Proge-Chef Reinhold Binder und GPA-Bundesgeschäftsführer Karl Dürtscher auf dem Weg zu den Lohnverhandlungen.
11,6 Prozent gibt's bis dato nur auf dem Papier der Arbeitnehmer-Chefverhandler Reinhold Binder (Gewerkschaft Pro-Ge, links) und Karl Dürtscher (GPA). Entsprechend grimmig war die Stimmung.
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Zumindest mangelnde Verhandlungsbereitschaft kann der Gewerkschaft nicht mehr unterstellt werden. Von 11 bis 21.30 Uhr haben die Sozialpartner am Montag um einen Lohnabschluss für die rund 130.000 Beschäftigten der Metalltechnischen Industrie gerungen. Um 22 Uhr kam es dann aber wie angedroht: Die Verhandlungen wurden abgebrochen. Am Dienstag haben nun im Morgengrauen die gewerkschaftlichen Kampfmaßnahmen mit Arbeitsniederlegungen begonnen.

Video: Keine Einigung bei Metaller-KV - Nun wird wieder gestreikt
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Die im Leopold-Maderthaner-Saal der Wirtschaftskammer versammelten Betriebsräte wirkten zermürbt, enttäuscht – und kampfbereit, als Metallgewerkschaftschef Reinhold Binder und Karl Dürtscher von der GPA verkündeten: Bis Freitag werden in mehr als 200 Unternehmen der Maschinen- und Metallwarenindustrie eintägige Streiks durchgeführt.

Die gebotenen 2,7 Prozent Lohnerhöhung plus einem dauerhaften Sockelbetrag von 130 Euro ergäben zusammen ein Plus von sechs Prozent, auf das eine steuer- und abgabenfreie Einmalzahlung von 1.200 Euro draufkommt. "Zu wenig", rechneten die Chefverhandler Reinhold Binder und Karl Dürtscher nach Abbruch der Verhandlungen vor. Das liege insgesamt um 3,6 Prozent unter der Teuerung im zurückliegenden Jahr seit der Lohnerhöhung im Herbst 2022. Man lasse sich die Einmalzahlung nicht anrechnen, denn diese verhindere Reallohnverluste nicht.

"Wir haben wirklich sehr intensiv verhandelt und versucht, ein akzeptables Angebot seitens der Arbeitgeber zu bekommen", betonte Binder am Dienstag im Ö1-"Morgenjournal". Um 3,6 Prozent unter der Teuerungsrate abzuschließen sei "unmöglich, unakzeptabel, und daher wurden auch die weiteren Maßnahmen eingeleitet", so Binder.

Auf die Frage, wann sich die Gewerkschaft in ihren Forderungen bewegen wird – schließlich würde auch das zu Kollektivvertragsverhandlungen gehören –, bezog sich Binder wieder auf die Teuerungsrate. "Wir haben unsere Forderung so aufgestellt, dass wir die Teuerungsrate angelegt haben. Das sind 9,6 Prozent." Zwei Prozent extra fordere die Gewerkschaft für die wirtschaftlich herausragende Lage in den letzten zwei Jahren. "Die Geschäfte sind gut gelaufen – wir kämpfen für das Geld, das bereits auf dem Konto der Firmen gelandet ist."

Dienstagmorgen wurde etwa beim Industriepark Arnoldstein gestreikt.

"Unverhältnismäßig"

Für die Industrie reagierte Arbeitgeber-Obmann Christian Knill vom Fachverband Metalltechnische Industrie hörbar entnervt: "Diese Vorgangsweise ist verantwortungslos und unverhältnismäßig." Das letzte Angebot bedeutete umgerechnet durchschnittlich um 8,2 Prozent höhere Löhne und Gehälter, und sozial gestaffelt sei es auch noch. Dafür sorgt der Sockelbetrag von 130 Euro, der für untere Einkommen einen höheren Aufschlag bedeutet als für die oberen Besoldungsgruppen. Im Schnitt käme ein Plus von sechs Prozent heraus – zuzüglich einer steuer- und abgabenbefreiten Einmalzahlung von 1.200 Euro. In der untersten Beschäftigungsgruppe betrage das Lohnplus an die zwölf Prozent, rechnete der Chef der gleichnamigen Knill-Gruppe vor.

Es sei absolut unfair, die Einmalzahlung bei den Prozenten anzurechnen, entgegnete Binder Dienstagfrüh. "Einmalzahlungen sind der Schnittlauch am Butterbrot. Das heißt, das kann nur zusätzlich draufkommen.“

"Die Blockadepolitik der Gewerkschaft ist unverständlich und inakzeptabel, sie beharren weiterhin auf ihrer Forderung und bewegen sich keinen Millimeter. Wir haben in den letzten Wochen acht verschiedene Angebote vorgelegt, die die sehr schwierige wirtschaftliche Situation berücksichtigen", betonte hingegen Knill.

Arbeiter in einem Schutzanzug vor einem Hochofen
Die Streiks könnten auch auf weitere Branchen der Metallindustrie ausgeweitet werden.
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Weitere Streiks in der Pipeline

Gibt es den nächsten Tagen auch bei den Verhandlungen in der Kfz-, Gießerei-, Bergbau- und Stahlindustrie keine Bewegung, würden die Streiks auf alle Branchen der Metallindustrie ausgedehnt, kündigten die gewerkschaftlichen Chefverhandler an. "Spätestens Mittwochabend werden wir sehen, wie sich die Gesprächskultur und das konkrete Angebot bewegt. Wenn das Angebot genau dort bleibt, wo es jetzt beim Fachverband der Metalltechnischen Industrie ist, ist völlig klar, dass stufenweise die weiteren Kampfmaßnahmen ausgeweitet werden", so Binder im "Morgenjournal".

Ob und wann weiterverhandelt wird, ist offen. Während der Streiks bis Freitag "sicher nicht", hieß es in der Nacht. Binder am Dienstag: "Ab Samstag sind wir zu jeder Tages- und Nachtzeit verhandlungsbereit." (Luise Ungerboeck, mae, 13.11.2023)