontroversen. Richard Grasl, stellvertretender Chefredakteur des "Kurier" und Geschäftsführer des Nachrichtenmagazins "Profil", schrieb: "Ich glaub [sic] der Typ (@arminthurnher) schnappt jetzt endgültig über." Grasl ortet "Hatespeech" beim "Falter".

Thurners Replik auf X – orthografisch im Stile Grasls verfasst: "An alle, denen nach denen die Zweck von die ganze Anpatze klar werde, könne denke JETZT an die @falter_at-Abo. Unterstütze die gut Blatt gegen die Drecksgesang! https://abo.falter.at"

Thurnher selbst veröffentlichte auf seinem Blog die Reaktionen, die er auf seine Pilnacek-Elegie erhielt. Sie changieren zwischen heftiger Kritik und absoluter Zustimmung. Er schreibt: "Die Welt sieht oft anders aus, als die Social-Media-Kundschaft das meinen möchte. Umgekehrt ist es verblüffend, wie das dortige Klima Personen enthemmt, denen man ihrer Funktion wegen eine gewisse Selbstkontrolle zutrauen würde." (omark, 27.10.2023)