Salzburg/Innsbruck/Wien – Auf den ersten Blick scheint die Gemeindepolitik nicht besonders relevant für die Geschehnisse im Bund oder in der Landespolitik zu sein. Doch gerade die Kommunalpolitik als kleinste Politebene gilt als Kaderschmiede für hochrangige Politikerinnen und Politiker.
Städte und Gemeinden werden deshalb oft als "Schule der Demokratie" bezeichnet. Unter anderem Verfassungsministerin Karoline Edtstadler, Innenminister Gerhard Karner (beide ÖVP) und SPÖ-Parteivorsitzender Andreas Babler saßen zu Beginn ihrer politischen Karriere in einem Gemeindeparlament. Umso wichtiger seien die Kommunalwahlen für politische Parteien, betont der Politologe Armin Mühlböck von der Universität Salzburg.

Für tausende Kommunalpolitikerinnen und -politiker geht es in den nächsten zwei Jahren bei mehreren Wahlen ums Eingemachte. In der Stadt Salzburg und in den Salzburger Gemeinden sowie in Innsbruck wird 2024 gewählt, im folgenden Jahr stehen in Niederösterreich, der Steiermark, Vorarlberg und Wien Gemeinderatswahlen an.
Chance nicht für alle gleich
Die Chance, die Gemeinde aktiv politisch mitzugestalten, haben aber nicht alle Personen im gleichen Ausmaß. Jüngere Menschen und Frauen haben es schwerer, in den Gemeinderat einzuziehen. Das zeigt unter anderem der Gleichstellungsindex des Städtebundes aus dem Jahr 2022.
In den österreichischen Gemeinderäten liegt der Frauenanteil laut Auswertungen des Städtebundes durchschnittlich bei rund 24 Prozent. Im Jahr 2021 gab es nur zwölf Gemeinden, in denen der Frauenanteil 50 Prozent oder mehr betrug – in 40 Gemeinden saß keine einzige Frau im Gemeinderat.

Bei der Gleichstellung in den Gemeindeparlamenten gibt es regionale Unterschiede. Das legen auch die Daten des Gleichstellungsindex nahe. Da kam man zu dem Ergebnis: "Der Frauenanteil im Gemeinderat ist höher, je mehr Einwohner eine Gemeinde hat." Weshalb der Frauenanteil in Städten und im urbanen Raum im Durchschnitt höher als auf dem Land ist, erklärt sich Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger mit mehreren Gründen: "Eine Rolle spielen sicher die gesellschaftlichen Vorstellungen. Auf dem Land sind die Menschen meist konservativer eingestellt als in der Stadt."
Kinderbetreuungs- und Bildungsangebote sind laut Weninger ebenfalls für einen höheren Frauenanteil im Gemeinderat ausschlaggebend: "Meist ist es noch so, dass sich Frauen um die Kinder kümmern. Gibt es in einer Gemeinde ein schlechtes Betreuungsangebot, ist es für Frauen schwieriger, sich neben einem Job auch noch für die Gemeinde zu engagieren", sagt er im Gespräch mit dem STANDARD.
Auch das zeitliche Ansetzen von Gemeinderatssitzungen, die oft spät am Abend stattfänden, sei ein Hindernis. "Hier können wir nur neidvoll nach Skandinavien blicken, wo Sitzungen auf Kommunalebene früher, etwa am Nachmittag, angesetzt sind", verweist er auf die Sitzungskultur im skandinavischen Raum. In der Vergangenheit habe sich zwar der Frauenanteil auf Kommunalebene erhöht, laut Weninger "aber viel zu langsam".
Dünne Datenlage
Nicht nur Frauen, sondern auch junge Menschen sind in Österreichs Gemeinderäten unterrepräsentiert. Die Datenlage zum Alter von Gemeinderätinnen und Gemeinderäten ist allerdings recht dünn, wie ein Rundruf des STANDARD ergab. Lediglich für eine Studie in burgenländischen Kommunen wurden im Jahr 2011 Daten zum Alter erhoben. Die Ergebnisse geben ein klares Bild ab: Unter allen Gemeinderätinnen und Gemeinderäten war zur Zeit der Untersuchung im östlichen Bundesland nur ein Viertel jünger als 40 Jahre.
Unter den weiblichen Gemeinderätinnen machte die Gruppe der unter 30-Jährigen im Burgenland zum damaligen Zeitpunkt gar nur knappe fünf Prozent aus. Obwohl die Ergebnisse bereits älter sind, habe sich seither "leider nicht viel verändert", sagt die Soziologin Friederike Weber, eine der Autorinnen, zum STANDARD.
Dass sich ein Gemeinderat divers zusammensetze, sei aber wichtig, damit verschiedene Anliegen aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet würden. Aber: "Gerade jüngere Menschen befinden sich häufig in der Rushhour ihres Lebens, und da bleibt zu wenig Zeit für politische Gemeindearbeit", sagt Weber.
Ähnlich wie Weninger argumentiert auch Weber, dass stundenlange Präsenzsitzungen im Gemeinderat jüngere Menschen und Frauen daran hindern würden, sich zu engagieren: "Hier bräuchte es meines Erachtens veränderte Formen, aber auch veränderte Kulturen und noch vieles mehr." Neben traditionellen Rollenbildern seien auch die "männerdominierte Gemeindepolitik" und fehlende Unterstützung innerhalb von Parteien ein Grund, weshalb es gerade Frauen in der Kommunalpolitik schwerer haben, sagt die Soziologin.
Präsenz vor Ort
Mit Blick auf die Gemeinderatswahlen in den nächsten zwei Jahren wollen die politischen Verantwortlichen ihre Parteipräsenz in den Gemeinden ausbauen. Bei bundesweiten Wahlen seien die Gemeindepolitikerinnen nämlich jene, "die für die Partei laufen und nah am Wähler sind", erklärt Politologe Mühlböck.
Im Bundesland Salzburg, wo die nächsten Kommunalwahlen anstehen, liegt der Frauenanteil bei den Bürgermeisterinnen jedenfalls bei rund acht Prozent – er stieg in den vergangenen Jahren leicht an. Es wird sich zeigen, ob der Trend an der Wahlurne fortgesetzt wird. (Max Stepan, 20.11.2023)