Milojko Spajić
Milojko Spajić ist Montenegros neuer Premierminister.
AFP/SAVO PRELEVIC

Podgorica – Nach langem Tauziehen hat das Parlament in Montenegro den Zentrumspolitiker Milojko Spajić zum neuen Premier gewählt. Ausschlaggebend bei dem Votum am Dienstag waren die Stimmen der Abgeordneten der offen proserbischen und prorussischen Allianz ZBCG (früher: DF). Diese ist zwar formell nicht Teil der neuen Mitte-Rechts-Koalition von Spajić, erhält aber im Gegenzug für die Unterstützung wichtige Positionen in Staatsverwaltung, staatlichen und staatsnahen Unternehmen.

Im Zuge der Vereinbarung mit der Allianz wählte das Parlament am Montag deren Co-Vorsitzenden Andrija Mandić zum Parlamentschef. Beobachter verweisen darauf, dass Mandić als Parlamentspräsident Einblick in geheime Sicherheitsdokumente erhält, die etwa auch Fragen der Zusammenarbeit innerhalb der Nato betreffen. Mandić trifft in Belgrad auch häufig mit dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić zusammen.

Interventionen

Die Parlamentswahl im Juni hatte zwar die Partei "Europa jetzt" (PES) von Spajić gewonnen. Doch eine von ihr geführte Regierung ist auf Koalitionspartner angewiesen. Rechnerisch wäre auch ein Regierungsbündnis mit kleineren proserbischen Parteien und den Parteien der ethnischen Minderheiten – Bosniaken, Albaner und Kroaten – möglich gewesen. Spajić hatte ursprünglich ein solches angestrebt.

Doch Interventionen der Regierung in Belgrad und des aus der PES kommenden montenegrinischen Präsidenten Jakov Milatović führten dazu, dass sich Spajić für die Einbindung der Allianz ZBCG entschied. Die Zentrumspartei PES ist selbst nicht homogen, Milatović steht für ihren proserbischen Flügel.

Spajić will Verhandlungen zu EU-Beitritt vorantreiben

Die neue Regierung besteht formell aus Ministern der PES, zweier kleinerer proserbischer Parteien sowie aus Vertretern der ethnischen Albaner. In seiner Regierungserklärung betonte Spajić, dass er den Beitritt Montenegros zur EU vorantreiben und die Justiz im Kampf gegen Korruption und organisiertes Verbrechen stärken wolle. Das kleine Balkanland verhandelt seit 2012 über einen EU-Beitritt, ließ aber in den vergangenen Jahren bei den nötigen Reformbemühungen nach.

Auch der Kampf gegen Korruption und eine Verbesserung des Lebensstandards werden im Regierungsprogramm genannt. So soll der Durchschnittslohn in dem Adriastaat schon im kommenden Jahr auf 1.000 Euro steigen, die durchschnittliche Pension auf 450 Euro.

Jakov Milatović und Ursula von der Leyen gehen nebeneinander. Das montenegrinische Militär steht Spalier.
Montenegros Präsident Jakov Milatović empfing EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit Militärehren in Podgorica.
REUTERS/STEVO VASILJEVIC

Von der Leyen zu Gast in Montenegro

Unterdessen traf EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Montenegro ein. Präsident Milatović empfing sie zu einem Gespräch in Podgorica. Zur Regierungsbildung sagte die EU-Politikerin: "Ich begrüße es, dass sie nun voll auf die Bewältigung des Beitrittsziels fokussiert sein sollten, und zusammen sollten wir die letzte Meile gehen." Von Montenegro wollte von der Leyen nach Belgrad weiterreisen, um den serbischen Präsidenten Vučić zu treffen.

Im Mittelpunkt ihrer Reise, die sie am Montag nach Nordmazedonien und in den Kosovo geführt hatte, steht ein neuer "Wachstumsplan" der EU, der unter anderem einen verbesserten Zugang der Länder der Westbalkanregion zum EU-Markt vorsieht, den Ländern aber auch ernsthafte Reformbemühungen abverlangt. (APA, 31.10.2023)