Das Bild zeigt einen Bildschirm, auf dem Windows 11 zu sehen ist.
Das nächste Windows soll auf KI fokussiert sein und unter anderem auch schnellere Updates ermöglichen.
Microsoft

Eigentlich hätte ja schon nach Windows 10 Schluss sein sollen. So ganz trennen kann sich Tech-Riese Microsoft entgegen eigenen Ankündigungen dann aber offenbar doch nicht von seinem "Baby". Zu wichtig die Marke und zu groß das Vermächtnis hinter dem Betriebssystem, das Millionen Anwenderinnen und Anwender über Jahre und Jahrzehnte auf dem Desktop lieben und – vermutlich nicht weniger – hassen gelernt haben. Bei einem mittlerweile zwei Jahre alten Windows 11 erscheint es wenig verwunderlich, dass Branchengerüchte für 2024 bereits auf die Einführung eines neuen Microsoft-Betriebssystems hindeuten.

Von offizieller Seite gibt es zum nächsten Windows, nennen wir es der Einfachheit halber Windows 12, keine konkreten Ankündigungen. Microsoft weist stattdessen auf das Engagement hin, Windows 11 mit jährlichen Aktualisierungen, zuletzt mit Update 23H2, weiter zu verbessern. Dennoch lassen Kommentare von Hardware-Partnern und Spekulationen vermuten, dass in den kommenden Monaten mit einer Generalüberholung des Betriebssystems zu rechnen ist.

Ein konkretes Erscheinungsdatum für die neue Windows-Version wurde noch nicht festgelegt, jedoch legt ein Blick in die Vergangenheit nahe, dass solche Updates häufig im Herbst oder in der zweiten Jahreshälfte veröffentlicht werden. Microsoft bewahrt Stillschweigen über bisherige Spekulationen, was strategisch natürlich dazu dienen könnte, das Interesse und die Diskussionen weiter anzuregen.

KI, KI und nochmals KI

Ein Schwerpunkt der Spekulationen und der Aufregung um Windows 12 ist die angebliche Fokussierung auf und tiefe Integration von künstlicher Intelligenz (KI). Da KI-Funktionen zunehmend in Softwarelösungen integriert werden, ist davon auszugehen, dass auch Microsoft sein Engagement für diese Technologie im nächsten Windows deutlich verstärken wird.

Mit dem Update 23H2 für Windows 11 hat das Unternehmen bereits eine wichtige Grundlage geschaffen, indem es den KI-Assistenten Copilot eingeführt und die Anwendungen Paint und Fotos mit KI-Funktionen verbessert hat. Die Vision für Windows 12 scheint diese Integration zu vertiefen, wobei das Betriebssystem potenziell in der Lage sein wird, Bildschirminhalte zu erkennen und darauf basierend entsprechende Aktionen zu empfehlen.

Darüber hinaus könnte die KI-Integration auf die genaue Erfassung von Objekten innerhalb von Bildern ausgedehnt werden, was das multimodale Kopieren und Einfügen dieser Elemente in andere Kontexte vereinfachen würde. Diese Verbesserung wäre nicht nur ein inkrementeller Schritt, sondern Teil eines umfassenderen Bestrebens, die Benutzeroberfläche und -erfahrung intuitiver und reaktionsschneller zu gestalten.

Copilot- statt Start-Button

Microsoft-CEO Satya Nadella hat sogar Vergleiche zwischen der Bedeutung der Copilot-Schaltfläche und der ikonischen Start-Schaltfläche gezogen und damit einen möglichen Paradigmenwechsel in der Interaktion der Benutzer mit ihren PCs signalisiert. Auch wenn die Rolle der KI in Windows 12 noch nicht im Detail geklärt ist, deutet Microsofts Entwicklung darauf hin, dass KI noch stärker zur Optimierung und Bereicherung der Benutzererfahrung eingesetzt wird.

In Bezug auf weitere Funktionen und Verbesserungen, die mit der nächsten Windows-Version erwartet werden, gibt es bisher keine bestätigten Anhaltspunkte. Berichte sprechen von einer neu gestalteten Desktop-Benutzeroberfläche, die möglicherweise Elemente wie eine schwebende Taskleiste und im oberen Bildschirmbereich platzierte Systemicons umfasst, was an macOS oder einige Linux-Distributionen erinnern könnte. Änderungen an der Benutzerführung könnten außerdem eine neu gestaltete Sperrbildschirm- und Anmeldeoberfläche sowie ein verbessertes Benachrichtigungszentrum beinhalten, welches Meldungen nach bestimmten Kriterien sortiert.

Hohe Modularität, schnelle Updates

Eine große Neuerung des nächsten Windows soll in der Modularität des Betriebssystems liegen. Eine Idee unter der Bezeichnung "CorePC" soll darauf abzielen, dass bestimmte Komponenten des Betriebssystems je nach Gerät aktiviert oder deaktiviert werden können, um ein möglichst maßgeschneidertes Erlebnis zu bieten. Dies könnte vor allem für eine weite Verbreitung von Windows auf möglichst vielen unterschiedlichen Hardwaretypen von Bedeutung sein – und beispielsweise ein "leichteres" Betriebssystem ermöglichen, das selbst auf Hardware mit ganz geringer Leistung flüssig laufen kann.

Eine weitere berichtete Veränderung ist in diesem Zusammenhang die Einführung einer sogenannten State Separation, wodurch das Betriebssystem in verschiedene Bereiche aufgeteilt wird. Der Vorteil besteht darin, dass die verschiedenen Teile des Systems unabhängig voneinander verwaltet und aktualisiert werden können. Das könnte zumindest in der Theorie zu schnelleren und reibungsloseren Updates für Windows führen. Unklar ist noch, ob man als Nutzer direkten Zugriff auf einzelne Bereiche haben wird oder nicht.

Gratis-Update ohne Abo-Modell

Eine der größten Fragen, die Nutzerinnen und Nutzer beschäftigen dürfte, ist sicherlich, ob Windows 12 als kostenloses Upgrade zur Verfügung stehen wird. In der Vergangenheit hat Microsoft neue Hauptversionen seines Betriebssystems für existierende Nutzer immer kostenfrei angeboten - und die Fortführung dieser Praxis bleibt auch weiterhin anzunehmen. Zwar gab es zwischenzeitlich Spekulationen zu einem Abo-Modell für Windows 12 - es spricht aber wesentlich mehr dafür, dass Nutzer nicht mit wiederkehrenden Kosten rechnen müssen.

In Bezug auf die Notwendigkeit eines Upgrades lässt sich sagen, dass Microsoft in den letzten Jahren den Druck auf Nutzer, auf die neueste Version zu aktualisieren, verringert hat. Ähnlich wie bei Windows 11 könnte es also sein, dass auch Windows 12 ein optionales Update für Nutzer der letzten beiden Betriebssystem-Versionen sein wird.

Eine Frage der Kompatibilität

Ob der eigene PC noch kompatibel bleibt, hängt stark von den Systemanforderungen ab, die Microsoft erst im Laufe der nächsten Monate bekanntgeben wird. Nachdem bereits Windows 11 die Anforderungen gegenüber Windows 10 angehoben hat, ist zu befürchten, dass Windows 12 diesen Trend fortsetzen könnte, was wieder einige ältere PC-Konfigurationen ausschließen würde.

Der Schwerpunkt auf KI-Funktionen legt zudem nahe, dass Nutzerinnen und Nutzer deutlich von moderneren PCs profitieren dürften, sofern wenigstens Teile davon direkt auf der Hardware ausgeführt werden und nicht mehr in die Cloud ausgelagert werden müssen. Inwieweit diese Eigenschaft im Besonderen und die auffällig "aufmerksame" KI-Assistenz im Allgemeinen wirklich im Interesse der Nutzerinnen und Nutzer stehen, wird sich erst beweisen müssen. (Benjamin Brandtner, 4.11.2023)