Fashion, Ballmode, Boutique Innenstadt
Die aus New York stammende Erika Suess in ihrem Geschäft im 1. Wiener Bezirk.
Michael Hausenblas

"Ich arbeite seit 16 Jahren im Bereich Abendmode. Abendmode für Damen, um präzise zu sein. Angefangen hat alles mit einer Boutique in München, obwohl ich ursprünglich aus den USA stamme. Nach Wien kam ich dann 2011 und habe hier in der Wiener Riemergasse mein Geschäft eröffnet.

Bereits als Kind war diese Art von Mode zu entwerfen mein Traumberuf. Jahre später bin ich am FIT, dem Fashion Institute of Technology in New York, aufgenommen worden. Statt dort zu studieren habe ich geheiratet und bin zu meinem Mann nach Deutschland gezogen. Ich dachte mir, okay, besuche ich halt die Modeschule Esmod in München. Ich wurde jedoch schwanger, und es kamen noch weitere Umstände dazu, die vieles anders kommen ließen. Da sagte ich mir, 'gehe ich die Sache halt autodidaktisch an'. Gesagt, getan. Ich war anfangs wohl etwas naiv, aber es hat geklappt. Nach Wien bin ich übersiedelt, weil ich mir dachte, dieser Ort sei die Stadt der Abendmode, allein schon wegen der zahlreichen Bälle.

Andererseits ist bekannt, dass Wien anderen Metropolen wie Paris oder London teilweise etwas hinterher ist. Manchmal entwerfe ich etwas, und die Kundinnen verstehen es nicht. Drei Jahre später sind sie plötzlich begeistert. Wien ist sehr konservativ. Ich respektiere das und sehe durchaus auch Gutes darin. Es geht nicht vulgär zu, die Ausschnitte sind nicht zu opulent. Ein bisschen mehr Mut zu peppigeren Farben und Steinchen könnte man allerdings durchaus haben.

Ich entwerfe Abendmode für Bälle und andere festliche Anlässe wie zum Beispiel Hochzeiten. Es handelt sich um lange Kleider, nichts Kurzes. Unter meinen Kundinnen findet sich einiges an Prominenz, heimische Bekanntheiten, aber auch Filmstars wie Daryl Hannah oder Jane Seymour. Beide sind übrigens supernett.

Bisschen lässiger

Es stimmt schon, dass es früher eleganter zuging. Warum sich das verändert hat? Nun, ich denke, alles ist lockerer geworden. Die Etikette wird nicht mehr derart streng eingehalten wie einst. All das schlägt sich natürlich auch im Design nieder. Es wurde ein bisschen lässiger. Die Qualität muss allerdings nach wie vor passen. Ursprünglich habe ich nach Maß gefertigt, das tue ich nur noch in Ausnahmefällen. Mittlerweile entwerfe ich in meinem Studio zu Hause und lasse in Bulgarien produzieren.

Am meisten Freude bereitet es mir, wenn sich eine Kundin mit den Worten bedankt, sie hätte das schönste Kleid bekommen, das sie je anhatte. Das ist das Höchste. Beschwerden gibt es eigentlich nicht. Es hat auch noch nie jemand ein Kleid zurückgebracht.

Fashion, Ballmode, Boutique Innenstadt
Vor allem für Bälle und andere festliche Anlässe entwirft die Modedesignerin.
Michael Hausenblas

Beim Designprozess liegt mir der Stoff am meisten am Herzen. Der Stoff gibt den Schnitt vor, er sagt mir alles. Es verhält sich ähnlich wie mit Zutaten beim Kochen. Es gibt Kundinnen, die sich schwertun, einzusehen, dass gewisse Schnitte mit gewissen Stoffen nicht realisierbar sind. Dabei sehe ich den Entwurfsprozess als einen, der gemeinsam mit der Kundin passiert. Für welche Frau ich am liebsten ein Abendkleid entwerfen würde? Vielleicht für Carla Bruni. Ich liebe Carla Bruni.

Fantasieren statt Kopieren

Ich habe keine Ahnung, wie viele Kleider ich bereits entworfen habe. Sehr viele. Ich verliebe mich in viele meiner Modelle. Es gab eines, das einem Kleid nachempfunden war, das Grace Kelly im Film 'Über den Dächern von Nizza' trug. Dabei kamen 14 Meter pinker Chiffon zum Einsatz. Natürlich gebe ich meine Kleider gern her. Ich mein, ich muss hier Geld verdienen.

Ob früher alles besser war? Ich tu es nicht gern, aber ich muss die Frage mit Ja beantworten. Ein Grund dafür sind Social Media. Wir brauchen sie, sind davon abhängig, gleichzeitig macht es viel kaputt. Die Leute verlieren durch diese Plattformen ihre eigene Meinung. Früher haben wir uns eine 'Vogue' gekauft, aus Mailand oder Paris, und haben deren Inhalt begeistert studiert, was die Fantasie in Gang gesetzt hat. Es ging also ums Fantasieren, statt ums Kopieren.

Andererseits fühle auch ich mich irgendwie verpflichtet, auf Instagram zu sein. Es bringt kostenlose Werbung. Es ist 'part of the game', aber manchmal frage ich mich ehrlich, ob es wirklich von derartiger Wichtigkeit ist. Ich bezweifle es." (Michael Hausenblas, 19.11.2023)