Frau nimmt Antibabypille aus Blisterpackung
Präparate wie bestimmte Antibabypillen erhöhen das Thromboserisiko. Nach dem Absetzen dürfte das Risiko jedoch rasch wieder sinken.
APA/dpa/Annette Riedl

Die Antibabypille wurde zu Recht als gesellschaftliche Revolution gefeiert: Regelmäßig eingenommen, bietet sie einen sehr hohen Schutz vor ungewollter Schwangerschaft, und sie verhalf somit vielen Frauen zu sexueller Unabhängigkeit. Seitdem wurden alte Präparate verbessert und neue entwickelt, auch bei verschiedenen Beschwerden werden sie eingesetzt – doch wie bei anderen Mitteln kann es zu Nebenwirkungen kommen. Bei sogenannten Kombinationspräparaten, unter denen auch Hormonpflaster und Vaginalringe zur Verhütung gehören können, ist sein langem bekannt, dass sie die Gefahr, Blutgerinnsel zu bekommen, erhöhen. Solche Thrombosen können dann dreimal häufiger vorkommen, in anderen Analysen ist von einem bis zu siebenfach erhöhten Risiko die Rede.

Eine neue Studie hat nun Indizien dafür gefunden, dass dieses Risiko zumindest schnell sinkt, sobald man aufhört, diese hormonellen Verhütungsmittel zu benutzen. Ein Forschungsteam um Marc Blondon von den Universitätsspitälern Genf berichtet im Fachjournal "Blood" erstmals, dass das Risiko binnen zwei bis vier Wochen nach dem Absetzen der Kombinationspräparate stark zurückgeht. Dabei handelt es sich um Mittel, die sowohl Östrogene als auch Gestagene freisetzen und so den Eisprung verhindern. Das vielversprechende Ergebnis sollte nun in Folgestudien überprüft werden.

Ziel war es, herauszufinden, wie schnell sich das Thromboserisiko nach dem Absetzen der Verhütungsmittel normalisiert. Dafür analysierte das Forschungsteam in der Schweiz Blutproben von 66 Frauen, die hormonell verhüteten und freiwillig mit dieser Methode aufhörten, zu sechs verschiedenen Zeitpunkten. So konnte der Pegel bestimmter Marker im Blut, beispielsweise Gerinnungsfaktoren, im Laufe der Zeit analysiert werden, er wurde außerdem mit den Blutwerten von 28 Frauen in einer Kontrollgruppe verglichen, die keine hormonellen Verhütungsmittel einnahmen.

Risiko Lungenembolie

Die Gerinnungsmarker wiesen – wie vermutet – bei den hormonell Verhütenden vor dem Absetzen von Kombipille und Co erhöhte Werte auf. Zwei Wochen nach Einnahmeende waren sie bereits stark zurückgegangen, um 80 Prozent des gesamten Rückgangs, nach vier Wochen um 85 Prozent. Den Fachleuten zufolge dürfte demnach die Wahrscheinlichkeit, Blutgerinnsel zu entwickeln, innerhalb der ersten Wochen nach dem Absetzen des Verhütungsmittels ein nahezu normales Niveau erreichen. In Woche zwölf hatten die Frauen in der Testgruppe ähnlich hohe Markerwerte im Blut wie jene in der Kontrollgruppe.

Kombinationspräparate sind die am häufigsten verwendeten Verhütungsmittel in Europa und Nordamerika. Sie werden nicht nur zum Vermeiden einer Schwangerschaft verschrieben und eingenommen, sondern können auch Schmerzen im Beckenbereich lindern und das Risiko für Anämien, Eierstock- und Gebärmutterkrebs senken.

Der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC zufolge erleiden jährlich etwa zehn von 10.000 Personen, die östrogenhaltige Verhütungsmittel einnehmen, Thrombosen. Meist kommt es zu sogenannten venösen Thromboembolien (VTE), vereinfacht gesagt verklumptes Blut, das oft in den tiefen Beinvenen ein Gerinnsel bildet, welches bis in die Lungengefäße transportiert wird und diese verengt oder verschließt – eine lebensbedrohliche Situation. Bestimmte Lebensstilfaktoren und Medikamente beeinflussen neben der genetischen Veranlagung die Blutgerinnung und sorgen für ein höheres oder niedrigeres Risiko.

Absetzen mit Arzt oder Ärztin besprechen

"Es ist beruhigend zu wissen, dass der mögliche Schaden der Pille schnell verschwindet, wenn man sie absetzt", sagt Blondon. Freilich müsse man die Vorteile und Nachteile der kombinierten Verhütungsmittel abwägen. Doch die Studie liefere neue Hinweise darauf, was beim Zeitplan des (zeitweisen) Absetzens zu berücksichtigen ist. So empfehlen Leitlinien beispielsweise, Kombinationspräparate vor größeren Operationen nicht mehr einzunehmen. Den Studienergebnissen zufolge dürfte es meist genügen, das Verhütungsmittel zwei bis vier Wochen vor dem OP-Termin abzusetzen. Auch wenn eine längere Zeit ansteht, in der man sich wenig bewegen kann, oder gerinnungshemmende Medikamente absetzt, können diese Überlegungen wichtig sein.

Dies sollte man allerdings mit ärztlichem Personal besprechen. Denn hat die Betroffene bereits eine Thromboembolie und nimmt Gerinnungshemmer ein, wird von Fachleuten empfohlen, die hormonelle Verhütung zunächst weiterzuführen. Wird die Pille frühzeitig abgesetzt, kann es zu anormalen Uterusblutungen kommen.

Weitere Studien sind nötig, um das Ergebnis zu bestätigen. So solle geprüft werden, ob nicht nur die Gerinnungsmarker zurückgehen, sondern auch das Risiko für tatsächliche Gerinnungsereignisse sinkt, empfiehlt das Forschungsteam. Größere Studien könnten analysieren, ob die Entwicklung bei unterschiedlichen Untergruppen – etwa älteren Frauen oder Adipositas – ähnlich verläuft, denn getestet wurden in der Studie nur 66 junge Europäerinnen im Bereich dessen, was als Normalgewicht gilt. Insbesondere für Menschen mit Adipositas, die Kombinationspräparate einnehmen, ist die Gefährdungslage für Thrombosen relativ hoch: Einer Übersichtsstudie zufolge, die im Vorjahr im Fachjournal "Heart Failure" veröffentlicht wurde, ist von einem bis zu 24-fach erhöhten Risiko auszugehen. Der Kardiologe Giuseppe Rosano, Erstautor der Studie, empfahl damals anstelle von Kombipillen für Frauen mit Adipositas reine Gestagenprodukte, die im Hinblick auf Thrombosen eine höhere Sicherheit böten. (Julia Sica, 9.11.2023)