
Ich kann mich erinnern, es muss 1959 oder 1960 gewesen sein, da gab es im Künstlerhaus eine große internationale Ausstellung informeller Malerei", schreibt Hermann Nitsch 1962. Diese Ausstellung, so führt er weiter aus, sei "der Beginn seiner Malerei" gewesen. Der Beginn der Schüttung von Farbflächen, der Aktionen. Nitschs Orgien-Mysterien-Spiele sorgten jahrzehntelang für Aufruhr: Tierschützer kritisierten die Verwendung echten Tierbluts, die Kirche konstatierte Blasphemie.
Den Künstler hielt das nicht davon ab, immer öffentlichkeitswirksamere Performances zu veranstalten: Seine 122. Aktion des Orgien-Mysterien-Theaters wurde 2005 im Burgtheater im Rahmen einer Jubiläumsfeier gezeigt, bei der vor ausverkauftem Haus nicht nur literweise Blut, sondern auch vier tote Schweine zum Einsatz kamen.
Schüttbilder mit Requisiten
Seine tiefroten Schüttbilder auf Jute ergänzte Nitsch im Laufe der Jahre immer wieder um Requisiten seiner Aktionen, im Dorotheum wird eine Arbeit von 1962 versteigert. So finden sich besonders ab den 1990er-Jahren etwa Malhemden auf seinen Werken, die wie bei einer Kreuzigung über den oberen Bildrand gespannt sind. Zu sehen ist das bei einem Werk von 2005. Versteigert wird außerdem ein monumentales Gemälde, das 1998 bei der Vorführung des Sechs-Tage-Spiels auf Schloss Prinzendorf entstanden ist – mit einer Kreuztrage und Blutspuren überspannt.
Mitbegründer des Wiener Aktionismus und Weggefährten von Nitsch sind Otto Muehl und Günter Brus, die beide mit Malereien vertreten sind. Letzterer nannte Ersteren in seinem Buch übrigens recht schlicht "Otto Sperrmüll" (nicht zuletzt wohl wegen Muehls raumfüllender Gerümpelskulpturen aus Schrott). Muehls Œuvre lehnt sich an diverse künstlerische Stile an, so finden sich in seinen Bildern Elemente der Pop-Art, aber auch des alten ägyptischen Stils, der Gegenständlichkeit sowie der Abstraktion, gut ersichtlich im angebotenen Frau, Hund und Mann (1984).
Noch bevor sich Brus seinen berühmten Körperaktionen widmete, begann er 1960 mit einer radikal gestischen, das Bildformat sprengenden Malerei. Aus seinem Bestreben, aus den Grenzen der Leinwand auszubrechen, entstanden seine sogenannten "Raumbilder", bei der Auktion mit einer titellosen Malerei aus 1962 vertreten. Später, nach seiner letzten Aktion im Juni 1970, wandte er sich immer mehr dem Medium der Zeichnung zu und entwickelte daraus eine Kombination aus Literatur und bildender Kunst – darunter etwa seine 15-teilige Serie Die Erdkruste oder: Der Selbstmord ist keine Denkmalschändung (1983), die Teil der Auktion ist.
Optische Ausschweifungen
Kein Mitglied der Wiener Aktionisten und dennoch ein Verbundener ist Emilio Vedova: Nitsch nannte sich in seiner Biografie selbst den "Nachfolger von Vedova". Der Venezianer gilt als einer der wichtigsten Vertreter des italienischen Informel, nachdem er sich in den 1950er-Jahre der gestischen, spontanen Malerei zugewendet hatte. Davon zeugen die beiden Bilder, die unter den Hammer kommen: Der energische Pinselschwung droht jeden Moment aus dem Bildraum auszubrechen.
Für optische Verwirrung sorgt auch Victor Vasarely: Seine blaustichige Acrylarbeit Saturne B (1973) wabert über die Leinwand, Torke-II (1957–1973) irritiert in Schwarz-Weiß. (Caroline Schluge, 20.11.2023)

Magie des Harlekins
Mit seinen magischen Bildwelten, den von der Kunst der Romantik inspirierten Landschaften, grotesken Szenen und skurrilen Wesen zählt Franz Sedlacek zu den Urvätern des österreichischen Phantastischen Realismus. Im Zweitberuf: Denn seinem Studium der technischen Chemie folgte eine Laufbahn als Kustos am Technischen Museum, eine Tätigkeit, die er bis zu seinem Verschwinden an der Ostfront 1945 innehaben sollte. Seine wahre Leidenschaft galt dem Malen, das er berufsbedingt nur nachts bei künstlichem Licht ausübte.
Im Dorotheum kommt in der Sparte Klassische Moderne jetzt das Gemälde Der Zauberer und der Harlekin von 1927 zum Aufruf, dessen Verbleib Jahrzehnte unbekannt war. Sowohl formal als auch motivisch nahm Sedlacek hier Bezug zum symbolistischen Figurentheater seines Zeitgenossen Richard Teschner: der Harlekin, im typischen bunten Rauten-Suit, dessen Kopf eine Kappe mit großer Feder schmückt, ähnelt Teschners Protagonisten aus mehreren Stücken, der sich auf Zeichnungen und als Stabpuppe im Bestand des Theatermuseums erhalten hat. (kron, 20.11.2023)

Hochkarätiges Blau
Welche wertvollen Schätze die Gebirgsketten des Himalaja bargen, sollte sich 1880 bei einem Erdrutsch in Kaschmir, in der Region Paddar zeigen: Auf etwa 5000 Meter Höhe wurde eine Lagerstätte freigelegt, deren Abbau zwischen 1882 und 1887 Saphirkristalle von außergewöhnlicher Qualität und Größe lieferte.
Danach wurde die Mine als erschöpft erklärt. Unter Maharadschas und bei europäischen Herrscherhäusern waren diese Kaschmir-Saphire, die bis heute zu den wertvollsten Steinen der Welt zählen, besonders beliebt.
Ein solches Exemplar aus dem Besitz einer alten europäischen Hochadelsfamilie fand jetzt den Weg in das Juwelenangebot des Dorotheums. Das Gutachten des Schweizerischen Gemmologischen Instituts lässt keinen Zweifel: Der in einem Armband verarbeitete Kaschmir-Saphir weist die für Experten höchstmögliche Farbsättigung auf. Durch die Schlichtheit des Schliffs in Cabochon-Form entfaltet sich seine Transparenz in besonderer Weise. Vor allem aber beeindruckt der begehrte Farbstein mit einer beeindruckenden Größe von fast 14 Karat. (kron, 20.11.2023)