Lill Tschudi Franz Čižek Universitätsgalerie der Angewandten
Die Querschnitte durch die Arbeit und das Wirken von Tschudi und Čižek bieten viel Inhalt.
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Den mondänen Räumlichkeiten am Heiligenkreuzerhof wurde Farbe eingehaucht: Die Böden der Universitätsgalerie der Angewandten sind jetzt mit breiten Teppichstreifen in knalligen Primärfarben ausgelegt. Das passt zum Thema, so dreht sich die aktuelle Ausstellung um das druckgrafische Werk der Schweizerin Lill Tschudi (1911–2004) und den Wiener Reformpädagogen und Künstler Franz Čižek (1865–1946).

Beide sind kunsthistorisch wichtige Persönlichkeiten der Zwischen- und Nachkriegszeit, sie gelten als exemplarische Beispiele, wenn es darum geht, Aspekte der bildenden und der angewandten Kunst sowie der Abstraktion und Figuration miteinander zu kombinieren. Das klingt zwar etwas sperrig, geht aber auf: In Tschudis farbenfrohen Grafikentwürfen treffen Alltagselemente auf abstrahierte Formkompositionen.

Zahlreiche Reibungspunkte

Das Wirken von Čižek, der mit seinen Wiener Jugendkunstklassen internationale Aufmerksamkeit errungen hat, wird in der Schau unter anderem mit Arbeiten seiner Schüler illustriert. Wie das miteinander einhergeht? Im Rahmen der Forschung ergaben sich zahlreiche Reibungspunkte: So tauchte in Čižeks Lehre etwa immer wieder die vergleichsweise einfache Grafiktechnik des Linolschnitts auf, die auch Tschudi anwendete – rund 450 Schnitte umfasst das Gesamtwerk der Künstlerin.

Einen besonderen Mehrwert bietet die Studienausstellung vor allem in der akribischen Recherche von Tschudis und Čižeks Zeitgenossen und Wegbegleitern, der unterschiedlichen stilistischen Strömungen und formalen Lehren, auf die sie Einfluss genommen haben.

Lill Tschudi Franz Čižek Universitätsgalerie der Angewandten
In Tschudis farbenfrohen Grafikentwürfen treffen Alltagselemente auf abstrahierte Formkompositionen.
Michel Gilgen

So kreuzen sich ihre künstlerischen Wege immer wieder, während sie in der Realität wenige Berührungspunkte hatten. Personelle, historische und formale Bezüge werden mithilfe anschaulicher Querschnitte durch das Wirken der beiden sichtbar gemacht. Durch die verwinkelte Ausstellungsarchitektur wird viel Raum für Inhalt geschaffen: eine informative Schau für Interessierte. (Caroline Schluge, 13.11.2023)