Jordanische Demonstranten schwingen die Fahne von Palästina und fordern ein Ende der israelischen Angriffe.
In Jordanien haben sich tausende Menschen nach dem Freitagsgebet versammelt und gegen die Angriffe im Gazastreifen protestiert.
AFP/KHALIL MAZRAAWI

Hunderttausende Menschen haben am Wochenende weltweit erneut gegen den israelischen Bodeneinsatz in Gaza protestiert. In Jordanien haben am Freitag Tausende Menschen aus Solidarität mit den Palästinensern im Gazastreifen gegen die laufenden Angriffe Israels protestiert. In der Hauptstadt Amman zogen die Mengen nach dem Freitagsgebet durch das Stadtzentrum, wie der Fernsehsender Al-Ghad berichtete. Am Abend versammelten sich nach Ankündigung der ausgeweiteten Bodeneinsätze durch Israel auch Demonstranten vor der israelischen Botschaft.

Feuer nahe der israelischen Botschaft

Die Polizei setzte Tränengas ein, um sie auseinanderzutreiben, wie Videos in sozialen Medien zeigten. Ein Sprecher der jordanischen Behörde für öffentliche Sicherheit erklärte, "Randalierer" hätten unweit der israelischen Botschaft Feuer gelegt und dort zu Tumulten angestiftet. Es habe mehrere Festnahmen gegeben. Die Sicherheitskräfte hätten friedliche Demonstrationen aber ermöglicht und geschützt.

Auch in anderen arabischen Ländern gab es wieder Solidaritätsbekundungen für die Palästinenser – darunter Bagdad und Hebron, wo die Demonstranten einen globalen Boykott israelischer Produkte forderten. In Tunesiens Hauptstadt Tunis versammelten sich Dutzende Unterstützer am Abend zu einer Mahnwache. Im Irak tönte aus Lautsprechern von Moscheen am Freitagabend der Ruf "Allahu akbar" (etwa: "Gott ist am größten") – ebenfalls aus Solidarität mit den Menschen im Gazastreifen, wie Augenzeugen berichteten. Die Rufe begannen zeitgleich mit der Ankündigung, dass Israel seine Bodeneinsätze ausweite.

Die islamistische Hamas hatte zuvor erneut zu Protesten von Palästinensern, Arabern und Muslimen aufgerufen. Diese sollten sich vor allem für eine Öffnung des Grenzübergangs vom Gazastreifen nach Ägypten einsetzen. Nach einem ähnlichen Aufruf der Hamas vor zwei Wochen war es zu großen Protesten unter anderem in Ägypten, dem Libanon und Jordanien gekommen.

Auch in muslimischen Staaten außerhalb der Region gab es Protest: In Malaysia etwa versammelte sich eine große Menschenmenge vor der US-Botschaft in Kuala Lumpur.

Demos auch in Europa

In Europa kam es in mehreren Ländern zu Kundgebungen, so gab es propalästinensische Demonstrationen in mehreren deutschen Städten. Die größte Kundgebung in Deutschland gab es in Berlin mit mehreren Tausend Teilnehmern. In Österreich demonstrierten 700 Menschen in Bregenz. Die Demonstration verlief "laut, aber friedlich", teilte die Polizei der APA mit. Dennoch sollen mehrere Anzeigen erfolgen. Die Kundgebung war von der Sozialistischen Jugend Vorarlberg (SJV) veranstaltet worden. Eine der größten Kundgebungen ereignete sich am Samstag in London, wo die Polizei 50.000 bis 70.000 Demonstranten zählte. Die Nachrichtenagentur PA sprach von 100.000 Teilnehmern.

Hunderte Demonstranten in grünen Shirts und Palästina-Fahnen stehen in der Londoner City.
Die Pro-Palästina-Demonstranten in London forderten Premierminister Rishi Sunak dazu auf, sich für eine Waffenruhe einzusetzen.
IMAGO/Rod Harbinson

Forderung nach Waffenruhe

In London forderten die Demonstranten in einer weitgehend friedlich verlaufenden Kundgebung unter anderem Premierminister Rishi Sunak dazu auf, sich für eine Waffenruhe stark zu machen. Die Teilnehmer im Londoner Stadtzentrum riefen diesmal nach PA-Angaben erneut die umstrittene Parole "From the River to the Sea, Palestine will be free". Der Slogan beziehe sich auf das Gebiet vom Fluss Jordan bis zum Mittelmeer, und erhebt damit Anspruch auf jenes Gebiet, auf dem sich der Staat Israel befindet. Innenministerin Suella Braverman hatte den Slogan als antisemitisch kritisiert und erklärt, er werde von vielen als Aufruf zur Zerstörung Israels verstanden.

Außenminister James Cleverly hatte die Protestteilnehmer schon im Vorhinein aufgefordert, sich Desinformation und Manipulation bewusst zu sein. Damit ging er auf Berichte ein, wonach der Iran versuche, die Stimmung auf den Kundgebungen anzuheizen und dadurch Zwietracht zu säen. Es sei absolut möglich, die palästinensische Bevölkerung zu unterstützen und gleichzeitig die islamistische Hamas zu verurteilen, so Cleverly.

Eine Waffenruhe als Forderungen gab es auch trotz nicht genehmigter Kundgebungen von Demonstranten in Paris und Marseilles, wo die Polizei die Demonstranten hinderte, sich in Bewegung zu setzen. Mehrere Tausend Menschen demonstrierten unter anderem in Berlin und München, wo Israel unter anderem "Völkermord" vorgeworfen wurde.

Erdoğan: "Hamas keine Terrororganisation"

In Istanbul nahm Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan persönlich an einer pro-palästinensischen Großkundgebung teil und warf dort dem Westen vor "der Hauptschuldige an den Massakern im Gazastreifen" zu sein. Erdogan bezeichnete Israel als Besatzungsmacht und erneuerte seinen Standpunkt, wonach die Hamas keine Terrororganisation sei.

New York: Viele Festnahmen

Mehrere Kundgebungen gab es am Wochenende auch in New York. Eine Pro-Palästina-Demonstration fand in Brooklyn statt. Scharen propalästinensischer Demonstranten füllten am Samstag die Straßen von Brooklyn und forderten die US-Regierung auf, die Hilfslieferungen an Israel einzustellen. Der Marsch wurde von der von Palästinensern geführten Gemeindegruppe Within Our Lifetime organisiert, die Teilnehmer marschierten mehrere Blocks lang vom Brooklyn Museum zur Brooklyn Bridge und riefen dabei "Free, free Palestine!".

Pro-Palästina-Demonstranten ziehen über die Brooklyn-Brücke in New York. Ein paar Demonstranten sind auch das Geländer der Brücke geklettert. 
Durch Brooklyn zogen Pro-Palästina-Demonstranten. Sie forderten von der US-Regierung einen Stopp von Hilfslieferungen nach Israel.
AP/Andres Kudacki

Bei einer von der antizionistischen Gruppe "Jewish Voice for Peace" organisierten Demonstration gegen die israelischen Angriffe im Gazastreifen in New York wurden mehrere Hundert Menschen festgenommen. Die Polizei meldete am Freitag mindestens 200 Festnahmen, die Organisatoren erklärten, dass bei der Auflösung der Versammlung im Bahnhof Grand Central mehr als 300 Menschen festgenommen worden seien.

"Nicht in unseren Namen"

Auf Fotos waren lange Reihen von jungen Menschen in Handschellen zu sehen, auf deren T-Shirts unter anderem die Worte "Not in our name" ("Nicht in unserem Namen") oder die Forderung nach einer sofortigen Waffenruhe zu lesen waren.

In der Grand Central Station in New York haben sich die Gruppe
In New York haben sich Vertreter der Gruppe "Jüdische Stimme für Frieden" in der Grand Central Station versammelt und die Bahnhofshalle blockiert. Die Behörden sprachen vom "größten zivilen Ungehorsam, den New York City in den vergangenen 20 Jahren erlebt hat".
AP/Jeenah Moon

Rabbiner hatten die Protestaktion mit dem Anzünden von Schabbat-Kerzen eingeleitet. "Der Schabbat ist normalerweise ein Tag der Ruhe, aber wir können es uns nicht leisten, uns auszuruhen, während in unserem Namen ein Genozid stattfindet", wurde die Rabbinerin May Ye in einer von den Organisatoren veröffentlichten Erklärung zitiert. "Die Leben von Palästinensern und Israelis sind eng miteinander verbunden, und Sicherheit kann nur durch Gerechtigkeit, Gleichheit und Freiheit für alle erreicht werden." (APA, Reuters, red, 29.10.2023)