Albanese und Natano
Australiens Premierminister Anthony Albanese (links) und der Premierminister von Tuvalu, Kausea Natano (rechts).
EPA/BEN MCKAY

Australien hat während des pazifischen Regionalforums Pacific Islands Forum (PIF) auf den Cookinseln die Beziehungen mit seinen Nachbarn neu definiert. Wie Premierminister Anthony Albanese am Freitag bekanntgab, wird Australien vom Klimawandel besonders betroffenen Menschen in Tuvalu künftig eine besondere Visakategorie anbieten.

Pro Jahr sollen sich 280 Bewohner der kleinen Pazifiknation in Australien niederlassen und arbeiten können. Sie kämen in den Genuss von Krankenversicherungen und anderen staatlichen Dienstleistungen. Laut einem Bericht des "Sydney Morning Herald" sollen letztlich alle rund 11.000 Einwohnerinnen und Einwohner Asyl erhalten. Der Inselstaat gehört zu den Nationen, die am stärksten von der Klimaveränderung und dem Anstieg des Meeresspiegels betroffen sind. Zwei von neun Atollen sind bereits überflutet. Forscher glauben, dass das Land schon in wenigen Jahrzehnten unbewohnbar sein könnte.

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Die "neue Partnerschaft", wie Albanese das Abkommen mit seinem tuvalischen Amtskollegen Kausea Natano bezeichnete, ist allerdings an Bedingungen geknüpft. Es solle auch "Australiens Status als Tuvalus Sicherheitspartner erster Wahl" festigen, so Albanese in einer Erklärung. Demnach müssen sich beide Nationen gegenseitig über "jedes Engagement mit anderen Staaten in Verteidigungsfragen in Tuvalu einigen" – ebenso wie über die Unterstützung Australiens bei der Reaktion auf Naturkatastrophen, Pandemien und Sicherheitsfragen.

Reaktion auf Pekings Strategie

Kommentatoren werteten diese Bedingungen als Reaktion Australiens und der USA auf die wachsende Expansion Chinas im Pazifik. In den letzten Jahren haben sich verschiedene Kleinstaaten der Region zu Verbündeten Pekings erklärt – zuletzt Kiribati, das zuvor Taiwan anerkannt hatte. Das Land wird von Peking als abtrünnige Provinz Chinas gesehen.

Tuvalu im Pazifik.
Tuvalu könnte es bald nicht mehr geben.
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China verfolgt im Pazifik eine Strategie sogenannter weicher Diplomatie. Es baut in den kleinen Ländern Straßen, Sportstadien, lädt Politikerinnen und Politiker nach Peking ein und vergibt großzügige Kredite, die Pazifikstaaten oftmals nicht abzahlen können. Dadurch entstehe nicht nur Wohlwollen gegenüber Peking, sondern Abhängigkeit, sagen Kritiker.

Australien und die USA haben erst vor kurzem erkannt, welche Ausmaße die Expansion Chinas in der globalstrategisch wichtigen Pazifikregion angenommen hat. Das Abkommen mit Tuvalu wird von Beobachtern als eine Maßnahme gewertet, den Fußabdruck des Westens in dem Gebiet wieder zu stärken.

Umstritten in Australien

Die Entscheidung zur Aufnahme von Klimaflüchtlingen dürfte in Australien nicht überall willkommen sein. Die konservative Opposition wehrt sich seit Jahren gegen solche Massnahmen und warnt vor "Flüchtlingsströmen". Progressive Kreise könnten die vermeintliche Großzügigkeit Albaneses als Zeichen von Doppelmoral sehen.

Australien ist einer der weltgrößten Förderer und Exporteure klimaschädigender Kohle. Die Pazifikstaaten fordern den mächtigen Nachbarn seit Jahren auf, den Abbau von Kohle und Erdgas zu reduzieren. Die sozialdemokratische Regierung von Albanese beharrt jedoch genauso wie ihre konservativen Vorgänger darauf, die lukrative Kohleindustrie nicht nur beizubehalten, sondern weiter auszubauen. (Urs Wälterlin aus Canberra, 10.11.2023)