Gefühlt ist das M2 Coupé das kompromissloseste Pferd im Rennstall von BMW. Und Stichwort Nüstern: Es muss nicht immer nur peinlich überzeichnet sein bei BMW. Geht doch.
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Die von BMW besungene "Freude am Fahren" ist in diesem Fall ein ziemlicher Euphemismus. Natürlich steht bei diesen M-Fahrzeugen das Fahren im Vordergrund, wahrscheinlich auch das Besitzen, aber das ist ja nicht bloß Fahren, das ist schon richtig arg. Und wenn ich arg sage, meine ich auch arg. Also echt. Arg.

Der kleine BMW, das M2 Coupé, spricht ein eher junges oder zumindest jüngeres Publikum an, das merkt man auch auf der Straße, wenn die Buben Daumen und Handy hochreißen. Als erwachsen gewordener Mensch fühlt man sich in diesem Auto etwas deplatziert, der hat so eine dicke Hose, so viel will man gar nicht angeben, wie der draufhat.

Die roten Wippen sind zur M-Eskalierung da, der Tempomat darunter spricht dafür, dass der M2 sich auch pomali fahren lässt.
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Wobei das mit der Zielgruppe so eine Sache ist: Ja, der M2 passt eher zu jungen Menschen, die nicht wissen, wohin mit ihren Energien, ihrem Übermut und ihrer Freude, die auch gerne andere daran teilhaben lassen wollen, und da ist sicher eher ein männliches Publikum angesprochen. Aber wer von den Buben hat schon 100.000 Euro, die man für einen smart ausgestatteten M2 hinzublättern hat? Und dennoch gibt es einen dynamischen Markt dafür, BMW baut diese Autos nicht aus Jux und Tollerei. Sondern sehr überlegt. Dient natürlich auch der Imagepflege.

Warum der M2 wirklich arg ist, also nicht bloß ein protziger GTI, sondern wirklich arg: Verbaut ist ein Reihen-6-Zylinder-Benziner mit Twinturbo und drei Liter Hubraum, das ergibt in dieser Konstellation ungeschminkt 460 PS. Die gehen übers Hinterrad auf die Straße.

Diffusor und zwei Doppelauspuffe, eigene Heckschürzen und ein kleiner Spoiler: So weit wie möglich bemüht sich BMW um einen einsatzzweckorientierten, dabei aber so dezent wie möglichen Auftritt.
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Es spricht wirklich alles dagegen, dieses Fahrzeug einem Jugendlichen in seinem Übermut und seiner Lebensfreude anzuvertrauen, weil das kann arg in die Hose gehen. Der tut ja nicht nur so, der kann und tut wirklich. Jetzt hat BMW zwar alles unternommen, um dieses Auto beherrschbar zu machen und den Fahrer oder die Fahrerin darin zu unterstützen, die Kraft des Wagens auf die Straße zu bekommen, aber es bleibt unbestritten, dass das ein raketoider Antrieb ist. Das Fahrzeug wird praktisch vom Start wegkatapultiert und beschleunigt dann so arg durch die Gänge, dass man kaum zum Nachdenken kommt.

Die Sitze sitzen – wie angegossen. Jedenfalls bei Menschen, die nicht beim Breitenwachstum eskalieren. Dezent fließen die M-Farben in die optische Gestaltung ein.
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Also: Es erfordert eine gewisse Übung und auch eine gewisse Demut, um mit diesem Fahrzeug für sich und andere sicher unterwegs zu sein. Wenn man diese erste Übung an innerer Einkehr hinter sich gebracht und sein reifes, überlegtes Ich gefunden hat, ist es Zeit, die Gelassenheit und Sanftmut hinter sich zu lassen und sich in das Auto einzufühlen: Es eskaliert. In zwei Stufen. Nach und nach wird alles auf scharf gestellt: Fahrwerk, Motor, Schaltung, Getriebe und Auspuffanlage. Und ja, das hört man dann auch.

Natürlich kann man auch einfach das Gaspedal durchtreten. Schlauer ist es aber, strategisch vorzugehen und die Parameter des Wagens an das Vorhaben des Fahrers anzupassen. Ehrlicherweise muss man hier sagen: Um das Potenzial auch nur annähernd ausloten zu können, muss man sich auf eine Rennstrecke oder zumindest auf eine gesperrte Strecke begeben. Alles andere ist kriminell.

Und jetzt wechseln wir in den M4. Der ist irgendwie das erwachsenere der beiden Fahrzeuge, was nicht nur am Preis liegt. Aber keineswegs das vernünftigere. Das ist hier sowieso kein Kriterium, aber das haben Sie sich wohl schon gedacht. Statt 460 PS wirken hier 510 PS auf die Räder. Aber immerhin auf alle vier, das ist ein wesentlicher Unterschied zum M2. Allradantrieb suggeriert einen Hauch von Sicherheit und bietet diesen auch. Ein Haucherl zumindest. Denn arg ist auch dieses Auto. Und zwar richtig arg.

BMW M4 Competition M xDrive Coupé. Langgestreckt und elegant und optisch gekonnt auf den Haupteinsatzzweck getrimmt. Familienauto? Jein.
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Natürlich könnte man auch gelassen, bequem und vernünftig mit dem M4 fahren, aber alles schreit hier nach "Gib ihm" und "Mach schon", permanent lockt das Verbotene. Und der M4 ist jetzt nicht wirklich schwerer als der M2, aber hat doch noch einmal 50 PS mehr und alles ist auf scharf ausgelegt.

Homeoffice der etwas anderen Art: Arbeitsplatz in diesem M4. Schon weniger puristisch als im M2. Hochleistungsluxus sozusagen.
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Was den M4 so beeindruckend macht, ist nicht bloß die pure Leistung, sondern die technische Perfektion, in die investiert wurde, um das alles fahrbar zu machen bis in den Grenzbereich. Das Auto ist unglaublich abgestimmt, da greift alles perfekt ineinander. Wenn Sie eine dieser argen Strecken fahren, dann wundern Sie sich nur mehr, warum all diese Motorradfahrer so langsam sind.

Dazu kommt eine perfektionsverliebte Verarbeitung und Einrichtung. Insgesamt bewegen wir uns hier schon auf dem Level eines Aston Martin, aber dort müssen Sie noch einmal 100.000 Euro drauflegen.

Und hier das dicke Ende. Ähnliche Philosophie wie beim kleineren Bruder.
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Gemütlich? Ist nicht. Wer hier die Eskalationsstufen zündet, steigt etwas später heiser und zittrig aus dem Wagen. Das erzählen wir lieber nicht zu Hause. Und hier auch nicht. Um das auch zu erwähnen: Die Familie mitzunehmen geht. Den Platz gibt es. Macht aber keinen Sinn und keinen Spaß. Der Familie nicht und dem Fahrer nicht. Das stresst alle. (Michael Völker, 20.11.2023)

Zweite Meinung

2022 hat BMW weltweit 177.257 Autos mit dem großen M verkauft, 8,4 Prozent mehr als 2021. Meistverkauftes Modell: i4 M50, also ein Elektro-M. Bei den Autos hier, M2 Coupé und M4 Competition Coupé, geht es hingegen noch verbrennungsmotorisch zu, und wer sich dafür erwärmen und die nötige Barschaft aufbringen kann: Das ist Sportgerät vom Allerallerfeinsten, auch koloristisch – himmelblau und ganzschräggrün – markant in Szene gesetzt.

Der Kopf hinter der Erfolgsmasch(in)e: BMW-M-Chef Franciscus van Meel.
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Der M2 hat nur ein dickes Minus, von der Unleistbarkeit einmal abgesehen: Er wird in Mexiko gebaut. Insofern ein Fehlgriff, als das unter dem Aspekt der "Freude am Fahren"-Kompetenz, die BMW auch noch beim fettesten Gerät (plausibel) für sich in Anspruch nimmt, die maximale Verdichtung verkörpert und daher einfach aus der weiß-blauen Heimat kommen muss. Noch nicht mit Luxusklimbim überfrachtet, puristisch aufs Fahrerlebnis ausgerichtet – was heißt: Hinterradantrieb, 460-PS-Reihensechser, 8-Gang-Automatik (und 6-Gang-Schaltung), aktives Differenzial im Hinterachsgetriebe für stufenlose Traktionsregelung, adaptives Sportfahrwerk, 50:50-Achslastbalance.

Achten Sie auf das Emblem – genauer: das M-blem. Gibt es seit dem 50-Jahr-Jubiläum 2022 anstatt des sonst üblichen Standard-Propellers in den M-Farben. Auch in so einem Detail hat BMW eine Begehrlichkeit punktgenau bedient.
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Doch auch der M4 ist ein extrem fokussiertes (Super-)Sportgerät. Mit mehr Verwöhnluxus an Bord, ein bisschen Ablenkung ist erlaubt, aber dennoch: scharf, scharf, scharf. Der Reihensechser leistet sogar 510 PS, die schiere Kraft verlangt nach Allrad und bekommt ihn, und trotz der großen Niere sieht er richtig gut aus. (Andreas Stockinger, 20.11.2023)