Schwarz-weiß gemustert, meist mit Fransen dran: Das sogenannte Palästinensertuch galt lange als Kleidungsstück oder Accessoire mit politischer Symbolkraft – bis es seinen Weg in den Mainstream fand: Harmloser Modetrend oder politisches Statement?

Im Februar 2007 titelte die "New York Times": "Where some see fashion, others see politics". Es folgte ein Bericht über die Bedeutung des sogenannten Palästinensertuchs, auch Kufiya genannt, das damals immer häufiger zu sehen war: auf den Straßen, den Laufstegen und sogar an berühmten Persönlichkeiten, die sich mit dem Tuch ablichten ließen, darunter der amerikanische Schauspieler Johnny Depp.
Neue Bühne Klima-Demo
Traditionell in Schwarz-Weiß gehalten, warf das Kleidungsstück aufgrund der politischen Aussagekraft allerdings immer wieder Fragen auf: Es galt lange als Symbol des palästinensischen Widerstands und wurde insbesondere von linken, progressiven Bewegungen als Zeichen der Solidarität mit Palästina bzw. den Palästinensern und Palästinenserinnen getragen. Erst kürzlich wurde Greta Thunberg auf einer Klimademonstration in den Niederlanden mit einem solchen schwarz-weißen Palästinenserschal gesichtet, um sich – wie in der Vergangenheit bereits mehrfach – für Palästina auszusprechen. Früher allerdings sahen viele in dem Stück Stoff offenbar bloß ein modisches Accessoire, zumal das Tuch auch rasch seinen Weg in den Mainstream fand: Modelabels und Designer wie Balenciaga und John Galliano nahmen es zu jener Zeit in ihre Kollektionen auf.
Die aktuelle politische Lage in Nahost eröffnet nun erneut eine Diskussion über den Umgang mit dem Palästinensertuch. In Berlins Schulen dürfen diese gar von der Direktion verboten werden.
Dabei reichen die Anfänge des Palästinensertuchs bis in die 1930er-Jahre zurück. Wurde es zunächst noch als Kopfbedeckung von palästinensischen Bauern getragen, entwickelte es sich in den Jahren 1936 bis 1939 während des Aufstands gegen die britische Besatzung zu einem Symbol des palästinensischen Nationalismus.
In den 1960er-Jahren gewann das schwarz-weiße Tuch erneut an Bedeutung, da es als Markenzeichen von Yassir Arafat galt, dem Vorsitzenden der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO). Nach dem Sechstagekrieg 1967 sei es laut dem Anthropologen Ted Swedenburg unter Linken üblich geworden, das Tuch als Solidaritätsbekundung zu tragen, meist als Schal um den Hals.
Streitthema Schule
Doch wie wird das Tragen des Tuchs gegenwärtig bewertet? Die Berliner Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) stellte Ende Oktober in einem Schreiben klar, dass Schulleitungen darüber entscheiden dürfen, ob die Kufiya erlaubt oder verboten ist. Konkret geht es um Symbole, Äußerungen und Handlungen, die als Befürwortung oder Billigung der Angriffe auf Israel oder als Unterstützung der Hamas gewertet werden können. Dafür wiederum erntete die CDU-Politikerin Kritik seitens der SPD: Es sei nicht zulässig, legale palästinensische Symbole pauschal zu verbieten.
Einig war man sich jedenfalls dabei: Für Hamas-Sympathiebekundungen aller Art dürfe es keinen Platz geben. Ausschlaggebend solle dabei vor allem auch der Kontext sein, in dem das Tuch getragen wird. (Vanessa Steiner, 14.11.2023)