Gelbe Blätter
Der "goldene Oktober" sorgte für angenehmes Wetter, hat angesichts der Erderwärmung jedoch einen bitteren Beigeschmack.
IMAGO/Rene Traut

So warm wie in den (nahezu) vergangenen zwei Monaten war es seit Beginn der Aufzeichnungen nicht im Herbst: Nach dem höchst sommerlichen September war auch der Oktober extrem warm, berichtet die Geosphere Austria (vormals ZAMG). Es sei "das erste Mal, dass in einem Jahr gleich zwei Monate Platz eins der jeweiligen Messgeschichte erreichen", heißt es in einer Aussendung.

Die vorläufigen Daten – immerhin ist der Oktober noch nicht ganz vorbei – ergeben für das Tiefland Platz eins in der 257-jährigen Messgeschichte, sagt Geosphere-Klimatologe Hans Ressl. In den Bergen sei Platz vier der 173-jährigen Gebirgsmessreihe erreicht worden. Wie im Vormonat haben vor allem milde Hochdruck- und Südwestwetterlagen vorgeherrscht und für hohe Temperaturen gesorgt, die für diese Jahreszeit eher an mediterrane Länder erinnerten.

Die Zahl der Oktober-Sommertage, an denen es mindestens 25 Grad Celsius hat, war so hoch wie nie. Den bisherigen Rekord hielt die oberösterreichische Gemeinde Windischgarsten im Jahr 1942, als sieben Sommertage verzeichnet wurden. In diesem Jahr gibt es mehrere Ortschaften, die auf denselben Wert kamen, vor allem in Niederösterreich, der Steiermark und dem Burgenland. In Bruck an der Mur gab es acht Sommertage, an den steiermärkischen Wetterstationen Bad Radkersburg und Wagna-Leibnitz sogar neun Sommertage.

Regenanalyse steht aus

Naheliegenderweise wurden an vielen Orten die bisherigen Maximalwerte übertroffen. In Eisenstadt etwa gab es sieben Sommertage, während der Mittelwert seit 1961 bei etwa 0,3 Sommertagen liegt – bisher gab es maximal drei Sommertage im Oktober. In Wien sieht es ähnlich aus, hier wurden fünf Tage mit 25 Grad Temperatur oder mehr registriert. Die bisherigen Rekorde lagen bei zwei (Hohe Warte) bis drei (Innere Stadt) Sommertagen, die 2009 und 2011 erreicht wurden, an der Hohen Warte aber auch Ende des 19. Jahrhunderts.

Die vergangenen Jahre waren für Österreich besonders heiß. Die Oktoberdaten sind noch nicht Teil dieser Grafik.

Die Durchschnittstemperatur im Oktober lag im österreichischen Tiefland um 3,7 Grad über der Vergleichsperiode 1961 bis 1990, in den Bergen um 3,6 Grad darüber, wie die vorläufige Auswertung zeigt. Auch im Vergleich mit der näheren Zukunft – der Klimaperiode 1991 bis 2020 – war der Oktober um 3 bis 3,4 Grad wärmer.

Schon am Anfang des Monats wurden Höchstwerte verzeichnet: Der 2. Oktober war der heißeste Oktobertag in Österreich, 30,3 Grad wurden in Langenlebarn (Niederösterreich) gemessen. Mitte des Monats zeichneten sich bereits die neuen Extremwerte bei den Sommertagen ab. Auch sonniger wurde es: Im Oktober 2023 gab es 15 Prozent mehr Sonnenstunden im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 1991 bis 2020.

Angesichts der aktuellen Regenfälle, die in Teilen Österreichs äußerst stark ausfallen und schon für Murenabgänge gesorgt haben, bleibt die Zusammenfassung der Niederschlagsdaten noch offen. Festhalten lassen sich aber wiederum regionale Unterschiede. Während es an der Nordseite der Alpen in diesem Monat mitunter viel zu trocken war und es um 50 bis 70 Prozent weniger Niederschlag als im Durchschnitt gab, regnete es an der Südseite viel mehr als sonst. Von Kärnten bis zum Brenner gab es um 50 bis 100 Prozent mehr Regen als im Mittel.

Überraschende Erwärmung im Herbst

Weshalb derartige Werte überraschend sind, erläuterte Klimatologe Marc Olefs von der Geosphere im STANDARD-Gespräch. "Der Herbst ist die Jahreszeit, die sich bis jetzt am langsamsten erwärmt hat", sagt der Experte. Weshalb sich Winter, Frühling und Sommer schneller erwärmen, sei nicht ganz geklärt, es gebe aber Erklärungsversuche, etwa anhand von Schmutzpartikeln in der Luft. Sie hätten die starke Erwärmung in Europa ab den 1980er-Jahren teilweise kompensiert beziehungsweise verschleiert, indem sie Sonneneinstrahlung ins All reflektierten.

Jahreszeitenunterschiede entstehen wohl durch eine schwächere Durchmischung der Atmosphärenschichten im Winter durch die tiefstehende Sonne, wodurch sich Aerosole in Bodennähe sammeln. Das habe eine stärkere Aufklarung und rasche Erwärmung mit sich gebracht. Im Frühjahr und Sommer hingegen seien die Strahlungswerte besonders hoch, der kühlende Aerosoleffekt nahm also am stärksten ab. Der Herbst kommt ohne diese Effekte aus.

In diesem Herbst dürften Klimafachleuten zufolge auch die generell hohen Temperaturen von Luft und Wasser zu neuen Höchstwerten führen: "Diese Wärme wirkt sich genauso auf Österreich aus, weil sich die Physik und das Klima nicht an politische Grenzen halten", sagt Olefs. Durch die hohen Treibhausgasemissionen seit der Industrialisierung erwärmt sich die Erde schneller als bei früheren Klimaveränderungen. Global misst man eine Temperaturerhöhung um durchschnittlich 1,2 Grad seit der vorindustriellen Zeit, regional hat dies unterschiedliche Auswirkungen. Durch das El-Niño-Phänomen könnte noch im Jahr 2023 die 1,5-Grad-Schwelle zeitweise überschritten werden. Die Klimakrise führt insbesondere in Europa zu einer starken Erwärmung. Die vergangenen Jahre zählen in Österreich zu den wärmsten der 257-jährigen Messgeschichte. Einem aktuellen Bericht zufolge gab es Höchsttemperaturen wie 2023 womöglich erstmals seit 100.000 Jahren. (sic, 31.10.2023)