Rechtsextremist Götz Kubitschek hält eine Rede auf der Rampe vor der Universität Wien.
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Lange steht Götz Kubitschek auf der Treppe vor dem Eingang der Universität Wien. Schaut auf sein Publikum, ein paar Dutzend Menschen, die abgeschirmt durch Polizisten und Hamburger Gitter vor ihm stehen. Unter ihnen ist auch der bekannte Rechtsradikale Martin Sellner. Kubitschek schaut nach links und rechts, wo sich insgesamt ein paar Hundert Gegendemonstranten versammelt haben und "Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda" brüllen.

Der Verleger und Publizist geht die Treppe hinab und schließlich wieder hinauf, wo er sich vor ein Transparent stellt, auf dem "Geben Sie Gedankenfreiheit" geschrieben steht. Kurz nach 15 Uhr beginnt er dann zu sprechen, wobei die Gegendemonstranten ihn dauerhaft durch Zwischenrufe stören. In seiner gerade mal zehnminütigen Rede beklagt er, dass es mal wieder nicht um die Sache gehe. Die Sache – das ist der Vortrag, den er eigentlich bei einer Veranstaltung des Rings Freiheitlicher Studenten (RFS) über den dystopischen Roman "Fahrenheit 451" in der Universität halten wollte. Den diese aber abgesagt hatte, nachdem sein Auftritt kurzfristig bekannt geworden war.

Kubitschek schimpft auf Gegendemonstranten

"Aber wir reden wieder mal nur über die Umstände", ruft Kubitschek die Treppenstufen hinunter. Damit meint er eine vermeintliche Cancel-Culture, die an den Universitäten herrsche. "Die Linken" würden ihm immer wieder vorwerfen, sich als Opfer zu inszenieren. Den Gegendemonstranten wirft er vor, "staatsnah" zu sein und auch nach dem Studium noch nichts zu können.

Zahlreiche Menschen protestierten gegen Kubitscheks Auftritt.
© Christian Fischer

Dann kommt Kubitschek, dessen Thinktank in Deutschland vom Verfassungsschutz als "gesichert rechtsextrem" geführt wird, doch noch auf "die Sache" zu sprechen und inszeniert sich dabei, wie so oft, als rechter Intellektueller. Der Verleger schwärmt vom Roman "Fahrenheit 451", der weder rechts noch links, sondern vor allem gegen die Mitte sei. "Wir müssen lesen", sagt er und schimpft auf all jene, die es nicht tun. Er wünsche sich, dass von der Veranstaltung auf der Rampe der Universität eine Strahlkraft ausgehe. Bedankt sich bei seinem Publikum, lobt dessen "Mut" und verschwindet wieder. "Meinungsfreiheit ist kein Verbrechen", stimmen seine Zuhörer im Chor an, allesamt von der Polizei bewacht, um ihre Meinungs- und Versammlungsfreiheit ausüben zu können.

Polizei schreitet ein

Knapp zwei Stunden vor Kubitscheks Auftritt hatten sich eine Gegendemonstration vor der Universität formiert, zu der unter anderem die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) aufgerufen hatte. "Ich bin bestürzt, dass jemand, der unter Beobachtung steht, hier eine Rede hält", erzählte Elisabeth von den "Omas gegen rechts", die lieber nicht ihren vollen Namen sagen möchte. Skandalös finde sie auch, dass Kubitschek am Freitagabend im Parlamentsklub der FPÖ spricht.

Schon vor Kubitscheks Rede war die Stimmung aufgeheizt. Zwischenzeitlich lag eine Person aus bisher noch ungeklärten Gründen sichtbar blutend am Boden. Die Polizei bestätigt auf Anfrage eine Festnahme. Als Kubitschek vor seiner Rede den Platz vor der Uni betreten wollte, waren zahlreiche Demonstranten auf die Fahrbahn des Rings gerannt – die Polizei schritt ein und sperrte schließlich die Straße. Immer wieder kam es zu Rangeleien zwischen Kubitscheks rechtem Publikum und den Gegendemonstranten. (Milena Wurmstädt, 17.11.2023)

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