Berlin – Millionen Bahnreisende müssen sich ab Mittwochabend auf zahlreiche Zugausfälle und Verspätungen in Deutschland einstellen. Die Lokführergewerkschaft GDL kündigte am Dienstag einen ersten deutschlandweiten Warnstreik in der heurigen Tarifrunde ab Mittwoch 22 Uhr an. Der Ausstand soll bis Donnerstag 18 Uhr dauern.

Ein ICE.
Ein ICE am Hauptbahnhof Stuttgart.
IMAGO/Arnulf Hettrich

"Der Unmut der Beschäftigen ist groß, ihre Anliegen sind legitim", erklärte Gewerkschaftschef Claus Weselsky. "Wer glaubt, zulasten der Mitarbeiter zynisch auf Zeit spielen zu können, befindet sich im Irrtum. Jetzt ist die Zeit, Verbesserungen zu erzielen, das duldet keinen Aufschub!"

Die Bahn sei bisher nicht bereit, auf Kernforderungen wie eine Arbeitszeitverkürzung einzugehen. Die Deutsche Bahn (DB) geht von massiven Auswirkungen des Streiks auf den Betrieb aus. Man werde so schnell und umfassend wie möglich informieren, erklärte der Staatskonzern.

Personalvorstand: "Dieser Streik ist völlig unnötig"

Personalvorstand Martin Seiler zeigte sich entsprechend verärgert: "Das ist eine Zumutung für die Bahnreisenden. Dieser Streik ist völlig unnötig", sagte er. "Wir haben am Donnerstag und Freitag Verhandlungen im Kalender, die wir gemeinsam vereinbart haben. Die Lokführergewerkschaft ignoriert Absprachen und handelt verantwortungslos."

Unterschiedliche Positionen

Auf dem Tisch liege bereits ein Elf-Prozent-Angebot der DB aus der Auftaktrunde mit einer zusätzlichen Inflationsausgleichsprämie von bis zu 2.850 Euro.

Die GDL verlangt unter anderem 555 Euro monatlich mehr. Zudem soll die Arbeitszeit für Schichtarbeiter ohne Lohnkürzung auf 35 von 38 Stunden die Woche gesenkt werden. Außerdem wird einmalig die steuerfreie Inflationsprämie von 3.000 Euro gefordert. Die Laufzeit soll zwölf Monate nicht übersteigen. Die Bahn lehnt die Forderungen als zu hoch ab. Sie würden in Summe ein Volumen von 50 Prozent mehr bedeuten.

Laut Deutscher Bahn verhandelt die GDL für knapp 10.000 Mitarbeiter des Staatskonzerns, der allein in Deutschland über 200.000 hat. Ein Lokführerstreik kann deutschlandweit sowohl im Personen- wie im Güterverkehr massive Auswirkungen haben. Allerdings hat die GDL nur vergleichsweise wenige Mitarbeiter im Netz-Bereich.

Die größere Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) kann dort mit einem Ausstand Stellwerke lahmlegen, worauf ganze Streckenabschnitte gesperrt werden müssen. Die Bahn hat zudem bereits angekündigt, mit besonders langen Zügen zu versuchen, möglichst viele Menschen ans Ziel zu bringen, selbst wenn der Fahrplan ausgedünnt ist. (APA; Reuters, red, 14.11.2023)